Fankultur im Fußball

"Schleicht's Euch" - Die Ultras von Rapid und die Medien

Blick auf die Fantribüne von Rapid Wien, Fans halten Plakate hoch mit der Aufschrift "Die Presse lügt".
Die Ultras von Rapid Wien sprechen nicht mit Journalisten. Sie zeigen ihnen auf Transparenten, was sie von ihnen halten. © Jan Heier
Von Jan Heier und Andrea Beer · 18.03.2018
Ultras sind die Hardcore-Fans unter den Anhängern eines Fußballvereins. In Medienberichten tauchen sie fast nur im Zusammenhang mit Gewalttaten auf. So auch die Ultras von Rapid Wien, zuletzt mit einem Plakat mit der Aufschrift "Journalisten - Terroristen". Ob eine Diskussion helfen würde? Ein Versuch.
Es herrscht Anspannung im Wiener Allianzstadion Anfang Februar 2018. Das beliebte Fußballderby Rapid gegen Austria steht kurz vor dem Abbruch. Es ist das erste Spiel nach der Winterpause und Fußballbegeisterte haben es herbeigesehnt. Doch nun fliegen kleine Schnapsflaschen oder Feuerzeuge auf das Spielfeld. Austria-Kapitän Raphael Holzhauser wird dabei leicht verletzt und Schiedsrichter Eisner unterbricht.
"Der Schiedsrichter Eisner hat jetzt die Mannschaften in die Kabine geholt", Stadionsprecher. "In einigen Minuten wird er wieder herauskommen und das Spiel wird weitergeführt. Sollte dann noch einmal etwas hineinfallen, dann wird er das Spiel abbrechen. Abbruch bedeutet ein Null zu drei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das irgendjemand will."

Gegenstände fliegen auf den Rasen

Die Gegenstände werden aus dem Block West auf den grünen Fußballrasen geworfen. Rund 7000 Menschen haben dort Platz. Doch die brodelnde Mitte gehört unangefochten dem harten Kern der Ultras von Rapid. An diesem Februartag fallen sie nicht zum ersten Mal öffentlich negativ auf.
Denn immer wieder liefern sich Rapid-Anhänger auch Auseinandersetzungen mit Fans anderer Vereine oder der Polizei. Sie attackieren eigene Spieler, 2016 sogar mit einem Knallkörper. Verbal sind auch Medien immer wieder beliebte Ziele der Ultras von Rapid. Unabhängigen Journalisten geben sie grundsätzlich keine Interviews und auch unsere Chancen stehen denkbar schlecht.
"Wir erleben seit Jahren immer wieder, dass wir in den Medien sehr einseitig dargestellt werden, das Vorfälle oder generell Aktivitäten die wir setzen in eine einseitige Richtung gebracht werden."
So erklärt Helmut Mitter die strikte Ablehnung der Ultras gegenüber Journalisten. Er ist von der Rechtshilfe Rapid, einem Fanverein, der bei Problemen mit Polizei oder Justiz weiterhilft und Fans über Rechte und Pflichten aufklären will.
"Ich glaube, dass es nicht nur Fans von Rapid sind, die nicht gerne mit den Medien reden, ich glaube, dass generell Ultras ein sehr gespaltenes Verhältnis zur Medienlandschaft haben, weil es letztlich sehr wenige Erfahrungen gibt, die positiv sind."
Ultras im Stadion während eines Spiels der Vereine Rapid Wien und Austria
Ultras im Stadion während eines Spiels der Vereine Rapid Wien und Austria© Jan Heier
Kaum jemand berichte über berechtigte Kritik an Gesetzen wie Landfriedensbruch, die auf Fußballfans angewandt werden, oder über das soziale Engagement der Ultras von Rapid. So pflegen sie etwa verwahrloste Gräber von Rapidlern oder sammeln regelmäßig Spenden für Bedürftige. Helmut Mitter nimmt sich viel Zeit für uns, doch wir möchten mit den Ultras Rapid direkt reden. Ein Wunsch, den er an sie weitergeben will.

