Evangelische Akademie im Kampf gegen Hassrede

"Hope Speech muss mehr sein als Friede, Freude, Eierkuchen"

Der Hashtag «#Hass» ist auf einem Bildschirm eines Computers zu sehen.
Was löst der Begriff Hate Speech eigentlich bei Leuten in der Kirche aus? Diese Frage stand am Anfang des Projekts der Evangelischen Akademie. © dpa/ picture-alliance/ Lukas Schulze
Timo Versemann im Gespräch mit Anne Françoise Weber · 27.05.2018
Auch Christen verbreiten Hate Speech, Hassrede, in den Sozialen Medien. Die Evangelische Akademie zu Berlin hat reagiert und seit Oktober das Projekt #netzteufel gestartet: "Der Teufel auch im Netz". Gegen den Hass soll Hoffnung gesetzt werden.
Anne Françoise Weber: Unser Leben spielt sich zunehmend im Netz ab – daran müssen sich auch die Kirchen gewöhnen. Die digitale Kommunikation eröffnet sicherlich viele Chancen, aber sie hat doch auch ihre eigenen Regeln und Gefahren. Zum Beispiel die, dass man im Schutz der Anonymität und ohne einem menschlichen Gegenüber im Blick besonders gemeine Kommentare abgeben, Hate Speech genannt. Auch daran müssen sich die Kirchen gewöhnen und schauen, welchen Umgang sie damit entwickeln, zumal, wenn diese Kommentare von der eigenen Klientel kommen. Die Evangelische Akademie zu Berlin hat seit Oktober 2017 ein Projekt dazu gestartet. Es wird vom Bundesfamilienministerium unterstützt und trägt den Kurznamen #netzteufel. Der lange Titel lautet: "Der Teufel auch im Netz". Da geht es darum, Muster oder Narrative aufzuspüren, die feindliche Stimmung erzeugen und sich dabei auf den christlichen Glauben berufen. Wie diese Argumentationsmuster aussehen und was man ihnen entgegensetzen kann, damit beschäftigt sich Timo Versemann. Der Theologe ist Projektleiter bei der Evangelischen Akademie zu Berlin und jetzt bei mir im Studio. Herzlich willkommen!
Timo Versemann: Hallo!
Weber: Fangen wir mal mit dem Namen Ihres Projektes an. Ist der Netzteufel so etwas Harmloses wie der Fehlerteufel, den es in manchen Grundschularbeitsheften gibt oder wollen Sie mit dem Namen schon vermitteln, dass da wirklich eine böse Kraft, eben der Teufel im Netz steckt?
Versemann: Der Netzteufel als Name ist ein Spiel mit einem sehr starken Bild, das momentan vor allem durch Werbung und Medien geprägt ist und seinen christlichen Bezug, die Inhalte, die damit verknüpft sind, komplett verloren hat. Unser Ziel ist es nicht, Leute zu verteufeln und als Teufel oder als teuflisch zu brandmarken, sondern diese eigene bildliche Tradition aufzunehmen, die immer auch dazu gedient hat, Position zu beziehen, Grenzen zu definieren, Bilder, die immer im Wandel waren, der Verführer, der Irritator, der Satan, der Diabolos, und wir haben den spielerisch aufgenommen. Zum einen haben wir ihn ein bisschen auf uns abgewandt, wir sind der Netzteufel, um auch mit dieser eindeutigen Attribution von Gut und Böse zu brechen und durch das Logo, was wir verwendet haben, was angelehnt ist an den Space Invader, fragen wir auch, was sind eigentlich die bildlichen Elemente, die wir damit verknüpfen. Also der Teufel hat auf jeden Fall Hörner, sind so Bilder, die sehr stark sind in den Medien, und dieser Space Invader hat auch irgendwie Hörner, und eigentlich soll es mehr Irritation hervorwecken, obwohl die Reaktionen jetzt sich sehr angegriffen fühlen, die Leute fühlen sich dämonisiert, was in den rechten Artikeln jetzt über uns berichtet wurde, aber unser Fokus liegt eigentlich auf den Inhalten.
Weber: Auf die rechten Artikel kommen wir vielleicht nachher noch zu sprechen. Erst mal, um zu verstehen, wie Sie arbeiten: Sie haben also nach diesen Argumentationsmustern gesucht, die im Internet gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit – heißt es korrekt – vermitteln und sich dabei auf den christlichen Glauben berufen. Wie macht man das? Wie forstet man die weite Welt des Internets nach solchen Narrativen durch?

