Festival Plataforma

Lateinamerikanische Kunst in Berlin

Festival Plataforma
Performance auf dem Festival Plataforma in Berlin © Deutschlandradio / Burkhard Birke
Von Burkhard Birke  · 07.10.2016
Tanz, Performance und Installationen sind aktuell auf dem Festival Plataforma in Berlin zu erleben. Künstler aus dem iberoamerikanischen Raum haben dort die Möglichkeit, sich auszutauschen. Dabei soll es auch um Fragen nach der Identität und Herkunft gehen.
"Leidenschaften und Emotionen, Passion ist immer dabei, das ist unsere Signatur, das kann ich sagen…"
Das Markenzeichen iberoamerikanischer Künstler und damit des Festivals. Der Leidenschaft muss man freien Lauf, den Künstlern Gestaltungsräume geben: Direktorin Martha Hincapie hat das diesjährige Festival bewusst nicht unter ein bestimmtes Motto gestellt.
"It’s the first time…"
Abgrenzung, Provokation und Reflektion: Splitternackt bewegt sich Lola Lustosa im Schneckentempo durch Nebelschwaden auf die Zuschauer zu. Mit einem Spiegel reflektiert sie den Lichtstrahl, lenkt ihn in die Menge…
"Identität – habe ich keine Identität? Schneller zu erkennen, dass es keine Identität gibt, das Verhältnis zum Ego… ich werde mehr ich selbst, mehr meine Kunst…"
Für die in Berlin lebende Brasilianerin stellt sich die Frage nach der Identität. Distanz von der Heimat, von Problemen wie Armut oder Gewalt.

Mit Tanz Kriegserinnerungen verarbeiten

Auch die Tänzerin und Festivaldirektorin Martha Hincapie hat gelernt, den Bürgerkrieg in ihrer Heimat anders wahrzunehmen und zu verarbeiten.
"In Kolumbien z.B. habe ich nicht wirklich mit Trauma und mit diesem Konflikt gearbeitet. Damit habe ich hier angefangen, weil ich hier Zeit hatte, alles zu verdauen und die Perspektive war anders, tiefer, kritischer."
Wie viele Kolumbianer hofft Hincapie endlich auf Frieden, vor allem jetzt, da Präsident Santos den Friedensnobelpreis bekommen hat. Sie hat in der Distanz gelernt, die Dinge anders zu sehen. Probleme durch Kunst zu bewältigen. Mit viel Pfiff und etwas Gesang, begleitet von Congas und teilweise Gitarrenklängen inszeniert die junge dominikanische Tänzerin Tatiana Mejia ein Sklavenfestritual auf ihre Weise:
"Ich habe dieses Ritual selbst auf der Basis vieler Bilder geschaffen: Der Bilder von Sklaven heute aus Haiti, die es in der dominikanischen Republik gibt. Dem stelle ich Bilder der ´Society` gegenüber, wie die Leute in Illustrierten, im Fernsehen, auf dem Computerbildschirm dargestellt werden."
Alles ein wenig gaga – ein bisschen überzeichnet?
In Ga-Gá – so der der Titel – spürt man Tatiana Mejias Liebe zum Tanztheater: Mimik, Bewegungsablauf lassen erkennen, dass sie Fan von Pina Bausch und ihrem Tanztheater ist.

Im Terrarium des Portugiesen

Spielerisch und als Brückenbauer zwischen Kunstrichtungen präsentierte sich indes André Uerba. Im Terrarium des Portugiesen haben nicht nur unzählige bunte Papierhütchen Platz, mit denen er das Terrain abgesteckt hat und mit denen er spielt. Mal schaukelt er in einem großen Spielzeugauto für Kinder, Mal überrascht er durch Videoinstallationen von Achterbahnen; ständig spielt Uerba mit wechselnden Lichteffekten.
"Ich glaube, ich versuche mehr und mehr die verschiedenen Backgrounds, bildende Kunst und darstellende Kunst immer mehr zu mischen. Ich sehe diese Arbeit mehr als eine Installation und Performance als nur Performance."
Schmelztiegel der Stile: Plataforma, der Name sagt es schon, dient vor allem dem Austausch – auch wenn viele Künstler solo auftreten. Leonel Brun ist eigens aus Rio de Janeiro für einen Workshop und Präsentationen von Videodanza: Videoinstallationen mit Tanz gekommen. Korruption, Amtsenthebung, Proteste und Armut: Auch die aktuellen Probleme Brasiliens kann die Kunst helfen zu lindern, zu verarbeiten, glaubt der Direktor von Danca em Foco
"Man fühlt und spürt all diese Probleme in der Kunst, alle unsere Arbeiten sind politisch. Deshalb sind sie wichtig, weil sie die Möglichkeit eröffnen, das System und dieses ganze Universum Lateinamerikas darzustellen."

Das Festival Plataforma läuft noch bis zum 9. Oktober im DOCK 11 in Berlin.

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