Die Ultras zeigen öffentliche Präsenz

Die Ultras Rapid reden zwar nicht mit Journalisten, öffentlich präsent sind sie aber trotzdem. In Fanmagazinen gibt es ellenlange Interviews und auch das Internet gibt viel von ihnen Preis. In diesem Youtube-Video redet zum Beispiel Roland Kresa, der die Ultras Rapid nach italienischem Vorbild gegründet hat.
Die Ultras schreiben außerdem Presseerklärungen und große Transparente, die sie im Stadion hochhalten und die in den letzten Jahren immer zugespitzter wurden. Im August 2017 machen sie mal wieder besonders deutlich, was sie von Journalisten halten: "Ihr seid die wahren Verbrecher - Journalisten – Terroristen."
Das steht auf einem Banner, das im Block West entrollt wird. Der Spruch geht auf italienische Ultras zurück und wird nicht zum ersten Mal verwendet. Doch gerade hat ein Terroranschlag Barcelona erschüttert. Dass der Zeitpunkt öffentlich kritisch hinterfragt wird, beweist aus Sicht der Ultras Rapid, dass Journalisten nicht fair mit ihnen umgehen: "Die Choreo mit den schrecklichen Vorfällen in Spanien zu vergleichen, ist geschmackloser, als die Choreo selbst und zeugt genau von dem Terror der von Journalisten ausgeht."
"Letztlich ging es darum, Kritik zu üben an der Medienberichterstattung in den letzten Wochen davor", verteidigt Helmut Mitter von der Rechtshilfe Rapid das umstrittene Terroristen-Journalisten Transparent.
"Es hat mehrere Spiele gegeben, die sehr emotional aufgeladen waren, wo es kleinere und größere Zwischenfälle gegeben hat. Ich will das gar nicht beschönigen oder bewerten. Es geht letztlich darum, dass die Medienberichterstattung dahingehend war, dass die Rapid Fans pauschal in ein Eck gestellt wurden und das ist letztlich nicht korrekt. Die Antwort war die, die Medien zu kritisieren. Überspitzt, mit einer Formulierung die natürlich polarisiert. Letztlich ging es darum, die Medienberichterstattung an sich, gegenüber Fans oder sogar gesellschaftlichen Randgruppen gegenüber zu thematisieren. Dass es eben einen Boulevardjournalismus gibt, der bewusst, solche Gruppen stigmatisiert, um Auflage zu generieren."

"Die Ultras sind Krawallmacher"

