EU-Flüchtlingsgipfel

Zuallererst kommt die Abschottung

Flüchtlinge kommen auf Sizilien an, nachdem sie von der Küstenwache im Meer aufgegriffen wurden.
Flüchtlinge kommen auf Sizilien an, nachdem sie von der Küstenwache im Meer aufgegriffen wurden. © AFP / Giovanni Isolino
Von Thomas Otto · 24.04.2015
Als Reaktion auf das jüngste Flüchtlingsdrama im Mittelmeer hat der EU-Sondergipfel eine Reihe von Beschlüssen gefasst. Viel mehr als Worthüsen habe der Gipfel jedoch nicht gebracht, meint Thomas Otto. Man müsse sich schon zusammenreißen, um nicht zum Zyniker zu werden.
Unmissverständlich haben die Staats- und Regierungschefs gestern in Brüssel klar gemacht, wo ihre Prioritäten liegen: An erster Stelle kommt die Abschottung der EU, dann die Rettung von Menschenleben. Formuliert hat das so natürlich niemand.
Und natürlich wurde wieder und wieder betont, dass zuallererst Menschenleben gerettet werden sollen. Das Geld für die Grenzschutzoperation Triton soll verdreifacht werden. Unter anderem Deutschland, Großbritannien und Frankreich steuern Schiffe und Ausrüstung bei - alles hohle Phrasen. Denn auch in Zukunft soll Triton lediglich in einem Bereich von 30 Seemeilen vor der italienischen Küste patrouillieren. Man tut lediglich das Allernötigste, unterste Grenze.
Mehr Motivation scheint hingegen da zu sein, um die EU weiter abzuriegeln. Flüchtlinge sollen schon in Afrika aufgehalten, Schleppernetzwerke mit allen Mitteln bekämpft werden, und auch im Internet will man gegen Schleuser vorgehen - es gibt einen ganzen Katalog von Ideen. Sogar von Militäreinsätzen ist die Rede, bei denen potenzielle Flüchtlingsboote schon vor ihrer Abfahrt zerstört werden sollen.
Viele Worthülsen
Der Rest sind Worthülsen: Mehr Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten bei der Aufnahme der Flüchtlinge oder die Bekämpfung der eigentlichen Ursachen von Flucht und besser Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern.
Auf die Frage, was denn an den neuen Beschlüssen nun anders sei, als an den vielen, vielen Versprechungen der Gipfel zuvor konnte die Bundeskanzlerin keine Antwort geben. Den Worten müssten nun Taten folgen, so Merkel. Zu oft schon hat man das allerdings gehört, ohne dass Taten gefolgt sind. Bis zur nächsten Katastrophe, bei der wieder hunderte Menschen sterben werden - oder vielleicht sogar über 1000? Man muss sich schon zusammenreißen, um nach dem neuerlichen Flüchtlingsgipfel nicht zum Zyniker zu werden.
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