Erfundene Dörfer, fiktive Provinzen

Abgründe und Projektionen im neuen Dorfroman

Eine Dorfansicht von Neulietzegöricke im Oderbruch (Brandenburg), fotografiert am 20.04.2016 als Luftaufnahme mit einer Drohne
Dorfansicht von oben: Die Provinz ist eine wunderbare Projektionsfläche. © picture alliance / ZB / Patrick Pleul
Von Sieglinde Geisel · 22.09.2017
Der Dorfroman hat Konjunktur. Nicht nur Bestseller wie Juli Zehs "Unterleuten" oder "Vor dem Fest" von Saša Stanišić spielen auf dem Dorf, sondern auch viele Debüts. Es sind erfundene Orte – und trotzdem: Wer über das Dorf schreibt, hat dafür in der Regel persönliche Gründe.
Das Dorf hat keinen guten Ruf in der Literatur: Statt einer heilen Welt betreten wir lesend nicht selten die Hölle auf Erden. Viele Autorinnen und Autoren stammen vom Land und kehren schreibend ins Dorf ihrer Kindheit zurück, oft in Enge, Not und Drangsal. Andere erhoffen von der Provinz Ruhe, Besinnung und ein anderes, vermeintlich authentisches Leben. Kaum jemand findet, was er oder sie gesucht hat.

Wunderbare Projektionsfläche

Die Provinz ist eine wunderbare Projektionsfläche. Nimmt sie allerdings literarisch Gestalt an, ist der Traum vom Landleben oft nicht wiederzuerkennen. Schriftsteller erfinden Gefühle, so lautet eine These von. Heimat sei ein Ort, heißt es, an dem noch niemand war. Deshalb können wir uns die Heimat nur erzählen lassen. Moderne Dorfgeschichten sind Utopien und Anti-Utopien, angesiedelt im Niemandsland zwischen Mythos, Klischee und so etwas wie der Wirklichkeit.

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