Diese Kritik kann Wolfgang Ruiner ohne weiteres persönlich nehmen. Sechzehn Jahre lang war Ruiner bei der BILD in München für den FC Bayern und die Nationalmannschaft zuständig und ist damit ein alter Hase im Boulevard. Jetzt ist Ruiner Sportchef der landesweiten Boulevardtageszeitung "Österreich". Ein Revolverblatt ersten Ranges, das nicht zimperlich ist, wenn es um platte Zuspitzung geht, die Klicks bringt. Es gebe gute und böse Ultras, meint Wolfgang Ruiner. Kritik prallt an ihm ab:
"Ich würde sagen, Kritik von den Fans haben wir keine bekommen, denn ich würde sagen, diese Ultras, das sind keine Fans, sondern das sind Krawallmacher, Rowdies. Und die versuchen, den Verein zu tyrannisieren, die versuchen, die Presse zu beeinflussen, aber das lassen wir nicht zu."
Das Boulevardblatt "Österreich" gehört dem einflussreichen Herausgeber Wolfgang Fellner. Dessen "Newsgruppe" ist das größte private Medienimperium in Österreich. Der unumstrittene Boulevardmedienkönig Fellner führt in seinem Sender oe24 täglich Liveinterviews.
Die Berichte in Fellnermedien werfen regelmäßig berufsethische Fragen auf, wie ein Blick in die Statistik des österreichischen Presserats zeigt, die freiwillige Selbstkontrolle der Printmedien. Seit Anfang 2017 erkennt auch die "Österreich" die Grundsätze des Presserats an, doch das Blatt bleibt der Lieblingsfeind der Ultras von Rapid. "Österreich raus aus Hütteldorf", so stand es auf einem Transparent. Im Wiener Stadtteil Hütteldorf steht das Stadion. So weit, so harmlos. Doch in einer Erklärung nannten die Ultras Rapid den Herausgeber Wolfgang Fellner darüber hinaus ein "fettes Schwein". Sein Sportchef dazu:
"Das haben wir einfach ignoriert, weil, was sollen wir dagegen vorgehen? Wir haben das richtiggehend ignoriert, wir haben unserer Berichterstattung nicht umgestellt. Wir haben natürlich das dem Verein gesagt. Allein das Transparent, das hätte von Vereinsseite irgendein Ordner sehen müssen. Fettes Schwein oder das mit den Terroristen, das hätte man nie aufhängen dürfen. Aber es hat gefruchtet. Jetzt hätten sie bei dem Derby wieder ein Plakat aufhängen wollen, wieder gegen die Journalisten, aber das haben sie runtergenommen, hat Rapid runtergenommen. Es hat gefruchtet."
Terroristen, Arschlöcher, fette Schweine, die Schweine vom Boulevard, Journaille, davon sehen sich Ultras umgeben wenn es um Journalistinnen und Journalisten geht. Bewusst gewählte Worte, die durchaus Wirkung entfalten können. Das zeigt eine Szene, die wir bei einem Rapid-Spiel erleben. Ein Journalist, der sich privat im Block West ein Spiel ansieht kommt mit einem Rapidfan ins Gespräch.
Dieser überlegt sich offen, ob er den Journalisten aufgrund seines Berufs verprügeln oder ein Bier mit ihm trinken soll. Der Rapidler entscheidet sich für das Bier mit dem Journalisten und es entsteht sogar ein anregendes Streitgespräch. Doch diese Begegnung hätte eben auch anders verlaufen können. Auch wir kaufen uns Karten für den Block West. Die Stimmung dort ist toll, als Journalisten outen wir uns aber lieber nicht.

Der ORF hat Gespräch mit Ultras gesucht - vergeblich

