Europäischer Bildungsbericht der OECD

Zu wenig Frauen in naturwissenschaftlichen Fächern

Ein Wissenschaftler untersucht am 03.05.2017 in einem Labor in der Zoologischen Staatssammlung München (Bayern) DNA. Beim DNA-Barcoding kann man anhand eines bestimmten Gens in den Mitochondrien fast alle Tierarten unterscheiden. Ein kleines Unternehmen bietet die Artbestimmung jetzt für jedermann an. (zu dpa "Sushi oder Springschwanz? DNA-Barcoding für jedermann" vom 05.05.2017)
Beste Berufsaussichten: In Deutschland lohnt es sich, in den MINT-Bereich zu gehen. © dpa/Alexander Heinl
Von Christiane Habermalz · 12.09.2017
Fast die Hälfte aller Studierenden in Deutschland wählen naturwissenschaftliche Fächer. Das ist gut, ist das doch Bereich mit den besten Berufschancen. Problematisch bleibt aber weiterhin der Frauenanteil: Der ist noch immer viel zu niedrig.
Bei Studierenden in Deutschland stehen Naturwissenschaften und Technik hoch im Kurs. 2015 entschieden sich 40 Prozent der Studienanfänger für ein sogenanntes MINT-Fach, im internationalen Vergleich waren das nur 27 Prozent. Damit ist Deutschland auf diesem Gebiet absoluter Spitzenreiter, so das Zeugnis des diesjährigen OECD-Bildungsberichts.
Allerdings bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede in der Gender-Balance: Nur ein Viertel der jungen Frauen streben im Studium technische Berufe wie Ingenieurswissenschaften oder Informatik an. Immer noch zu wenig, räumt auch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka ein. Besonderen Handlungsbedarf sieht sie jedoch vor allem im Bereich der dualen Ausbildung.
"Wir haben 12 Prozent Frauen in den technischen Berufen und weniger junge Frauen die überhaupt in die duale Ausbildung gehen, also wir müssen uns jetzt konzentrieren, finde ich, auf den Bereich der beruflichen Ausbildung. Die Liste der beliebtesten Fächer, dual, der ist zementiert bei Männern und Frauen seit vielen Jahren und entsprechen wichtig ist es hier jetzt zu agieren."
Mit fast 60 Prozent eines Jahrgangs hat Deutschland zudem die höchsten Studienanfängerzahlen – und die meisten ausländischen Studierenden. Von ihnen wiederum studiert ein Drittel ebenfalls MINT-Fächer – zugleich der Bereich mit den besten Berufsaussichten. Deutschlands Bildungssystem ist durch das duale System besonders gut mit der Wirtschaft verzahnt, so das Lob der Bildungsforscher.
Dies zeige sich in der geringen Erwerbslosigkeit von jungen Erwachsenen – 4,2 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, davon können Länder wie Frankreich oder Spanien nur träumen. Europaweit liegt sie im Schnitt mehr als doppelt so hoch, bei über 10 Prozent. Und wer in Deutschland eine Ausbildung macht, hat mit einer Erwerbsquote von 86 Prozent nur unwesentlich geringere Jobaussichten als Hochschulabsolventen.

13 Prozent der jungen Erwachsenen haben keinen Berufsabschluss

Doch am unteren Rand blieben immer noch zu viele junge Leute abgehängt, kritisierte der Leiter des Berliner OECD-Büros, Heino von Meyer. Hier hat es in den letzten Jahren nur wenig Fortschritte gegeben. Immer noch 13 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland zwischen 25 und 34 Jahren haben keinen Berufsabschluss und befinden sich auch in keiner Bildungsmaßnahme. Ihre Jobaussichten liegen nur bei 50 Prozent. Besser als der OECD-Schnitt, aber zu viel für ein reiches Land wie Deutschland – und mit weitreichenden Folgen, betont von Meyer.
"Gute Bildung bringt nicht nur Geld und sichere Arbeit, sondern auch Gesundheit und Zufriedenheit. Bildung auf einen Blick weist dazu in diesem Jahr erstmals auch Ergebnisse zur psychischen Gesundheit aus. Und danach leiden nach eigenen Angaben doppelt so viele Geringqualifizierte an Depressionen wie Hochgebildete im Tertiärbereich."
Und deutliche Kritik übte die OECD auch daran, dass Deutschland gemessen an seiner Wirtschaftsleistung weniger in Bildung investiere als andere Länder – nur 4,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts geben Bund, Länder, Gemeinden und Private für Kitas, Schulen und Hochschulen aus. Im OECD-Schnitt liegt dieser Wert bei 5,3 Prozent.
"Seit einem Jahrzehnt ist dieser Unterschied von rund einem Prozentpunkt konstant und nicht verringert worden. Ein Prozent Bruttoinlandsprodukt, das sind 30 Milliarden Euro pro Jahr."
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