EU-Streit um Unkrautvernichter

Warum man Glyphosat nicht einfach so verbieten kann

Ein Traktor fährt bei Göttingen (Niedersachsen) Ende März über ein Feld und bringt mittels einer gezogenen Anhängespritze zur Saatbettbereinigung Glykosphat aus (undatierte Aufnahme). Glyphosat kommt in der Regel als Nacherntebehandlung bzw. vor der Aussaat zum Einsatz. Das Pestizid dient zur Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft. (ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und der vollständigen Nennung der Quelle) - Foto: Steven Lüdtke/Forum Moderne Landwirtschaft/dpa
Glyphosat landet auch auf deutschen Äckern - und ist sehr umstritten. © Steven Lüdtke/Forum Moderne Landwirtschaft/dpa
Karin Bensch im Gespräch mit Liane von Billerbeck  · 25.10.2017
Die EU-Abstimmung, ob und wie lange Glyphosat in Europa auch über Mitte Dezember hinaus erlaubt sein darf, ist am Mittwoch verschoben worden. Mit unserer Korrespondentin Karin Bensch sprechen wir darüber, warum man es nicht einfach so verbieten kann und welche Taktik dahinter stecken könnte.
Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist umstritten, weil es im Verdacht steht krebserregend zu sein. Bis Mitte Dezember läuft seine Genehmigung für die Europäische Union noch, seit Wochen wird um die Verlängerung gerungen. Mittlerweile will die EU-Kommission sie zwar nicht mehr für zehn Jahre verlängern, sondern nur noch für fünf bis sieben – doch eigentlich will sie, dass die Chemikalie weiterhin in Europa erlaubt ist, was besonders von den Grünen kritisiert wird. Aber auch viele EU-Länder haben große Vorbehalte gegen Glyphosat.
Die Abstimmung über die Verlängerung der Genehmigung, die am Mittwoch in Brüssel stattfinden sollte, ist nun um eine Woche verschoben worden. "Die Brüsseler Behörde ist als sehr unternehmens- und industriefreundlich bekannt", sagt unsere Korrespondentin Karin Bensch. "Insofern wird es spannend, inwieweit sich da überhaupt ein Kompromiss finden lässt."

Europa ist tief gespalten

Für die Verlängerung in Europa bräuchte es eine qualifizierte Mehrheit. "Mindestens 16 EU-Länder, die 65 Prozent aller EU-Bürger repräsentieren, müssten zustimmen und das ist im Moment noch nicht der Fall", sagt Bensch. Einige Länder wie Spanien wollen Glyphosat trotz des Krebsverdachtes weiter verwenden dürfen – die europäische Gemeinschaft ist gespalten in dieser Frage. "Es ist für ihre Landwirte ein wirksamer und günstiger Unkrautvernichter", sagt Bensch. Eine Meinung, die auch die Union in der Bundesregierung teilt. Im Gegensatz zur SPD – weshalb Deutschland sich bei der Abstimmung wahrscheinlich enthalten wird.

"Es gibt zwar viele Studien bislang, aber keine einzige sagt wirklich eindeutig und wasserdicht, dass Glyphosat tatsächlich krebserregend ist, und da sind etliche EU-Länder der Meinung, man könne es in einer gewissen Dosierung weiterhin verwenden", erläutert Bensch. "Dass es die Artenvielfalt schädigt, scheint für viele EU-Länder einfach kein ausreichender Grund zu sein."
Eine Flasche des Unkrautvernichtungsmittel, das den Wirkstoff Glyphosat enthält, ist am 17.05.2016 auf einer Wiese in einem Garten in Briesen (Brandenburg) zu sehen. Foto: Patrick Pleul/dpa
Eine Flasche des Unkrautvernichtungsmittel, das den Wirkstoff Glyphosat enthält.© Patrick Pleul/dpa

Immer weiter beraten, bis es zu spät ist?

Vielleicht stecke dahinter aber auch eine gewisse Taktik der EU-Kommission, vermutet Bensch: "Man lässt also die EU-Länder immer weiter beraten und vielleicht steckt dahinter auch der Plan, dann irgendwann zu sagen: Bis zum 15. Dezember 2017 müssen wir entscheiden und wenn ihr EU-Länder nicht in der Lage seid, eine qualifizierte Mehrheit zustande zu bringen, dann muss die Kommission übernehmen und dann kann sie Glyphosat um weitere Jahre verlängern. Das soll nicht so geschehen, aber könnte die letzte Möglichkeit sein."
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