Lange, nüchterne Linoleumgänge führen in das helle Büro von Hans-Peter Trost beim ORF Fernsehen. Auch der Sportchef des ORF hat schon versucht, mit den Ultras von Rapid direkt ins Gespräch zu kommen. Doch wie so viele vor ihm, beißt auch Hans Peter Trost bisher auf Granit:
"Wir haben das als ORF gesamt versucht, ich hatte oder wir haben einen Kontakt oder wir haben einmal eine Anfrage gehabt, ob wir da nicht in ein Gespräch eintreten können vor allem jetzt mit diesem 'Journalisten-Terroristen'-Transparent, wo ich schon der Meinung bin, dass selbstverständlich Journalisten auch Fehler machen und zwar genügend. Ich aus meiner Sicht heraus gehe davon aus, dass das eher eine Frage von Respekt und Kritik auf Augenhöhe ist."
Als Chef des Verbandes österreichischer Sportjournalisten hat Hans-Peter Trost für das Terroristen-Transparent eine Entschuldigung von Rapid verlangt. Es sei deplatziert und eine solche Wortwahl lehne man ab, schrieb Rapid Präsident Krammer daraufhin in einem offenen Brief.
Unsere Anfragen an die Ultras Rapid laufen inzwischen über mehrere Kanäle und unterdessen nehmen wir die Annehmlichkeiten wahr, die Rapid im Pressebereich bietet. Zum Anpfiff gibt es heute leckere Rindsrouladen und einen schokoladigen Nachtisch. Auch die Getränke für die fast ausschließlich männlichen Journalisten sind wie immer kostenlos.
Mit vollem Bauch kritisieren wir dann von der bequemen Pressetribüne aus das aufreibende Derby Rapid - Austria und begeben uns später in die sogenannte Mixed Zone. Weil die Liga Millionen dafür kassiert, müssen die ausgepowerten Spieler dort Interviews geben und es folgt die Pressekonferenz. Thema Nummer eins: Der Fast-Abbruch des Derbys zwischen Rapid und Austria. Journalisten, Spieler und Rapid-Vertreter duzen sich, gang und gäbe im Sportjournalismus.
Der Journalist fragt, "ob nicht der Präsident, der Geschäftsführer oder der Stadionsprecher dann der bessere Ansprechpartner wäre? Es wirkt so, als würdet ihr euch immer sehr schwer tun, solche Sachen, wie sie heute passiert sind, zu verurteilen, warum eigentlich?"
"Überhaupt nicht, ich verurteile das enorm" antwortet Goran Djuricin, der Trainer SK Rapid. "Aber nicht an die ganzen Fans. Es wäre ja unfair, wenn ich sag, die Fans die sind so und so. Es waren wahrscheinlich ein oder zwei oder drei Leute, das ist halt jedes Mal so und deswegen appelliere ich an die Fans, regelt das selber mal. Weil ich glaube, anders verstehen die das nicht, die die das waren."
Und diese Rapidfans sind sauer:
- "Das ist natürlich schade für die vielen Fans, die sich sozusagen benehmen, für die Paar die da Blödsinn machen."
- "Ich bin mit dem auch nicht einverstanden, gestehe aber, dass ich vor 35 Jahren als junger Bub auch geschossen habe mit Feuerzeugen."
- "Manche sind halt bei der Intelligenz etwas benachteiligt worden. Mehr sag ich nicht dazu."
Und auch ein homophobes Banner, das die Ultras an diesem Tag gehisst haben, finden bei weitem nicht alle im Stadion gut: "Also ich finde es nicht richtig, weil ich bin überzeugt, dass im Block West genügend Homosexuelle rumrennen."

