Ferda Ataman zum Integrationsgipfel

"Migration ist kein Ausnahmezustand - sondern Normalzustand"

Staatsministerin für Integration, Annette Widmann-Mauz (CDU), Ferda Ataman, Sprecherin der Neuen Deutschen Organisation und Bundeskanzlerin Angela Merkel beim 10. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt.
Staatsministerin für Integration, Annette Widmann-Mauz (CDU), Ferda Ataman, Sprecherin der Neuen Deutschen Organisation und Bundeskanzlerin Angela Merkel beim 10. Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt. © imago
Moderation: Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese · 13.06.2018
In Berlin hat der Integrationsgipfel stattgefunden – ohne Innenminister. Horst Seehofer hatte abgesagt und das mit einem Kommentar begründet, den Gipfel-Teilnehmerin Ferda Ataman für eine "taz"-Beilage geschrieben hat. Sie bietet das Engagement der "Bindestrich-Deutschen" an.
Es ist eine Premiere: Der erste Integrationsgipfel ohne den Innenminister. Durch das Nicht-Erscheinen von Horst Seehofer wurde Ferda Ataman von einer Teilnehmerin am Integrationsgipfel im Kanzleramt zu der Teilnehmerin, die im Mittelpunkt des Interesses stand.
Denn auf Fragen von Journalisten, weshalb er als Minister für Heimat und Migration dort nicht erscheinen wolle, hatte Bundesinnenminster Seehofer die Kopie eines Kommentars von Ataman hervorgeholt. Er sagte mit Blick auf den Kommentar: "Blut und Boden. Mich damit in Verbindung zu bringen."
Im Deutschlandfunk Kultur sagte Ataman nun nach dem Gipfel, es sei schade, dass sie missverstanden worden sei:

"Ich hatte ehrlich gesagt nicht an Herrn Seehofer gedacht, als ich diesen Kommentar geschrieben habe."
Und: "Ich gehe davon aus, dass die meisten Menschen, die den Kommentar gelesen haben, so wie ich nicht nachvollziehen können, warum er da persönliche Gefühle rausgezogen hat."

Kommentar missverstanden

Sie schreibe nicht, dass die deutsche Heimatdebatte eine Blut- und Bodendebatte sei. Sondern die Begriffe Blut und Boden tauchten in dem Kommentar auf, in dem sie auf die Gefahren des Begriffs hinweise.

"Schade, dass das so missverstanden wurde."
Ataman nahm für die Neuen Deutschen Organisationen am Integrationsgipfel teil, einem Netzwerk für Vielfalt und Gleichberechtigung von Menschen aus Einwandererfamilien. Ataman bedauerte Seehofers Absage, denn am Gipfel hätten rund hundert Menschen teilgenommen, von denen sich viele ehrenamtlich engagierten.
"Und mit denen ist er ja auch nicht ins Gespräch gekommen, weil er fand, dass ihm der Kommentar einer Person nicht gepasst hat und das jetzt als Grund angegeben hat, das ist schade. Ich glaube schon, dass das ein guter Austausch gewesen wäre. Allerdings muss man sagen, er war auch so sehr gut."

Schwierige Situation für "Bindestrich-Deutschen"

Ataman begrüßte ein Vorhaben:
"Die Kanzlerin hat angekündigt, dass es einen nationalen Aktionsplan Integration gibt, was ich quasi als Masterplan Integration verstehen würde." Diesen Blick nach vorn finde sie gut. Der ganze ehrenamtliche Bereich, Sport und Arbeit sei sehr wichtig, denn da finde Integration ständig statt.
"Für uns – damit meine ich jetzt die 'Bindestrich-Deutschen', also Menschen, die schon sehr lange hier leben, die irgendwie einen Migrationshintergrund haben, aber sich hier zu Hause fühlen, deren Heimat Deutschland ist – für uns ist es schwierig, den Debatten gerade zuzuhören, ohne uns ausgegrenzt zu fühlen."
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Die Journalistin Ferda Ataman © picture alliance / dpa / Felix Zahn
Wenn im Moment über Integration gesprochen werde, werde so getan, als hätten wir erst seit 2015 Einwanderung, sagt Ataman:
"Als hätten wir nicht schon über Jahrzehnte oder Jahrhunderte (...) Erfahrung mit Einwanderung, als hätten wir nicht schon Millionen von Menschen hier gut integriert. Und das einfach mal zu verstehen: Migration ist kein Ausnahmezustand, sondern ein Normalzustand." Es gebe eine vielfältige Aufnahmegesellschaft, keine nur-deutsche.
Ataman bekräftigte den Willen der "Bindestrich-Deutschen", sich einzubringen:
"Wir haben nochmal gesagt, dass Menschen wie wir, die hier sind, die das schon leben, worum es eigentlich geht, dass die eingebunden werden, dass wir die Brücke sein können – zu den neuen Deutschen und den alten: den neuen Deutschen von morgen vielleicht, nennen wir sie so, die Flüchtlinge."
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