Erzbischof Schick in Damaskus

"Erstaunlich, wie normal die Menschen leben"

Man sieht ein Geschäft in Damaskus mit Wolle, Kleidung und Chipstüten.
Geöffnete Geschäfte am ersten Tag des Waffenstillstandes Ende Februar 2016 in Damaskus © picture-alliance / dpa / Iliya Pitalev
Erzbischof Ludwig Schick im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 30.03.2016
Im Syrienkrieg seien Christen verfolgt und auch massakriert worden, erklärt der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Momentan lebten Christen und Muslime aber zumindest in Damaskus wieder friedlich miteinander.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick gehört zu den wenigen Menschen aus westlichen Staaten, die in der aktuellen Situation die Möglichkeit haben, sich mit eigenen Augen ein Bild der Lage in Syrien zu machen. Er verbrachte zuletzt einige Tage in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Zwar merke man dort überall, etwa an den Raketeneinschussstellen und den zahlreichen Checkpoints, dass Krieg sei, berichtet er. Doch auch die momentane Waffenruhe wirke sich aus. In Damaskus sei es relativ friedlich. "Es ist erstaunlich, wie normal die Menschen dann auch wieder versuchen, das Leben zu leben, in die Schule gehen, auf die Arbeit zu gehen, und eben alles, was das Leben ausmacht."
Der Impuls zu Schicks Reise sei von den Christen vor Ort ausgegangen. Sie hätten "schon länger signalisiert, ihr lasst uns allein, niemand kümmert sich um uns. Wenn dann schickt ihr materielle Mittel." Das würden sie auch erkennen, so Schick. Doch sie kritisierten: "Aber keiner schaut mal nach uns, wie's uns geht." So habe die Bischofskonferenz beschlossen, persönliche Präsenz zu zeigen, und er sei dann als Vorsitzender Kommission Weltkirche hingefahren.

Religion als Vehikel für Macht

"Jetzt im Augenblick leben die Christen und Muslime in Damaskus wieder friedlich miteinander", berichtet Schick. Die Hilfe, die Christen leisten, komme ja Christen und Muslimen zugute. "Da tut sich vieles auch wieder an Versöhnung und gutem Miteinander."
Doch Christen seien im Krieg auch verfolgt und massakriert worden - nachdem Christen und Muslime in Syrien zuvor Jahrhunderte friedlich miteinander gelebt hätten. Die Radikalen seien allerdings weniger religiös als politisch motiviert. "Religion ist für sie ein Vehikel, um ihre Machtposition zu stärken."
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