Missbrauchen Ultras Medien als Plattform für Botschaften?

ORF-Sportchef: "Ich bin dafür, dass man das thematisiert, aber auch nicht immer wieder, weil die Balance ist immer die: Wie sehr schaffst du den Spagat, wo man nicht selbst als Plattform für Botschaften missbraucht wird. Weil, ich kann mir auch vorstellen, dass jemand sagt, super, wenn wir irgendwelche homophoben Gesänge anstimmen, sind wir immer im Fernsehen. Das muss man sich auch überlegen. Aber grundsätzlich stimmt es. Man sollte da wahrscheinlich noch kritischer damit umgehen und das wird wahrscheinlich in der Zukunft auch sein müssen."
Als einer der wenigen unabhängigen Journalisten hat Jakob Rosenberg vor fünf Jahren ein Interview mit den Ultras Rapid bekommen:
"Ich glaube, dass die Debatte insgesamt recht undifferenziert ist. Also dass es Berichterstattung über Fans eigentlich nur in zwei Fällen gibt: Das eine, wenn es Ausschreitungen gibt, wenn es Transparente, die besonders schockierend oder dergleichen sind, und manchmal werden Fans, also das ist dann die andere Seite, als Hintergrundgeräusche des Fußballs wahrgenommen, die für tolle Stimmung sorgen, das aber würde ich sagen, weniger. Dass sie tatsächlich ein Teil des Fußballs sind, dass sie Mitglieder in Vereinen sind, dass sie extrem viel Zeit investieren um zu Spielen zu fahren, dass sie eine subkulturelle Gruppe der Jugendkultur sind, das findet keine Beachtung."
"Wir sind eine Subkultur", das nehmen auch die Ultras von Rapid für sich in Anspruch und das macht sie für den Wiener Sportwissenschaftler Otmar Weiß interessant:
"Die erste Ultrabewegung waren die Rapidler, Rapid Wien 1988, mit dem Vorbild aus Italien, die Ultras in Italien wurden ja bereits in den 1960er Jahren gegründet. Und die Besonderheit liegt eben darin, dass sie eine verschworene Identitätsgemeinschaft sind, eine Familie, wie sie sich auch bezeichnen und der Familienzusammenhalt, so wie in anderen Familien auch, ist gerade in dieser Gruppierung besonders stark ausgeprägt. Das heißt, sie helfen sich gegenseitig, sie unterstützen sich und haben hier eine sehr enge emotionale Beziehung zueinander, die typisch ist für die Ultra-Fankultur."
Vor einem Samstagspiel wirbt Rapid um neue Mitglieder. Mit rund 16.000 Mitgliedern ist Rapid der mit Abstand größte Fußballverein Österreichs.
"Die Ultras von Rapid sitzen auch mitunter in den Mitgliederversammlungen", erklärt Weiß. "Sie sind Mitglieder und können wählen, sie können die Funktionäre wählen, sie können den Vorstand, den Präsidenten wählen, sie haben etwas zu sagen. Sie können Anträge einbringen, über ihre Anträge wird in der Vereinsführung abgestimmt. Das heißt, sie sind Teil des Vereins."