Was löst der Begriff Hate Speech eigentlich aus?

Versemann: Das ist eine große Herausforderung, wo alle am Experimentieren sind. Unser Vorgang war, dass wir im ersten Schritt in die Praxis hineinfragen, was löst der Begriff Hate Speech eigentlich bei Leuten in der Kirche aus. Wir haben sehr viele Hassmails von Bischöfen erhalten, die sie bekommen haben über die letzten Jahre. Von Bischoff Dröge haben wir 560 E-Mails erhalten und haben die in einem ersten Schritt durchgegangen, zum einen auf die Inhalte, zum anderen sind uns da Akteure aufgefallen, auf die sich immer wieder bezogen wurde. Zum einen, "ich habe den Artikel bei XY gelesen, jetzt muss ich Ihnen mal sagen …" oder "da steht doch aber …, und der Rest steht im Internet, und deshalb ist es die Wahrheit". Da haben wir uns drei repräsentative Akteure rausgesucht. Das eine ist die evangelisch-evangelikale Nachrichtenagentur idea, das andere ist ein katholisch-reaktionäres Portal kath.net, und das Dritte ist die überkonfessionelle parteinahe Organisation Christen in der AfD. Bei denen haben wir die Facebookseiten uns angeschaut für das Jahr 2017, von jedem Monat den meist interagiertesten Post genommen und bei diesem Post insbesondere uns die Kommentare angeschaut, was für Reaktionen kommen da eigentlich, was für Bilder entstehen da, und haben dann die Narrative, die Narrativfragmente dort analysiert, decodiert und zusammengetragen.
Weber: Das heißt, es ging Ihnen nicht unbedingt um die Berichterstattung auf diesen Portalen, sondern darum, dass diese Portale sozusagen Stichwortgeber sind, vielleicht auch eine gewisse Community haben, die dann, ausgehend von irgendwelchen Berichten, da Kommentare abgeben, die bisweilen zu hatespeech tendieren. Kann man das so formulieren?
Versemann: Ja. Unser Projekt zielt in den Raum von Social Media hinein, und das ist auch ein dezentraler Raum. Er hat auch zentrale Akteure, aber es ist ein dezentraler Raum, in dem alle Leute kommentieren können und interagieren können, und diese Seiten sind oft Diskussionsräume durchaus auch. Wir sagen nicht, diese Seiten sind nur schlecht und die würden sich ausschließlich abschotten, Filterblasen erzeugen. Wir merken auch immer wieder, dass konstruktive Debatten in diesen Kommentarspalten stattfinden, aber unser Fokus liegt darauf, was ist eigentlich das kollektive Theologisieren in gruppenbezogener menschenfeindlicher Art, aber auch in positiver Art und Weise. Unser Claim, dem wir insgesamt nachgehen wollen, ist "From Hate Speech to Hope Speech", die Frage, was ist eigentlich eine digitale Kultur der Nächstenliebe, und wie können wir die stärken, und dafür ist die Analyse ein erster Schritt gewesen, von der wir ausgegangen sind.
Weber: Sie haben jetzt vom kollektiven Theologisieren gesprochen. Das heißt, da wird auch wirklich Theologie betrieben im Sinne von da wird über Gott gesprochen und damit mit dem christlichen Glauben argumentiert und gleichzeitig eben doch so eine Stimmung aufgebaut, eine feindliche Stimmung?

