Hannah Arendt und Wolfram Eilenberger

"Diese Bücher wollen was"

Hannah Arendt: Die Freiheit, frei zu sein; Wolfram Eilenberger: Zeit der Zauberer
"Eine Erklärung, wie die Welt heute funktioniert" lieferten Arendt und Eilenberger in ihren Büchern, meint Aguigah © dtv/ Klett-Cotta/ Unsplash
René Aguigah im Gespräch mit Simone Miller · 18.03.2018
Auf der Leipziger Buchmesse haben die Verlage auch zahlreiche philosophische Neuerscheinungen präsentiert. Dem Journalisten René Aguigah gefallen aber eigentlich nur zwei Titel, die zudem eher "retro" anmuten. Was macht sie so erfolgreich?
René Aguigah, Leiter der Abteilung "Kultur und Gesellschaft" bei Deutschlandfunk Kultur, hat unter den aktuell erschienenen Philosophie-Titeln wenig Lesenswertes entdeckt. Seine Diagnose: Die Bücher über 1968 oder Karl Marx, die aus Anlass der diesjährigen Jubiläen erscheinen, bleiben eher hinter den Erwartungen zurück: Einigen Titel merke man an, dass sie vor allem eine "Jahrestagspflicht" erfüllen.
Eingeschlagen seien hingegen vor allem Hannah Arendts "Die Freiheit, frei zu sein" und Wolfram Eilenbergers "Zeit der Zauberer. Das große Jahrzehnt der Philosophie 1919-1929". "Diese Bücher wollen was", so Aguigah. Beide Bücher antworten aus seiner Sicht auf eine "Sehnsucht auf Selbstdeutung" bei den Leserinnen und Lesern - nach einer Erklärung, "wie die Welt heute funktioniert".

Die philosophische Ikone und das kompakte Bildungsangebot

Bei Arendt gehe es um etwas Grundsätzliches, ihr Name wirke als philosophische Ikone und sie sei kaum ideologisch festgelegt, was sie sowohl für Konservative als auch für Linke anschlussfähig mache. Zudem handele es sich hier um einen geschickten Schachzug des Verlags: Einen kleinen Text, der eigentlich wenig Neues sagt, "für wenig Geld in ein Produkt zu verwandeln, dass man so an der Kasse stapeln kann".
Bei Eilenberger hingegen gehe es stärker um ein kompaktes "Bildungsangebot", das zugleich gut geschrieben sei. Das Buch erzählt das Leben und Werk von vier großen Philosophen: Walter Benjamin, Ludwig Wittgenstein, Martin Heidegger und Ernst Cassirer.
Außerdem habe der Autor eine klare Botschaft: Wir heutigen denken immer noch in den Spuren dieser großen Denker - und seit den 1920er Jahren sei eigentlich nichts wirklich Neues mehr gedacht worden. Und schließlich vertrete Eilenberger den Anspruch, das Denken zu erneuern und die akademische Philosophie zu kritisieren.

Wolfram Eilenberger: Zeit der Zauberer
Das große Jahrzehnt der Philosophie 1919 – 1929
Klett-Cotta Verlag 2018
431 Seiten, 25 Euro

Hannah Arendt: Die Freiheit, frei zu sein.
Mit einem Nachwort von Thomas Meyer. Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Andreas Wirthensohn
DTV, München 2018
61 Seiten, 8.- EUR

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