Falschgeld und Pferde-Retter

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack · 21.03.2007
"Die Fälscher" beschreibt die Arbeit von Häftlingen im KZ Sachsenhausen: Sie müssen im großen Stil ausländische Banknoten herstellen, mit denen die Nazis die Weltwirtschaft schwächen wollen. Und in "Hände weg von Mississippi" kämpft die zehnjährige Emma um ein hoch gehandeltes Erbschaftspferd.
"Die Fälscher"
Deutschland/Österreich 2006. Regie: Stefan Ruzowitzky. Darsteller: Karl Markovics, August Diehl, Devid Striesow. Ab zwölf Jahren

Gedreht hat "Die Fälscher" Stefan Ruzowitzky, ein Wiener des Jahrgangs 1961, der mit seinen Filmen "Die Siebtelbauern" (1998), "Anatomie" (2000) sowie "Anatomie 2" (2003) auch bei uns bekannt wurde.

Sein neuester Film ist eine deutsch-österreichische Koproduktion, die im diesjährigen Berlinale-Wettbewerb lief und allgemein recht positiv aufgenommen wurde. Dabei erzählt der Drehbuchautor und Regisseur Ruzowitzky von einem wahren wie bislang unbekannten Kapitel der NS-Geschichte: Basierend auf den Erinnerungen des heute 89-jährigen Holocaust-Überlebenden Adolf Burger ("Des Teufels Werkstatt" wurde in diesem Monat wiederaufgelegt im Elisabeth Sandmann Verlag) wird das Drama eines spektakulären Geheimunternehmens der Nazis beleuchtet, die 1944 im KZ Sachsenhausen eine professionelle Fälscherwerkstatt einrichteten.

Gefangene des Lagers - jüdische Experten, vom Währungsfachmann über Drucker bis hin zu einem echten Fälscher - wurden gezwungen, Falschgeld im großen Stil anzufertigen. Andernfalls drohte ihnen die Hinrichtung. Die Nazis hatten vor, mit den Dollar- und Pfundblüten die Weltwirtschaft zu schwächen. Dabei vor allem im Blick- und Mittelpunkt: der damalige "König der Fälscher" Salomon Sorowitsch, eine ganz besondere Größe aus dem kriminellen Milieu Berlins. Ein Betrüger, der sich genüsslich durchs Leben schummelt.

Der 43-jährige Wiener Schauspieler Karl Markovics spielt dieses schlitzohrige Talent mit dem unbedingten Überlebenswillen sehr intensiv, unaufgeregt, ruhig, nuancenreich, glaubwürdig leise. Sein Typ ist vielschichtiger Lebenskünstler und gepeinigtes Opfer zugleich. "Man passt sich an oder man geht drauf", lautet seine Moral, mit der er sogar dem jovial-teuflischen, stets auf seinen eigenen Vorteil bedachten SS-Kommandanten Friedrich Herzog Paroli bietet: der bislang auf der Leinwand kaum aufgefallene Devid Striesow ("Der Rote Kakadu"; "Was tun, wenn´s brennt?") mit der brillanten Studie eines deutschen Opportunisten. Aus dem exzellenten Ensemble ist auch August Diehl als idealistischer junger Drucker und Widerständler zu nennen.

Kein monströser, sondern ein "anderer", hochinteressanter deutscher Vergangenheitsfilm um den Lebens- und Identitätskampf zwischen Pragmatismus und Idealen beziehungsweise Widerstand. Angenehm sparsam inszeniert, sich dabei auf wenige Figuren mit scharf gezeichneten Charakteren spannend konzentrierend. Und: dabei den schwierigen Balanceakt zwischen kurzweiligem Unterhaltungskino und aufwühlendem KZ-Drama souverän bestehend. Ein kleines Ereignis von überzeugendem Kino aus dem deutschsprachigen Raum.


"Hände weg von Mississippi"
Deutschland 2007. Regie: Detlev Buck. Darsteller: Katharina Thalbach, Zoë Mannhardt, Christoph Maria Herbst. Ohne Altersbeschränkung

Detlev Buck zählt bei uns als Drehbuchautor, Regisseur, Schauspieler und Produzent zu den kreativsten Filmkünstlern. Filme wie "Erst die Arbeit und dann?" (1984), "Karniggels" (1991), "Wir können auch anders" (1992/93) oder "Männerpension" (1995) haben ihn populär gemacht, neulich fand er allerdings mit Filmen wie "Liebe deine Nächste!" (1998) und "Liebesluder" (2000) weniger Zuspruch. Seinen exzellenten Berliner Neukölln-Film "Knallhart" von 2005 nahm das Kinopublikum zuletzt auch nicht an.

Hier nun adaptieren Buck und seine Drehbuchautoren Stefan Schaller und Maggie Peren den gleichnamigen Kinderroman der Schriftstellerin Cornelia Funke. Sie zählt zu den erfolgreichsten Kinderbuchautoren überhaupt ("Drachenreiter", "Die wilden Hühner", "Herr der Diebe") und ist für die Verfilmung ihres Bestsellerromans "Tintenherz" sogar nach Hollywood umgezogen. 1997 veröffentlichte sie "Hände weg von Mississippi", der im letzten Sommer im tiefen, dörflichen Mecklenburg-Vorpommern von Buck & Co. gedreht wurde; im Dörfchen Rögnitz, dort also, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.

Dabei hatte man wohl Astrid Lindgren mit ihrer Pippi Langstrumpf und den Bullerbü-Geschichten im gedanklichen Gepäck, kann denen aber überhaupt nicht das Wasser reichen. Ganz im Gegenteil.

In der Story um die zehnjährige Emma, die während des Sommers ihre Ferien bei der Oma auf dem Lande verbringt und ein hoch gehandeltes Erbschafts-Pferd retten möchte, steckt zwar viel Abenteuer- und Charmepotenzial, doch Buck inszeniert das Geschehen um schrullige Personen und komische Kaff-Ereignisse im mecklenburgischen Biosphärenreservat Schaalsee viel zu altbacken-übertrieben: Die meisten der Dörfler wirken nicht norddeutsch-lakonisch, sondern irgendwie behämmert. Oder kommen als übertrieben schusslige Gutmenschen wie "Oma" Katharina Thalbach daher.

Demgegenüber gibt es den eindimensionalen Bösewicht von Christoph Maria Herbst (der singende Irrenarzt Alfons Hatler in "Neues vom Wixxer") mit deppertem Knappen an seiner Blödian-Seite. Und die lieben Kinderlein wie Hauptakteurin Zoë Charlotte Mannhardt als Emma äußern sich in langweiliger Papiersprache. Eine enttäuschend langweilig-brave Chose von deutschem Kinderkintopp. Die Wiesbadener Filmbewertungsstelle vergab dafür das Prädikat: "Besonders Wertvoll".
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