Fernsehen

Bunte neue Welt

Von Michael Meyer · 01.01.2014
Am 1. Januar 1984 um kurz vor zehn bekam der öffentlich-rechtliche Rundfunk Konkurrenz: Mit einer Mischung aus Serien, Filmen und Shows wollte der erste deutsche Privatsender Zuschauer anlocken. Doch der Anfang war schwer.
"Guten Morgen, liebe Zuschauer! Ihnen allen wünscht die PKS ein glückliches und gesegnetes neues Jahr. Für die Weiterentwicklung des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland ist das ein ganz besonderer Tag. Sie sind in diesen Minuten Zeuge des Starts des ersten deutschen privaten Fernsehveranstalters, das Sie mit einem Vollprogramm täglich ab 16 Uhr 45 über den Nachmittag und Abend begleiten will."
Der Anfang, in den ersten Januartagen des Jahres 1984, wirkt heute wie eine Reise in eine andere Welt: Zwar gab es schon Farbfernsehen, aber die Betulichkeit und Langsamkeit muss auf heutige Zuschauer geradezu niedlich-albern wirken. Das Programm SAT1 hieß damals noch "PKS", Programmgesellschaft für Kabel und Satellitenrundfunk, und der Programmchef Jürgen Doetz begrüßte onkelhaft sitzend die Zuschauer - neben ihm saß die erste Moderatorin des deutschen Privatfernsehens:
"Guten Tag, meine Damen und Herren! Den Auftakt unseres Neujahrsprogramms bildet die Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel. Es spielt für Sie das Münchener Bachorchester unter der Leitung von Karl Richter."
"Wir hockten da in unserem Keller"
Gesendet wurde nur einige Stunden pro Tag und die Mischung aus alten Serien, Filmen und Shows auf dem Niveau von Betriebsfeiern lockte kaum jemandem an die Bildschirme. Allerdings: Darum ging es am Anfang auch nicht in erster Linie. Es ging darum, bekannt zu werden und Marktanteile zu gewinnen - und das mit nur geringer finanzieller und personeller Ausstattung:
"Wir wussten selbst, dass die PR-Maschine, die in Gang gesetzt wurde, 'Jetzt geht Fernsehen richtig los' natürlich erheblich stotterte und nachdem die Leute unser Programm drei Monate angeschaut hatten, war die Argumentation 'neues Fernsehen' mit Sicherheit erstmal auf Eis gelegt. Wir hockten da in unserem Keller, da ging es darum uns überhaupt erstmal zu etablieren, wir hatten drei Wochen unsere Lizenz, als wir an den Sendestart gingen…da hatten wir einen ganz anderen Blickwinkel, als man es heute so vermutet",
sagt der damalige Sat1 Geschäftsführer Jürgen Doetz zu den Anfängen des Privatfernsehens in Deutschland. Einen Tag später ging RTLplus von Luxemburg aus auf Sendung.
So manche Programmidee in den achtziger und frühen Neunziger Jahren erwies sich zwar als erfolgreich, war aber sicher nicht unbedingt das, was Medienpolitiker sich vom neuen Privatfernsehen erhofften:
"Ein neues ChinChin- Ballett mit den wirklich süßesten Früchten in Tutti Frutti , am Freitag um 23 Uhr 05 bei RTL plus."
Immer noch ordentliche Gewinnmargen
Später sorgten Sendungen wie "Big Brother", "Familien im Brennpunkt" oder "Dschungelcamp" für Kontroversen. Doch wie wird es mit dem Privaten-TV weitergehen? Trotz einer immer älter werdenden Zuschauerschaft und einer immer größer werdenden Konkurrenz im kommerziellen Fernsehen sind die Gewinnmargen bei den beiden großen Gruppen auch nach 30 Jahren noch immer ordentlich.
Allerdings verlieren Sender wie Sat1 an Quote, und auch bei RTL funktionieren alteingeführte Formate wie "Wer wird Millionär" oder die Endlos-Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" längst nicht mehr so gut wie früher. Das Publikum wird älter, und die Jungen wenden sich ab und konsumieren im Internet.
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