Energieversorgung

Bulgarien im Spagat zwischen EU und Russland

Ein Mann steht an einer Gaspipeline.
Politische Konflikte haben auch Einfluss auf die Handelsbeziehungen, Energielieferungen werden gern als Druckmittel eingesetzt. © dpa/picture alliance/Maxim Shipenkov
Von Ralf Borchard  · 08.10.2014
Durch das Pipeline-Projekt "South Stream" will Bulgarien seine Gasversorgung sichern. Ein lukratives Projekt, das der EU jedoch ein Dorn im Auge ist. Sie hat es jetzt gestoppt - doch es könnte einen Kompromiss zwischen Brüssel und Moskau geben.
Das Projekt gehört zu den schwierigsten Aufgaben der künftigen bulgarischen Regierung. Und es steht wie kein anderes für den Spagat, den Bulgarien vollziehen muss, zwischen Brüssel einerseits – das Land ist seit 2007 EU-Mitglied - und Moskau andererseits, Bulgarien ist zu fast 100 Prozent von russischem Gas abhängig. Mit dem Pipeline-Projekt South Stream will Bulgarien die eigene Versorgung dauerhaft sichern und sich Einnahmen durch den Gas-Transit in Richtung Serbien, Ungarn und Österreich sichern.
"Wir sehen dieses Projekt als Einnahmequelle – durch die Transitgebühren", sagt der bulgarische Wirtschaftsminister Wassil Stonow. "Außerdem rechnen wir in der Bauzeit mit 5000 zusätzlichen Arbeitsplätzen - auch das ist ein Gewinn."
Die Bauverträge liegen auf Eis
Zunächst würden für Bulgarien auch hohe Kosten entstehen. Doch die Hauptlast der Gesamtkosten trägt Russland. Die EU hat die amtierende Übergangsregierung in Sofia allerdings zu einem offiziellen Bau-Stopp gezwungen. Begründung: der russische Energieriese Gazprom wäre gleichzeitig Gas-Lieferant und Betreiber der Pipeline – das widerspricht europäischem Recht. "Die Bauverträge liegen tatsächlich auf Eis", versichert der bulgarische Wirtschaftsminister. "Wir werden nicht versuchen, dieses Projekt gegen den Willen der EU voranzutreiben."
Es gibt in Bulgarien auch Gegner des Projekts. Der Umweltaktivist Petko Kowatschew etwa sagt, South Stream sei zu teuer und diene Russland als politische Waffe:

"Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Korruption. Es geht um enorme Summen. Die Ausschreibungen für den Pipeline-Bau waren absolut undurchsichtig. Gewonnen haben bulgarische Firmen, die mit dem Oligarchen Dejan Peewski und anderen Machtfiguren im Hintergrund verbunden sind."
Wird es einen Deal zwischen Brüssel und Moskau geben?
Kowatschew hält es für möglich, dass sich Brüssel am Ende auf einen Deal mit Moskau einlässt: South Stream darf gebaut werden, wenn es Zugeständnisse im Ukraine-Konflikt gibt. In Einklang mit EU-Recht müsste das Projekt dennoch gebracht werden. Das hat auch der wahrscheinliche künftige bulgarische Regierungschef Bojko Borissow betont. Atanas Tassew, der Borissow in Energiefragen berät, sagt:

"Wenn Borissow an die Macht kommt, wird sich die Sache beruhigen. Er hat sich klar für South Stream ausgesprochen, im Einklang mit EU-Recht. Das erste Gas wird durch die Pipeline zwar nicht wie ursprünglich geplant 2015 fließen. Aber ich denke, dass es 2017 der Fall sein wird."
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