Es wird mit schöpfungstheologischen Bildern gearbeitet

Versemann: Da wird explizit von Gott und christlichen Bildern gesprochen. Theologie ist für mich nichts, was nur an der Universität stattfindet, sondern die Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben, mit den biblischen Schriften, und die Bezüge, die da gruppenbezogen menschenfeindlich stattfinden, die Pauschalisierungen gegenüber dem Islam sind zum Teil sehr stark aufgeladen: "Allah ist ein Dämon" et cetera. Es wird dabei in Bezug auf geschlechtlicher Vielfalt, auf die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren, das 2017 ein sehr präsentes Thema war, sehr stark mit schöpfungstheologischen Bildern gearbeitet, und es ist eine bestimmte Art und Weise, wie dort sich mit Themen auseinandergesetzt wird, und es ist nicht die einzige Blickweise, und das ist die Perspektive, auf die wir hinauswollen mit unserem Projekt, auch andere Sichtweisen empowern, im Netz positiv aktiv zu werden.
Weber: Sie haben jetzt schon zwei Themenkomplexe genannt, Islam und Geschlechterverhältnis. Was waren denn noch die Themenkomplexe, die Sie da so festgestellt haben?
Versemann: Ein klassisches Feld ist Flucht, Migration, was aufgekommen ist. Das Buzzword Gender ist ein starker Begriff, wo Verteuflung im Sinne von "Gender ist reine Ideologie", "es ist Wahnsinn", eine entmenschlichende Komponente steckt da auch oft drin, und die fünfte Dimension ist die Dimension der sogenannten Meinungsdiktatur, also in Bezug auf Demokratie und Meinungsaustausch. Das ist das, was uns gerade auch vorgeworfen wird, dass wir eine Meinungsdiktatur herstellen würden, indem wir Stimmen verbieten, aber in meinem Verständnis sind wir beteiligt am demokratischen Ringen um Erkenntnis, was auch das christliche Ringen um Theologie und theologische Einsicht immer ist.
Weber: Also beim Geschlechterverhältnis kann ich mir vorstellen, wie man mit der Bibel argumentiert und sagt, Gott schuf sie männlich und weiblich oder Adam und Eva, wie auch immer. Da kann ich mir das gut vorstellen. Bei Flucht und Migration kann ich es mir schwer vorstellen, wie man die Bibel heranziehen kann, um gegen Migration oder Aufnahme von Geflüchteten zu sprechen, weil die Bibel doch voller Fluchtgeschichten ist. Wie funktioniert das, was haben Sie da für Narrative in diesem Themenfeld festgestellt?

"In Bezug auf Flucht ist es eine relativ perfide Logik"

Versemann: In Bezug auf Flucht ist es eine relativ perfide Logik. Das Grundrecht auf Asyl wird nicht infrage gestellt. Der Hauptnarrativ, den wir identifiziert haben, ist, Asylsuchende sind in Wahrheit alles Wirtschaftsmigranten, die alle nur ins Sozialsystem einwandern wollen. Dadurch hat man wieder eine Kollektivierung, man muss nicht mehr einzelne Menschen, einzelne Fälle angucken, kann sich selber noch christlich auf die Schulter klopfen, dass man nicht das Grundrecht auf Asyl infrage stellt, weil die Geschichten der Bibel zum großen Teil von politischer Verfolgung sprechen, aber auch zu einem sehr großen Teil von wirtschaftlicher Verfolgung, wenn man die Hungersnöte sich anguckt, die die Leute auf die Reise getrieben haben.
Weber: Sie haben schon das Stichwort Hope Speech genannt. Also Sie wollen der Hate Speech etwas entgegensetzen, aber wie soll das aussehen? Wird das nicht auch wieder so eine Keule letztendlich? Also du sollst deinen Nächsten lieben – das reicht wahrscheinlich nicht, das ständig zu posten, oder?
Versemann: Das ist eine zentrale Frage, was eigentlich der sinnvolle Umgang mit Hate Speech gerade ist, und es findet gerade ein Shift in der Auseinandersetzung statt, dass vielleicht Gegenrede nicht als das einzig Wahre und das einzig Mögliche gedacht werden sollte, sondern vielleicht auch ein anderes dafür, eine positive Netzkultur in der Kirche gerade anfängt, sich zu entwickeln, mit der Debatte um eine digitale Kirche, das zu stärken, dass, was man erlebt, nicht das einzige ist, mit gruppenbezogenen menschenfeindlichen Kommentaren, dass es eine positive digitale Arbeit in der Kirch gibt, dass es aber auch positive Erzählungen und positive Bilder in Bezug auf geschlechtliche Entwicklung, in Bezug auf Flucht und Migration gibt, die auch eigenständig funktionieren und nicht immer nur als Antwort, als Reaktion auf diese Kommentare.
Weber: Aber ist da nicht die Gefahr, dass man sich so eine kirchliche Wohlfühlwolke im Netz schafft, wo dann alles voller Hope Speech ist, und die Hate Speech findet aber daneben immer noch statt, und man geht eben nicht mehr in die Auseinandersetzung mit diesen Leuten und schottet sich noch mehr ab?

