Energieautarkie in Feldheim

    Von Axel Flemming · 20.04.2011
    Bis 2020 will das Land Brandenburg den erneuerbaren Anteil am Primärenergieverbrauch auf 20 Prozent verdoppeln. Deshalb bekam das Land den "Leitstern" 2010 der Agentur für Erneuerbare Energien verliehen. Aber es geht noch mehr: 100 Prozent, das bedeutet komplette Unabhängigkeit von außen. Beispiel und Vorreiter für diese Energieautarkie ist das Dorf Feldheim im Süden des Landes.
    Ein Gabelstapler fährt über die Lindenstraße in Feldheim, die zentrale Achse des kleinen Dorfes mit 145 Einwohnern, danach ist Ruhe, Spatzen und andere Vögel dominieren wieder die Idylle. Feldheim ist die erste Gemeinde Brandenburgs, die sich komplett mit Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien versorgt.

    Im Ort hat die Agrargenossenschaft eine Biogasanlage errichtet. Statt Öl und Erdgas sorgen nun die dorfeigenen Schweine und Felder für die notwendige Wärme. Wärme für die Einfamilienhäuser, den eigenen Betrieb und eine Solarfabrik, die Fotovoltaikanlagen baut. Windräder stehen rings um das Dorf. Eine Frau fegt den Weg zu ihrem Grundstück, seit 1945 wohnt sie hier:

    "Ja mich stören sie nicht, wir haben 42. Ja, warum sollen wir uns nicht freuen. Wir haben jetzt den Strom, ganz Feldheim, kriegen wir den Strom von hier. Und die Heizung haben wir auch. Und die Bauern, sind wir ehrlich, die den Acker haben, wo sie draufstehen, die kriegen ihr Geld. Die sind ja dafür, ne!"

    Der Ort verzeichnet fast Vollbeschäftigung. Die Energiepreise liegen 10 bis 20 Prozent unter dem billigsten Anbieter. Und, wichtig in diesen Zeiten der Diskussion um den Umbau der deutschen Energieversorgung: Der Preis soll sich in den nächsten zehn Jahren nicht ändern. Weder Kohle und Atomstrom noch Heizöl wird nun mehr benötigt.

    Den Bürgermeister der Stadt Treuenbrietzen, zu dem Feldheim gehört, freut das. Michael Knape:

    "Wir gehen nach wie vor ganz stolz davon aus, dass wir der einzige Ort sind, das einzige Dorf in Deutschland, was tatsächlich Strom und Wärme direkt aus regenerativen Energien eben stur Versorgung nutzt vor Ort. Wir haben also nicht nur die Bilanz autark, sondern wir nutzen wirklich den Strom und die Wärme, die vor Ort produziert wird, zur Versorgung unserer Bevölkerung und unserer Unternehmen vor Ort in diesem Ortsteil."

    Das kleine Dorf hat zusammen mit einem örtlichen Unternehmer ein eigenes Stromnetz verlegt, das ist in Deutschland bislang einmalig. Jeder Feldheimer hat für den Anschluss an das Wärmenetz und das Stromnetz jeweils 1500 Euro bezahlt. Der Vorschuss wird sich im Bereich Strom nach den Berechnungen der Planer in knapp sieben Jahren amortisieren.

    In Feldheim kommen die Vorteile der erneuerbaren Energien als Mix zum Tragen. Windanlagen mit einer Gesamtleistung von 74 Megawatt speisen den überschüssigen Strom ins deutsche Netz ein. Das Sonnenkraftwerk auf dem ehemaligen Militärgelände liefert jährlich knapp 2750 Megawattstunden. Bei Flaute und fehlender Sonneneinstrahlung produziert ein Blockheizkraftwerk Strom, das durch die Biogasanlage betrieben wird. Bürgermeister Knape:

    "Seit 29. Oktober letzten Jahres sind wir - quasi offiziell - dürfen wir das ganze auch machen. Dass also noch kein Tag dabei war, wo wir im Dunkeln gesessen haben und auch noch kein Tag dabei war, wo wir wirklich gefroren haben."

    Noch einmal zurück nach Feldheim: Der Informationsbedarf zum Thema Energieunabhängigkeit ist groß. Deshalb soll hier ein Energieforum entstehen, ein Kompetenzzentrum zum Thema neue Energien. Ein Container steht schon vor einem alten zweistöckigen Gebäude mit gelben Backsteinen: Hier entsteht das Neue Energieforum Feldheim NEF, verrät eine Tafel davor.

    "Weil wir eben der Auffassung sind, dass also nicht nur das, was in der Erde ist, was ja so niemand sieht, interessant ist, sondern wirklich auch, wie kann man's eben über die Erde heben. Mit einer gläsernen Leitwarte, die wir dort einrichten wollen, sodass man auch sehen kann: OK jetzt ist gerade günstiger Strom von der Windkraftanlage - alle freuen sich. Wir können nachweisen, jetzt ist vielleicht gerade nicht so günstig, weil die Biogasanlage dort den Strom etwas teurer produziert, das können wir alles zeigen. Und das macht natürlich dann die ganze Sache noch viel spannender.

    Und deswegen eben dieser Container: als Vorbote des eigentlichen NEF. Und wir hoffen, das wir die entsprechenden Unterstützungen des Landes, des Bundes dafür bekommen, dieses Projekt auch in den nächsten Jahren auch mit umzusetzen."

    Noch ist das Ganze abgesperrt mit gelb-schwarzem Flatterband, auf dem "Achtung Starkstrom" steht. Ein Projekt der energieautarken Gemeinde Feldheim.

    Programmtipp:
    Erneuerbare Energie als Chance für Deutschland? -
    Ideen, Projekte & Versuche: Die Energie-Reihe im Deutschlandradio Kultur
    Sammelportal: Erneuerbare Energien
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