Eine Vorliebe für fantastische Geschichten

Von Jörg Taszman · 28.09.2010
Schon in "Arthur und die Minimoys" hat Luc Besson sein Faible für abgedrehte Geschichten offenbart. Mit seinem neuen Film treibt er das Spiel fort und schickt mit Louise Bourgoin als Adele eine ebenso schöne wie unerschrockene Heldin in märchenhafte Abenteuer.
Eigentlich wollte Luc Besson schon vor einigen Jahren keine Filme mehr als Regisseur drehen und nur noch produzieren. Aber dann folgten mit "Angel_A" und den beiden "Arthur und die Minimoys"-Filmen gleich drei Filme. Nun hat Besson sogar einen Comic des in Frankreich sehr bekannten Jacques Tardi verfilmt. Ist die Lust am Filmemachen wieder zurückgekehrt?

Luc Besson: "Ich bin ein wenig kürzergetreten eine Zeitlang, weil ich müde war und die Lust verloren hatte, Regie zu führen. Wenn du es gut machen willst, verlangt dir Regie viel ab. Du gibst dafür dein Blut, dein Hirn, deine Zeit. Dieser Beruf schlaucht sehr. Nach 30 Jahren bist du dann ein wenig abgenutzt. Das war einfach natürlich, dass ich sagte, mir fehlt die Lust, ich mag nicht mehr. Dann muss man weiter leben, die Bäume und Menschen betrachten, mit anderen Leben. Es ist auch sehr narzisstisch, Regisseur zu sein. Man hat seine Vision, seinen Film und schreit immer nur ICH; ICH; ICH. Nach einer Weile nervt mich das. Dann will ich auch andere sehen, andere produzieren. Natürlich kommt dann die Lust auf das Filmemachen zurück. Das hängt von den Menschen ab, die man trifft, und dem Thema."

Besson nennt auch viele schlechte Gründe, die es gibt, einen Film zu machen. Beispielsweise in Hollywood zu drehen, wenn man dabei seine Handschrift aufgibt, weil das Budget alles diktiert. Genau aus diesen falschen Gründen sollte man keinesfalls Regie führen, meint der wohl mächtigste Regisseur und Produzent Frankreichs.

In den letzten Jahren hat Besson nach mehreren gescheiterten Ehen mit Schauspielerinnen eine Familie gegründet und ist ein wenig ruhiger geworden. So fing er an, den Kinderfilm "Arthur und die Minimoys" zu drehen und auch "Adele und das Geheimnis des Pharaos" richtet sich an die ganze Familie. Es ist ein amüsanter Spaß und spielt in einem Bilderbuch-Paris vor dem Ersten Weltkrieg. Vor allem die ersten rasanten Filmminuten erinnern an die Welt des "Amélie"- oder "Micmacs"-Regisseurs Jean Pierre Jeunet. Hat ihn die wunderbare Welt von Jeunet beeinflusst?

"Nein, ganz und gar nicht. Es ist ein Regisseur, den ich sehr mag, ein persönlicher Freund und er hat seine eigene Welt. Dieses Universum ist sehr speziell und muss intakt bleiben. Es ähnelt ihm. Was jetzt die Ähnlichkeiten von Adele betrifft, so hat das nur mit der Epoche zu tun, in der mein Film spielt. Jeunet ist aber ein Fan von Jacques Tardi. Sie kennen sich. Vielleicht finden sich da gewisse Gemeinsamkeiten bei ihm und bei mir. Aber es gibt zwischen unseren beiden Filmwelten keine direkte Verbindung."

Sympathisch an Luc Bessons neuem Film ist die burschikose weibliche Heldin Adele, die wie ein weiblicher Indiana Jones in Afrika und Paris Abenteuer mit einer Mumie, einem Flugdrachen, korrupten Beamten und sogar dem Präsidenten der Republik erlebt. Gespielt wird Adele von der sehr charmanten und vielseitigen Louise Bourgoin. Die 28-jährige Französin genießt in Frankreich Kultstatus. Jahrelang zog sie als unorthodoxe Wetterfee Frankreichs Promis durch den Kakao. Besonders witzig sind ihre Imitationen von Carla Bruni.

Louise Bourgoin liebt es, bei öffentlichen Auftritten Aufmerksamkeit zu erregen, zu flirten. Sie verwirrt auch gerne Journalisten, indem sie einen perfekten Satz auf Deutsch sagt und dann Französisch weiter redet. Zu Luc Besson hat sie ein sehr freundschaftliches und inniges Verhältnis.

Louise Bourgoin: "Ich war schon immer ein wenig Kindfrau. Luc ist sehr väterlich mit mir und kneift mir in die Wange, als sei ich sein achtjähriges Kind. Auch die Regisseurin Anne Fontaine, mit der ich meinen ersten Film 'Das Mädchen von Monaco' drehte, hat mich so beschützt wie eine Adoptivmutter. Das bereitet mir die größte Freude, auch wenn es wenig bizarr und vielleucht ungesund ist."

Schon wegen Louise Bourgoin lohnt sich der Film. Sie ist - auch wenn sie es selber nicht gerne hört - durchaus sehr sexy als Adele, vor allem wenn sie nackt in der Badewanne liegt und raucht. Dabei ist Louise Bourgoin so stolz darauf, dass ihre Heldin nicht ihr Sexappeal einsetzt, um sich in einer Männerwelt zu behaupten. Und auch die in Hollywood wohl üblich gewesene Liebesgesichte fehlt völlig. Selbst ist die Frau in der Welt von Luc Besson.