Man brauche Besonnenheit, aber nicht mit erhobenem Zeigefinger

Versemann: Ich glaube, dass diese Blasen nicht so getrennt voneinander funktionieren können, dass vor allem ein stärkeres Engagement auch zu einer stärkeren Diskussion miteinander führt. Ich glaube, dass Hope Speech mehr sein muss als Friede, Freude, Eierkuchen, auch konkrete politische Themen benennen können muss. Also wir haben soziale Probleme in unserem Land. Das Thema Hartz IV ist ein sehr relevantes Problem, und was irgendwie soziale Hoffnung für Menschen konkret heißen kann und wie das digital vermittelt werden kann, ist ein sehr konkretes Thema, was nicht einfach nur sich selbst begnügt, sondern auch in gewissen Punkten vielleicht Anschlusspunkte hat an die Probleme, die zum Teil rassistisch dann kanalisiert werden und zum Teil eigenständig wachsen kann.
Weber: Es gibt Menschen, die Ihr Projekt scharf kritisieren. Sie haben es schon angesprochen. Die sagen dann, da wird das Netz auf links geschaltet – so hat es Alexander Kissler auf "Cicero Online" formuliert. Er sagt, es gehe um eine Deutungshoheit, die die EKD, die das Projekt ja auch mitfinanziert, im Netz erreichen will, und in den Userkommentaren unter diesem Artikel heißt es dann zum Beispiel, Kirche müsse, wenn sie in der Nachfolge Christi steht, ein offenes Ohr für Andersdenkende haben und sich hinter diese Menschen stellen. Was antworten Sie auf diese Kritik?
Versemann: Für mich ist die protestantische Perspektive die Trennung von Person und Werk, von Tat und Täter. Ich kann Inhalte als nichtchristlich oder mit meinem christlichen Weltbild übereinstimmend benennen und muss gleichzeitig nicht die Person dahinter verachten. Ich bin mit der Barmer Theologischen Erklärung, in der Herausforderung, dass es keinen Bereich gibt, der nicht die Rechtfertigung, die durch Jesus Christus bedürfte, dass es aber trotzdem die Aufgabe der Kirche ist, die Kirche zu sein, und die Aufgabe des Staates des Staates zu sein. Da braucht es eine Besonnenheit, nicht mit erhobenen Zeigefinger zu sagen, wir sind die einzig Richtigen, und das ist das, was wir versuchen mit unserem Projekt. Wir beschreiben das, was Menschen umtreibt, um eben gerade auch Themenkomplexe zu benennen, die relevante Themen gewesen sind im Jahre 2017, wo wir Auseinandersetzung suchen müssen.
Weber: Was sagen Sie denn Menschen, die den Eindruck haben, sie können ihre Angst vor – nennen wir es mal Islamismus, um jetzt nicht die schleichende Islamisierung gleich zu benutzen, aber ihre Angst vor politischem Islamismus, der vielleicht sogar in einen Terrorismus ausarten könnte, Menschen, die den Eindruck haben, sie können diese Ängste nicht mehr im Netz äußern, weil sie dafür gleich kritisiert werden, weil ihnen gleich gesagt wird, das ist aber nicht christlich, so darfst du nicht reden?

"Eine Kultur der Angst entsteht dann, wenn die Pauschalisierung da ist"

Versemann: Wir fordern, dass man konkrete Probleme benennt, dass man während der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Strömungen des Islams sagt, um welchen Verband geht es einen, um welche Prägung, um welche konkreten Inhalte, dass man das Geforderte, das Gespräch suchen mit unliebsamen Positionen, nicht nur innerhalb des christlichen Glaubens anwendet, sondern dass man das auch gegenüber den islamischen Gemeinschaften anwendet und in der Differenziertheit dort ist. Wir sagen, eine Kultur der Angst entsteht dann, wenn die Pauschalisierung da ist: alle Muslime, der Islam, die Islamisierung, das große Fass, alles zusammengeworfen wird. Ich glaube, es ist sehr wichtig, konkrete Probleme zu benennen und dort nicht zu besänftigen.
Weber: Sie bieten im Rahmen Ihres Projektes auch Seminare an für Mitarbeitende in kirchlichen oder kirchennahen Einrichtungen. Das nächste ist jetzt schon nächste Woche, und da ist das Thema digitale Kommunikationstechniken jenseits kirchlicher PR-Guidelines. Das klingt ja so ein bisschen so, als ob die Leitlinien, die die Kirche zur Kommunikation im Netz herausgibt, noch nicht reichen, um die Leute in der Kirche fit zu machen für das digitale Leben.