Ultras zwangen das Rapid Team zu Dialog auf der Autobahn

Ein Teil, der Dialog auch erzwingen kann. So klingt jedenfalls die berühmte Autobahngeschichte. Im April 2017 verliert Rapid Null zu Drei gegen Ried und steht kurz vor dem Abstiegsplatz. Die Ultras von Rapid haben Redebedarf und bestellen die Mannschaft auf dem Rückweg auf eine Autobahnraststätte. Unter den Spielern ist damals auch der Deutsche Steffen Hofmann. Rapidlegende und Fußballgott im Hütteldorfer Stadion:
"Wir haben das Spiel in Ried gehabt, wir haben katastrophal gespielt, wir waren kurz vorm Abstiegsplatz und jeder hat gewusst, wenn das in die Hose geht, wird irgendetwas kommen und dann war die Frage, wie man das löst. Dann ist irgendwann der Fanbeauftragte und der Sportdirektor zu mir gekommen und hat gesagt, sie haben angerufen. Sie wollen sich mit uns unterhalten, wir sollen dort hinkommen. Ja und ich glaub, dass es von uns dann die richtige Entscheidung war, auch dort hin zu fahren, weil wenn wir nicht hinfahren, dann hätten sie eben vor dem Stadion auf uns gewartet. So gab es die Aussprache auf dem Parkplatz. Das war es auch wieder, wir sind in den Bus gestiegen und sind weitergefahren."
Die Außenwirkung ist fatal. Viele Journalisten deuten die Autobahngeschichte als Einknicken des Vereins vor den Ultras.
"Weil sie Angst haben. Angst", glaubt der Boulevardjournalist Wolfgang Ruiner.
Christoph Peschek ist Geschäftsführer von Rapid und er sieht das anders: "Beispielsweise diese Autobahnstationsgeschichte, bei der ich voll mit dabei war, habe ich bis heute für maßlos übertrieben gehalten in der medialen Darstellung. Wir hatten einen absolut unzufrieden stellenden Saisonverlauf. Eine ganz eine bittere Niederlage in Ried und das man dann innerhalb der Rapid-Familie eine Aussprache wünscht und einfordert ist aus meiner Sicht in Ordnung."
Die Autobahngeschichte zeigt die Zwickmühle in der Fußballvereine sind, wenn es um ihre Fans geht. Sie lieben und brauchen die Stimmung und den Support der Kurve, müssen aber auch Grenzen setzen, wenn ein Teil der Fans zu weit geht. Die Kritik am Banner "Journalisten - Terroristen" teilt Christoph Peschek, doch ohne Medienschelte kommt auch er nicht aus:
"Zunächst denke ich ist es wichtig zu unterscheiden zwischen Spruchbändern und Schmähgesängen, die Thematik des Spruchbandes war natürlich eine unerfreuliche und die Gesänge selbst sind für einen Verein schwierig bis gar nicht zu kontrollieren. Hier gilt es sehr viele Gespräche zu führen. Es ist aber mit Sicherheit auch dem geschuldet, dass gerade die letzten Wochen mitunter sehr unreflektiert in den Medien über die Fanszene des SK Rapid berichtet wurde."
Christoph Peschek
Christoph Peschek ist Rapid-Geschäftsführer und hat zu den Ultras einen guten Draht.© Jan Heier
Rapidgeschäftsführer Christoph Peschek war früher selbst bei der Ultras-Sektion Chaos Boyz und hat zu den Ultras einen guten Draht. Trotzdem lässt sich das Rapid-Management seit kurzem von Bernhard Heusler beraten. Früher Präsident des FC Basel und damit leidgeprüft im Umgang mit Problemen in der Kurve. Sein Credo lautet: Bloße Empörung über Fehlverhalten von Fans sei keine Strategie, wenn gleichzeitig deren schöne Choreographien gelobt würden. Ebenso falsch sei es, die Schuld bei Medien zu suchen. Fans bräuchten Klarheit.
"Für Journalistinnen und Journalisten bleibt der Dialog mit Fans wie den Ultras von Rapid aber anscheinend unmöglich. Mit Bannern wie "Journalisten - Terroristen" wollen sie Medien einen Spiegel vorhalten, damit diese ihre Arbeit selbstkritisch reflektieren. Eigentlich ein berechtigtes Anliegen. Doch das reflexhafte Beschimpfen von Journalisten gehört wohl eher zum Geschäftsmodell der Ultras. Sie verkaufen sich als eine Art Geheimbund, der sie durch Internet und Social Media längst nicht mehr sind. Damit verhalten sie sich genau wie Unternehmen oder Politiker, die sich kritischen Nachfragen auf diese Weise ebenso entziehen.
Steffen Hofmann glaubt, "dass allgemein so eine große Fankurve oder unserer Fangemeinschaft auch ein Spiegelbild der Gesellschaft ist. Da ist alles dabei, was es auch draußen auf der Straße gibt. Da steht wahrscheinlich vom Anwalt bis zu jemandem, der arbeitslos ist, oder dem es gerade gar nicht gut geht, ist da alles dabei. Ja, das ist so."
Hans-Peter Trost "muss die Ultras ernst nehmen das ist überhaupt keine Frage, das ist auch ein Teil des Jobs, der hier passieren muss. Es kann nicht sein, dass man nur sagt, ja das sind Chaoten, das stimmt so nicht das ist sehr diffizil, das muss man sich vielschichtig mit der ganzen Situation auseinandersetzen. Und für mich beginnt das Ganze wie gesagt mit Respekt und auf Augenhöhe und Kritik in beiden Richtungen."
"Wir stehen zur Fankultur", unterstreicht Christoph Peschek. "Sie ist uns sehr sehr wertvoll und wichtig. Wir ziehen allerdings dort die Grenze, wo es um Gewalt, um Rassismus, um Böller und Leuchtstifte geht. Das sind ganz klare No Gos, wo auch alle wissen, dass das entsprechende Konsequenzen hat. Und wenn es zu komplexere Themen um durchaus unterschiedliche Auffassungen geht, so ist das ein Diskussionsprozess, wo ich der Meinung bin, und das ist mir wichtig zu betonen: Kritik muss auch an Medien zulässig sein, genauso wie sie an der Vereinsführung zulässig ist. Allerdings ist natürlich wesentlich, die Artikulation. Wie man diese Kritik äußert."
"Sportjournalisten sitzen auf einer Pressetribüne", erklärt Journalist Jakob Rosenberg. Die Journalisten "schauen sich an, was da drüben vielleicht auf den Rängen passiert, aber eigentlich ist ihr Fokus nicht das Drumherum, sondern genau das, was auf dem Platz passiert. Und wenn dann eine Jugendkultur Transparente macht, die halt provokant sind, ob das jetzt gegen Journalisten ist, ob das gegen die Polizei ist, ob das gegen Rivalen ist. Dann fehlt denen, würde ich sagen, schon einmal der Zugang dazu, was das eigentlich meint. Also welche Codes das auch sind. Was es bedeutet und in welcher Lebenswelt diese Fans sich auch bewegen. Und da gibt es schon einmal einen Widerspruch, wo die beiden Gruppen auch schwer zusammen kommen."
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