Fatah-Partei fordert internationale Schutztruppe für Gazastreifen

Moderation: Frank Capellan · 24.07.2006
Der Vorsitzende der Fatah-Partei im Gazastreifen, Abdallah Frangi, hat auch für de Gazastreifen eine internationale Schutztruppe gefordert. Eine Trennung von Israelis und Palästinensern durch eine solche Truppe könne die Voraussetzungen für Verhandlungen und Frieden schaffen. Zugleich sprach sich Frangi für einen Waffenstillstand zwischen Israelis und Palästinensern aus.
Frank Capellan: Ich begrüße am Telefon in Gaza Abdallah Frangi, Guten Morgen.

Abdalla Frangi: Guten Morgen, Herr Capellan.

Capellan: Herr Frangi, angesichts der israelischen Offensive gegen die Hisbollah im Süden des Libanon ist die Entwicklung im Gaza-Streifen ja etwas in den Hintergrund gerückt. Die Rede war am Wochenende allerdings von einer Waffenruhe, die Israel den Palästinensern angeboten haben soll. Was wissen Sie darüber?

Frangi: Man redete darüber, aber ich glaube nicht, dass es so weit ist. Also gestern Nacht hat man gehört, also wie ein Haus hier im nördlichen Westteil Gaza bombardiert worden ist. Wir haben bis jetzt immer wieder hier und dort kleine Pausen, aber bis jetzt haben wir keinen richtigen Waffenstillstand.

Capellan: Auch Israel wurde gestern wieder aus dem Gaza-Streifen beschossen von palästinensischen Kämpfern, von Militanten der Hamas. Erstickt das nicht jeden Verhandlungsversuch?

Frangi: Mit Sicherheit das erschwert das. Aber wissen Sie, Sie haben bestimmt mitbekommen, dass die Offensive der Israelis ist mit unter dem Namen "Sommerregen". Und im Sommer es ist so, dass man nicht berechenbar ist, glaube ich. Der Hass der Menschen hier ist so groß, der Hass auf der anderen Seite ist so groß. Es gibt keinen Spielraum mehr für Verständigung. Und ich glaube, das ist eine Phase, die wir beenden müssen. Damit wir einfach zu einem in etwa normalen Gang miteinander übergehen.

Capellan: Herr Frangi, ist denn ein Gefangenenaustausch in Gaza, ist der Voraussetzung für eine Waffenruhe?

Frangi: Ich glaube, man redet nicht mehr jetzt darüber. Aber die Gespräche, die jetzt laufen, sind sehr intensiv. Die ägyptische Regierung bemüht sich sehr. Unser Präsident Abbas bemüht sich sehr. Wir haben Schwierigkeiten, weil die Führung Hamas innerhalb und die Führung Hamas außerhalb es sehr schwer haben, um sich zu verständigen. Und daher kommt diese Komplikation. Und noch dazu: Die Israelis lehnen bis jetzt eine direkte Verhandlung ab mit den Palästinensern insgesamt. Weil wenn es um Austausch ... - hallo?

Capellan: Ja, wir hören Sie noch.

Frangi: ... wenn es um den Austausch der Gefangenen geht, die Israelis haben ihre Prinzipien und das erschwert die Sache für die Ägypter und für Präsident Abbas, um weiterhin mit den Hamas zu verhandeln.

Capellan: Aber der Einfluss von Präsident Abbas auf die Hamas ist weiterhin sehr gering, oder?

Frangi: Ich würde das nicht so sagen. Die versuchen jetzt, durch einen intensiven politischen Dialog mit Hamas zu denen überzeugen, dass der bessere Weg für die und für uns alle, wenn sie wirklich erst mal übernehmen, was wir an Abmachungen mit den Israelis gemacht haben. Ohne dass sie Wenn und Aber davor oder dahinter stellen. Wenn sie das akzeptieren, dann haben sie einen Beginn, dann haben sie einen guten Start in die richtige Richtung. Und ich glaube jetzt, durch unsere intensiven Gespräche in den letzten, sagen wir, vier, fünf Wochen mit Hamas spüren wir, dass eine gewisse Bereitschaft - ich will nicht übertreiben ...

Capellan: ... ja da hatten wir, Herr Frangi, da hatten wir ja schon große Hoffnung. Gemäßigte Hamas-Kräfte hatten ja schon begonnen, etwa die Anerkennung Israels entgegen aller früheren Ankündigungen ins Auge zu fassen. Dann aber kam die Entführung der israelischen Soldaten. Also die radikalen, die von Syrien offenbar gesteuerten Kräfte haben in der Hamas weiterhin das Sagen. Oder ist das nicht so?

Frangi: Oder umgekehrt: Die radikale Haltung der israelischen Regierung. Das heißt, die Brutalität, mit der die israelische Armee umgeht in den palästinensischen Gebieten, der Zahl der Toten motiviert auch manche, die militärisch denken - oder nur militärisch denken, genau das Gleiche zu tun den Israelis und auf eine Chance zu warten, demonstrativ das zu zeigen. Und das hat Hamas gezeigt durch die Entführung von dem einen Soldaten, der in der Nähe von der Grenze war.

Capellan: Herr Frangi, was erwarten Sie von den Deutschen? Wie bewerten Sie die gestrige Steinmeier-Mission in der Region?

Frangi: Ich meine, die Anwesenheit ist okay. Nur, die deutsche Haltung insgesamt, finde ich, die ist nicht gut - auch für Deutschland nicht gut. Weil man mehr und mehr den Standpunkt der USA adoptiert. Auch die USA wird ihre Haltung ändern müssen. Man kann nicht diesen Prozess ignorieren und man kann den Krieg im Libanon nicht ignorieren. Und man kann nicht sagen: Okay, wir werden reden, aber wir werden keinen Waffenstillstand anstreben. Waffenstillstand ist die Voraussetzung für eine politische Bewegung, für einen politischen Erfolg und für Verständigung. Und das ist die Voraussetzung dafür.

Capellan: Da gibt es ja jetzt auch erste Forderungen von der amerikanischen Außenministerin Condoleezza Rice, die heute in die Region reist. Meine Frage wäre noch: Halten Sie eine internationale Schutztruppe, über die ja jetzt gesprochen wird, im Süden des Libanon, halten Sie auch die für, etwa für den Gaza-Streifen, für wünschenswert?

Frangi: Also das werde ich mir von Herzen wünschen, weil das kann sehr viel helfen. Wenigstens uns von den Israelis zu trennen und umgekehrt, die Israelis von uns. Wir haben diese Erfolge in Jugoslawien - oder ehemaligen Jugoslawien - erlebt, wir haben diese Erfolge dieser UN-Truppen überall erlebt. Und ich glaube, das wäre ganz gut, dass wir einfach zu einer Trennung von den Israelis kommen. Denn durch eine Trennung und eine fremde, ja, Mission mehr und mehr voneinander getrennt werden, so dass wir nicht mehr aufeinander schießen. Und dass die Konflikte, die zwischen uns entstehen, nur durch Verhandlungen einfach gelöst werden können.

Capellan: Die Hoffnung von ...

Frangi: Dann ist eine Chance vorhanden, wenn wir so weit sind.

Capellan: Die Hoffnung von Abdallah Frangi, das wollte ich gerade sagen, Vorsitzender der Fatah-Partei im Gaza-Streifen. Herr Frangi, ich bedanke mich, auf Wiederhören.

Frangi: Auf Wiederhören.