"Wir sagen nicht, dass man jetzt mit der Axt durch den Walde laufen muss"

Versemann: Wir haben eine sehr aktive Auseinandersetzung, was Digitalisierung und Kirche heißt, auf Twitter unter dem Hashtag #DigitaleKirche, eine sehr rege Debatte über das Thema Digitalisierung von Kirche zu starten. Es gibt gerade sehr viele Barcamps im kirchlichen Raum, wo Leute ihre Projekte mitbringen und vorstellen. Es ist eine gewisse Aufbruchsstimmung, aber auch noch eine gewisse Unsicherheit. Kirchliche Institutionen sind sehr stark, kirchliche Institutionen wollen sich gerade auch absichern dagegen, dass sie Leuten nicht auf die Füße treten wollen, weil sie ein großes Bedürfnis danach haben, die christliche Gemeinschaft zusammenzuhalten, und wir sagen nicht, dass man jetzt mit der Axt durch den Walde laufen muss, aber dass man einen gewissen Witz und einen gewissen Charme in die Kommunikation stärker reinbringen kann, weil digitale Kommunikation zum Teil nicht so bieder und einträchtig funktioniert. Viele landeskirchliche Accounts haben als grafischen Inhalt zentral so ein Standardfoto, so ein Stockfoto, und da drauf ist die Tageslosung. Ich würde sagen, unser Glaube ist viel aufregender als einfach nur Tageslosung auf das Stockfoto drauf, und deshalb bieten wir das Seminar an und haben uns spannende Menschen geholt, die über Memes, also die Verknüpfung von Wort- und Bildinhalt sprechen werden, die über den pädagogischen Einsatz von gifs und Videos im Bildungskontext von Jugendarbeit auch sprechen, über Podcasting als Wissensvermittlungsmethode, die eben gerade auch dezentral funktioniert und von unten heraus wachsen kann und nicht nur top-down, wie kirchliche Kommunikation oft verstanden wird. Kirchliche Kommunikation wird oft einfach als Sprachrohr verstanden für die Meinung der Kirche, und unser Fokus ist, das Kollektive, das Priestertum aller auch im digitalen Raum zu stärken.
Weber: Könnte das nicht auch ein Grund dafür sein, dass man sich in der Kirch schwertut mit der Digitalisierung, dass eben digitale Kommunikation auch mal ein paar Hierarchieebenen überspringt oder ignoriert und dass das eben in der Institution Kirche so dann doch nicht vorgesehen ist trotz des Priestertums aller Gläubigen?
Versemann: Das ist eine Auseinandersetzung, die aktiv geführt wird, wo wir auch Experimente machen. Unser Projektname ist vielleicht auch ein so ein Beispiel dafür, den man, wenn man ihn 500 mal genehmigt hätte lassen, gesagt hätte, nee, das geht nicht, wir machen einfach nur die Rote Karte gegen Rassismus oder irgendwas, was wir schon immer gemacht haben, dann einfach zu sagen, okay, digitale Kommunikation funktioniert anders, sie funktioniert über Bilder, und wir müssen unseren eigenen Bezug dazu erspüren, wir müssen auch Fehler machen und uns Fehler eingestehen. Das ist die Perspektive, an der wir weiter arbeiten, an der aber auch die kirchliche Leitung sehr interessiert ist.
Weber: Na ja, und ein starkes Bild haben Sie jedenfalls mit dem Namen Netzteufel. Da findet sich auch im Netz dann mehr zu Ihrer Arbeit. www.netzteufel.eaberlin.de. Vielen Dank, Timo Versemann! Das Projekt heißt ausführlich "Der Teufel auch im Netz" und ist eben von der Evangelischen Akademie zu Berlin.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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