Ernst: Auch künftig eine Frau in der Doppelspitze

Klaus Ernst im Gespräch mit Ute Welty · 14.04.2012
Der Vorsitzende der Partei "Die Linke", Klaus Ernst, hat sich dafür ausgesprochen, dass weiter eine Frau in der Doppelspitze der Parteiführung vertreten sein muss. Das sei selbstverständlich und auch in der Satzung festgelegt, so Ernst angesichts des Rücktritts der Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch.
Ute Welty: Heute wird sie vom Bundesvorstand verabschiedet. Gesine Lötzsch, die in dieser Woche vom Amt der Parteivorsitzenden der Linken zurücktrat. Allein an der Spitze der Partei zurück bleibt Klaus Ernst, den ich jetzt, um 8:33 Uhr am Telefon begrüße, guten Morgen.

Klaus Ernst: Guten Morgen, Frau Welty.

Welty: Wissen Sie schon, was Sie Gesine Lötzsch zum Abschied sagen werden?

Ernst: Ja, natürlich weiß ich das. Dass ich gut mit ihr gut zusammengearbeitet habe und dass ich ihr weiter politisch, aber auch persönlich - sie bleibt ja im Bundestag - alles erdenkliche Gute Wünsche.

Welty: Gesine Lötzsch hat sich dafür ausgesprochen, dass mindestens eine Frau an der Spitze der Linken steht. Sie hat sich dagegen ausgesprochen, dass weiter nach Ost und West quotiert wird. Wäre das auch in Ihrem Sinne?

Ernst: Also, selbstverständlich ist es so, dass wir eine Frau mit an der Spitze haben werden. Wir haben in der Satzung unserer Partei festgelegt, dass wir eine Doppelspitze quotiert haben, mindestens eine muss eine Frau sein. Und das werden wir natürlich auch einhalten.

Und die andere Frage, die werden wir am Parteitag entscheiden. Und ich denke, dass es schon sinnvoll ist, zu berücksichtigen, dass diese Partei aus unterschiedlichen Strömungen besteht, die auch mit Ost und West durchaus nicht unzutreffend beschrieben sind.

Welty: Bis zum Parteitag ist noch lange hin, der ist nämlich Anfang Juni. Sie selbst könnten entscheidend dazu beitragen, die Personaldebatte zumindest zu entspannen, wenn Sie sich nämlich offenbaren und sagen, ob Sie noch einmal antreten oder nicht.

Ernst: Ja, das denke ich nun überhaupt nicht, sondern wir müssen jetzt unsere Kraft auf Wahlkämpfe konzentrieren. Wir haben Wahlen in Schleswig-Holstein, wir haben Wahlen in Nordrhein-Westfalen und alle Erfahrung zeigt, dass Parteien, die sich in Wahlkämpfen mit Personalfragen oder mit sich selbst beschäftigen, nicht erfolgreich sind. Das können Sie am besten an der FDP sehen.

Welty: Aber können Sie den Menschen in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen tatsächlich zumuten, dass sie eine Partei wählen, von der sie nicht wissen, von wem sie demnächst geführt wird?

Ernst: Die Menschen in Nordrhein-Westfalen oder in Schleswig-Holstein haben Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten, die in unserer Partei aufgestellt werden und die stehen dort zur Wahl. Und nicht die Vorsitzenden einer Partei.

Welty: Aber der Vorsitzende einer Partei ist doch eine ganz wichtige Persönlichkeit.

Ernst: Ja. Und wir konzentrieren uns jetzt auf Inhalte. Und einer unserer wesentlichen Inhalte, auf die wir uns konzentrieren, ist die Frage der wirtschaftlichen und sozialen Gerechtigkeit in unserem Lande. Es ist nicht mehr zu akzeptieren, wie vorgestern bekannt wurde, dass die Realeinkommen in unserem Lande stagnieren, obwohl die Menschen fleißigst gearbeitet haben und obwohl Zuwächse ökonomisch erzielt wurden, von denen die Menschen abgekoppelt werden. Das ist ein zentrales Thema, die wir in den Wahlkämpfen tatsächlich zur Sprache bringen werden und wollen. Und ich denke, das berührt die Menschen mehr als die Frage, wer die Linke führt.

Welty: Trotzdem wird ja immer weiter debattiert auch über die Haltung von Oskar Lafontaine. Entwickelt sich die Linkspartei zur Partei der schweigenden Männer?

Ernst: Auch Oskar Lafontaine sieht das genauso wie ich. Und wenn Sie Lafontaine ansprechen: Er hat bereits vor über zehn Jahren darauf hingewiesen, dass wir die Finanzmärkte umbauen müssen. Und jetzt merken wir, dass das dringend notwendig ist, weil die Banken die Gesellschaften Europas in Geiselhaft nehmen.

Es ist nicht zu akzeptieren, dass Sie ein Geld für ein Prozent Zinsen von der Europäischen Zentralbank bekommen und zu 12, 13 oder 16 oder 18 Prozent an private Konsumenten, wenn sie ihren Kredit überzogen haben, weiterverleihen. Das sind Dinge, die müssen wir ändern. Und das geht auch nicht, dass die dann den Staaten weiter das Geld zu bei Weitem höheren Zinsen verleihen, als sie es sich selbst bei der EZB leihen.

Das ist ein absolut unsinniges System, das wir ändern wollen. Wir wollen, dass die Staaten sich direkt bei der EZB verschulden können und damit auch vernünftige Zinsen haben und nicht die Bürgerinnen und Bürger durch Senkung der Leistungen des Staates dazu beitragen müssen, dass die Banken ihren Reibach machen. Das geht so nicht. Und Oskar Lafontaine war einer der Ersten, der darauf hingewiesen hat, dass das so ist. Und Oskar Lafontaine ist nach wie vor einer unserer wichtigsten Politiker und das bleibt auch so und das wissen auch die Bürger, auch bei dieser Wahl.

Welty: Klaus Ernst, Parteivorsitzender der Linken im Interview der Ortszeit. Danke dafür!

Ernst: Danke auch!


Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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