Esther Gonstalla: "Das Ozeanbuch"

Über die Bedrohung der Meere

Esther Gonstalla: "Das Ozeanbuch“
Esther Gonstalla: "Das Ozeanbuch" © oekom verlag / Esther Gonstalla / dpa / Stephan Jansen
Von Eva Hepper · 26.08.2017
Ihr "Atombuch" und "Klimabuch" wurden vielfach gelobt und ausgezeichnet. Nun legt die Buchgestalterin Esther Gonstalla ihr "Ozeanbuch" vor. In 47 Infografiken verdeutlicht sie die Bedeutung der Meere und die Umweltgefahren für das Ökosystem.
Die linke Buchseite gehört ganz allein vier Thunfischen. Die Tiere sind als zwei Zentimeter große Vignetten dargestellt; in einer Reihe, als schwämmen sie hintereinander her. Ihre unterschiedlichen Farben dienen der Identifizierung als beispielsweise Bonito, Weißer oder Blauflossen-Thunfisch.
Ihnen gegenüber tummeln sich auf der rechten Buchseite 51 Fische in Reih und Glied. Was die Illustrationen bedeuten, erklären die Zahlen unmittelbar über ihnen: links der Thunfischfang im Jahr 1950 mit 0,4 Millionen Tonnen, rechts 2014 mit 5,1 Millionen Tonnen. Die Zahlen sind alarmierend genug, doch wirklich greifbar wird der dramatische Anstieg erst durch die Illustration. Wenn es so weiter ginge wie in den letzten 65 Jahren, wären die Buchseiten 2080 überfüllt und die Meere thunfischfrei.
Der Thunfisch ist von Überfischung bedroht: Infografiken aus dem "Ozeanbuch" von Esther Gonstalla.
Der Thunfisch ist von Überfischung bedroht: Infografiken aus dem "Ozeanbuch" von Esther Gonstalla.© oekom verlag / Esther Gonstalla
Die vielsagende Darstellung ist eine von 47 Infografiken, die Esther Gonstalla in ihrem "Ozeanbuch" versammelt. Darin nimmt die 1985 in Braunschweig geborene Buchgestalterin das größte Ökosystem der Erde unter die Lupe und untersucht, wie es um dieses bestellt ist. Wie in ihren Vorgängerbüchern, dem preisgekrönten "Atombuch" und dem daran anschließenden "Klimabuch", setzt sie auch dieses Mal vor allem auf die Aussagekraft ihrer Bilder.

Fische, Schiffe, PET-Flaschen und Korallen

Bereits auf der ersten Doppelseite zeigt Gonstalla die Bedeutung und Inanspruchnahme der Meere für beziehungsweise durch den Menschen. Adam und Eva stehen Hand in Hand auf dem Globus. Um den herum laufen Embleme: Industrieschlote, PET-Flaschen und Totenköpfe, Fischerboote, Mangroven und Korallen, Thermometer, Strandliegen und vieles mehr.
Sie symbolisieren Positives wie Klimaregulierung, Nahrungs- und Energielieferung, Arbeitsplätze, Transportwege, Vergnügen und Gefahren wie Klimawandel, Verlust der biologischen Artenvielfalt, Überfischung, die industrielle Nutzung des Ozeans und Verschmutzung. Jeder einzelnen Bedrohung widmet Gonstalla im Folgenden ein eigenes Kapitel.

Pointierter kann man die Probleme der Ozeane nicht zeigen

Die Bebilderung gelingt ihr herausragend gut. Mal lässt sie Fische in Reihen auftreten, mal stapelt sie Fischdosen von Buchseite zu Buchseite, mal reiht sie Fischereiflotten aneinander bis Azurblau zu Schwarz wird. An anderer Stelle zeigt sie die Weltkarte mit wogen Weiten zwischen den Kontinenten und nur stecknadelkopfgroßen Schutzzonen darin. Pointierter kann man kaum zeigen, dass die derzeit vier Prozent geschützte Ozeangesamtfläche nicht ausreichen.
Es ist beeindruckend, wie mühelos die Autorin essenzielles Wissen über das komplexe Ökosystem Ozean vermittelt. Mit ihren auf wenige Farben reduzierten und auf den Punkt genauen Bildern skizziert sie auch für Laien gut nachvollziehbar Funktionsweisen, Probleme und deren dramatische Folgen.
Was für ein Kunststück, dass das an keiner Stelle trocken oder bemüht wirkt! Es ist faszinierend, Gonstallas Bilder zu studieren. Und schließlich zeigt sie nicht nur die Problematik der siechenden Meere, sondern auch Lösungsansätze wie nachhaltige Fischzucht oder die Ausweitung von Schutzzonen. Man wünscht diesem Buch viele Leser.

Esther Gonstalla: "Das Ozeanbuch. Über die Bedrohung der Meere", 128 Seiten, 24 Euro, oekom Verlag

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