Emotionales Spannungsdreieck

Rezensiert von Marko Martin · 16.11.2005
In Almudena Grandes Roman "Luftschlösser" geht es um zwei Männer und eine Frau, es ein hoch emotionales Spannungsdreieck aus Lust, Liebe, Verrat und Treue. Wer die Bücher der spanischen Erfolgsautorin kennt, wird auch in ihrem neuesten Roman ein altbekanntes Muster wieder erkennen.
Sie hat es also erneut getan. Zwei Männer und eine Frau, ein hoch emotionales Spannungsdreieck aus Lust, Liebe, Verrat und Treue. Wer die Bücher der spanischen Erfolgsautorin Almudena Grandes kennt, wird auch in "Luftschlösser", ihrem neuesten und soeben bei Rowohlt auch auf deutsch erschienenem Roman, ein altbekanntes Muster wiedererkennen. Indes: Auf einmal waren's nur noch drei – gemessen jedenfalls an "Lulú", dem skandalumrankten Debüt, in welchem eine junge Spanierin nur dann Befriedigung empfinden konnte, wenn sie gleichaltrigen homosexuellen oder bisexuellen Männern beim Liebesspiel zuschauen beziehungsweise, nun ja, zur Hand gehen konnte.

Bereits dieser Roman der 1960 Geborenen aber ließ sich nicht auf seinen das simpel Pornographische quasi noch übertrumpfenden Inhalt reduzieren: Ähnlich wie in den frühen Filmen Pedro Almodovars spielte der gesellschaftliche Subtext, will heißen das jähe lebensweltliche Erwachen Spanien nach dem Ende der Franco-Diktatur, die entscheidende Rolle. Doch so, wie Almodovar in seinen späteren Filmen immer mehr das Schrill-Provokative gegen das Subtil-Melancholische, ja Tragische auszutauschen verstand, so eignet sich auch der Roman "Luftschlösser" nicht zum gierigen Blättern nach jenen 'gewissen Stellen'.

Erotisches fehlt dabei keineswegs, viel wichtiger aber ist das Nachspüren einer Geschichte, die vor zwanzig Jahren die Kunststudentin Maria an den (vermeintlich) draufgängerischen Jaime und den (vermeintlich) introvertiert-selbstgenügsamen Marcos band. Der Rahmen des Ganzen ist dabei durchaus konventionell: Zwei Jahrzehnte später sind Maria und Jaime von ihren jeweiligen Ehepartnern längst wieder geschieden, Marcos dagegen hat Selbstmord begangen. Nach einer langen Zeit der Distanz treffen nun die beiden Überlebenden jener ménage á trois wieder aufeinander und erinnern sich, inzwischen einander ziemlich fremd geworden, an die damaligen Geschehnisse, befragen Gesten und angeblich unwichtige Episoden auf Signale, die damals vielleicht übersehen wurden.

Almudena Grandes' Protagonisten blicken damit noch einmal auf die wilde Zeit der späten siebziger und frühen achtziger Jahre zurück, doch tun sie dies mit einer Reife, welche die damals bereits existenten Verwerfungen nicht kaschiert. In den klugen Worten György Kónrads: "Wenn die Demokratie kommt, beginnen die Probleme des Erwachsenseins." "Luftschlösser" ist solch ein Erwachsenen-Buch, in Sprache und Struktur sicherlich kein Epochenwerk, doch immerhin ein guter Roman – und das ist schließlich nicht nur heute, sondern zu allen Zeiten etwas durchaus Beachtliches.


Almudena Grandes: Luftschlösser. Roman. Aus dem Spanischen von Sabine Giersberg. Rowohlt Verlag, Hamburg 2005, 174 S., geb., 17,80 Euro.