"Es ist ein Skandal, dass so etwas in der EU möglich ist"

Michael Rediske im Gespräch mit Jan-Christoph Kitzler · 30.12.2010
Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat noch vor der eigenen Jahresbilanz Protest von allen Seiten gegen das neue ungarische Mediengesetz gefordert.
Zwar könne die Europäische Union formal wenig machen, räumte Vorstandssprecher Michael Rediske ein. Deshalb müssten aber gerade im Zuge der Ratspräsidentschaft Ungarns alle protestieren: "Ungarn wird im Mittelpunkt stehen. Das müssen wir dem Herrn Orban sagen, dass es so nicht geht."

Noch vor ein, zwei Jahren habe er so ein Gesetz in Ungarn nicht für möglich gehalten, erklärte Rediske: "Es ist ein Skandal, dass so etwas in der EU möglich ist." Schließlich habe sich auch Ungarn den Grundlagen für die Pressefreiheit der EU angeschlossen. Die in Ungarn weitgehend ausbleibenden Proteste würden zeigen, wie schwach dort noch die ethischen Grundlagen der Zivilgesellschaft seien.

Weltweit stehe es um die Pressefreiheit "stabil schlecht", sagte Rediske. In zwei Dritteln der Länder sei die Pressefreiheit stark gefährdet. 57 Journalisten seien 2010 getötet worden und über 170 seien weltweit inhaftiert: "Das wird derzeit nicht besser."

Im Hinblick auf Deutschland zeigte sich Rediske zufrieden damit, dass die Vorratsdatenspeicherung in ihrer ursprünglich geplanten Form nicht durchgekommen sei. Deutschland liege in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen stabil in der Mitte der EU-Länder. Allerdings gebe es immer wieder Ausreißer. Er verwies auf das Urteil wegen angeblicher Verleumdung gegen zwei Leipziger Journalisten: "Hier hoffen wir allerdings auch, dass eine höhere Instanz, das Oberlandesgericht, dieses Urteil dann auch wieder kassiert."

Sie können das vollständige Gespräch mit Michael Rediske mindestens bis zum 30.5.2011 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.