Eurokrise

Griechenland ist faktisch pleite

Am 30.6. gab es Demonstrationen in Athen gegen die Politik der europäischen Regierung
Demonstranten halten ein Transparent hoch mit der Aufschrift: "Griechenland: mein Geburtsort; Europa: meine Heimat". © Imago / Zuma Press
Von Reinhard Baumgarten  · 01.07.2015
Griechenland gilt faktisch seit Mitternacht als zahlungsunfähig, weil das Land eine fällige Rückzahlung an den IWF nicht geleistet hat. 1,55 Milliarden Euro hätten überwiesen werden müssen. Athen hatte eine Verlängerung unter den Bedingungen der so genannten Institutionen abgelehnt.
Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem: "Das ist nicht mehr zu ändern. Was geändert werden könnte, ist die politische Haltung der griechischen Regierung, die zu dieser Situation geführt hat."
Gestern Nachmittag hatte es Alexis Tsipras noch einmal spannend gemacht. Er hatte Dijsselbloem einen Brief geschickt.
Darin sei es um zwei Bitten gegangen: Das alte Rettungsprogramm zu verlängern und Gespräche über ein neues Hilfsprogramm zu beginnen. Der niederländische Finanzminister hat den Brief aus Athen mit in die Beratungen der Euro-Finanzminister genommen.
"Wir haben das diskutiert, sind aber zum gleichen Schluss wie vergangenen Samstag gekommen, dass die Verlängerung des alten Programms schlicht nicht möglich ist. Es ist nicht nur aus praktischen Gründen nicht möglich, und politisch hat sich die Lage nicht verändert."
"Es geht um europäische Kultur"
Das zweite Hilfsprogramm endete um Mitternacht. Athen hatte eine Verlängerung unter den Bedingungen der so genannten Institutionen abgelehnt. Konkret war es dabei um Sparen und Reformen gegangen. Das dürften auch die Kernforderungen für ein mögliches neues Hilfsprogramm sein, sollte je eins aufgelegt werden.
"Um ein neues Programm zu bitten, ist immer möglich. Griechenland ist Mitglied der Eurozone und des Europäischen Stabilitätsmechanismus. Es kann um Hilfe bitten. Hier muss man durch eine umfangreiche Prozedur, die Institutionen werden wieder eine Menge zu tun haben. Zwischenzeitlich hat sich die Situation der griechischen Wirtschaft und der Banken leider verschlechtert."
Wie sehr sich die Lage verschlechtert hat, spüren die Griechen jeden Tag. 10.000 bis 12.000 sind deshalb gestern Abend in Athen auf die Straße gegangen. Sie sind mit dem Kurs ihres Regierungschefs Tsipras nicht einverstanden. Pro-Europa Stimmen aus Athen:
Thanassis Angelopoulos: "Sie haben das Volk getäuscht und jetzt versuchen sie, Griechenlands Zukunft aus Karten zu lesen. Unsere Zukunft soll nicht durch Karten bestimmt werden."
Dimitris Papanikolaou: "Ich bin in Europa, da möchte ich auch bleiben. Die einzige Zukunft meines Landes, für mich, meine Familie, meine Kinder und Enkel ist eine Zusammenarbeit mit anderen Europäern."
Chrisoula Koniakou: "Der Euro ist das Mittel, ein starkes und dauerhaftes Europa zu erhalten. Es geht dabei nicht nur um Wirtschaft. Es geht um europäische Kultur."
Ab Mittwoch sollen laut dem Athener Finanzministerium für drei Tage landesweit 1000 Banken öffnen, damit Rentner ohne Bankkarten Geld abheben können. Allerdings sollen sie nicht mehr als 120 pro Tag bekommen.

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