Ferner Osten ganz nahe

24.11.2009
Großformatig, mit opulenten, zweiseitigen Bildern und kleineren, liebevollen Illustrationen lädt das Kinderbuch zu einer Entdeckungstour in unseren benachbarten Erdteil. In 33 kurzen Kapiteln werden die Länder Asiens vorgestellt, berühmte Tiere gezeigt und die chinesische Schriftkunst erklärt.
Das Buch macht große Lust auf eine Reise in den größten Kontinent unserer Erde: nach Asien. Großformatig, mit opulenten, zweiseitigen Bildern und kleineren, liebevollen Illustrationen lädt das aus dem Französischen übersetzte Kinderbuch zu einer Entdeckungstour in unseren benachbarten Erdteil, der ein Drittel der Landmasse auf dem Globus umfasst und auf dem 60 Prozent der Weltbevölkerung leben. Kein Kontinent ist so abwechslungsreich wie Asien, keiner ist so gegensätzlich und - so wird es den Lesern vermittelt - kein zweiter ist so spannend.

In 33 kurzen Kapiteln - jedes umfasst kindgerecht nur eine Doppelseite - werden die Länder Asiens vorgestellt, berühmte Tiere gezeigt, die chinesische Schriftkunst nachempfunden oder die indische Traumfabrik Bollywood präsentiert. Auf 80 Seiten macht sich das Buch nicht erst die vergebliche Mühe, nach Vollständigkeit zu streben, es geht vielmehr darum, stichpunktartig auf Interessantes hinzuweisen: dass es Frauen in Asien vergleichsweise schwer haben, dass die Wiege der Landwirtschaft in Asien steht oder dass Tee mehr als ein Getränk ist. Aktuelle politische Themen dürfen deshalb fehlen – immerhin vermittelt das Buch, dass Asien nicht frei von Spannungen und Kriegen ist.

Man kann "Asien – für Kinder erzählt" schnell durchlesen, dabei kommt es auf die Reihenfolge der Kapitel überhaupt nicht an. Im Gegenteil: Es sind die großen Hochglanzbilder, die einen fesseln. Da ist zum Beispiel das fast dreidimensional anmutende Foto der chinesischen Mauer unter der Überschrift "Kontinent der Rekorde", die seit fast 2500 Jahren das Reich der Mitte vor Überfällen schützen soll, oder eine farbenprächtige Aufnahme von einem indischen Gewürzmarkt, die einem den Duft förmlich in die Nase steigen lässt. Es ist eine gelungene Mischung aus Fotos, Drucken, Karten und kurzen Texten, die dem Buch seinen besonderen Charakter verleihen.

Mancher Text ist kaum mehr als ein detaillierter Bildkommentar, und manche Information kommt auch ein wenig holprig daher, etwa wenn beim Thema Fischfang die Leser plötzlich angeregt werden, beim Kauf von Meerestieren auf das MSC-Zeichen zu achten, das weder abgebildet noch weiter erläutert wird. Blättert man weiter, geht es um die größten Inselgruppen der Welt in Indonesien, blättert man dagegen ein paar Seiten zurück, landen die Augen mitten in Mekka – der Text auf der dortigen Seite zählt knapp die großen Weltreligionen auf, die sich alle in Asien entwickelt haben.

Das Buch weckt Interesse auf weitere Informationen oder besser noch auf eine Reise nach Indien, Fernost oder auf die arabische Halbinsel. Überall geht es bunt her; exotische Gewürze oder prächtige Gartenkunst werden einem schmackhaft gemacht, und wer es eher technisch mag, der kann die 452 Meter hohen Petronas Twin Towers in Kuala Lumpur bestaunen.

Der Verlag sieht acht- und neunjährige Kinder als Zielgruppe des Buchs und liegt damit richtig. Jungen und Mädchen dieser Altersgruppe werden sicherlich gerne in den Fotos schmökern und ihren Eltern, die bei der Lektüre neben ihnen sitzen sollten, Fragen stellen, die man mit Hilfe der benachbarten Texte zumindest leidlich wird beantworten können. Die Texte selbst jedoch sind kaum für Kinder unter zwölf Jahren geeignet. Der ganz treffende Titel für einen gelungenen Bildband könnte zutreffender lauten: "Asien - für Kinder fotografiert und von Erwachsenen kommentiert".

Besprochen von Roland Krüger

Stefan Rousseau, Alexandre Messager: Asien - für Kinder erzählt
Illustrationen von Heidi Jacquemoud
Aus dem Französischen von Stephanie Singh
Knesebeck-Verlag, München 2009
80 Seiten, 14,95 Euro