Eine Lange Nacht über Krankheit, Heilung und Gesundheit

Befund und Befindlichkeit

ILLUSTRATION - Ein Stethoskop liegt am 01.04.2015 in Berlin auf einem Notenblatt der 4. Sinfonie in d-Moll von Robert Schumann.
Ein Stethoskop liegt auf einem Notenblatt. © dpa / picture-alliance / Jens Kalaene
Von Burkhard Reinartz · 22.04.2017
Weltweit steigt die Zahl der therapieresistenten chronischen Krankheiten. Immer mehr Patienten wenden sich komplementären Heilverfahren zu. Sind Körper und Seele feiner verwoben als die Schulmedizin annimmt?
Was macht Gesundheit und Krankheit in der Erfahrung von Menschen aus?
Der Schweizer Arzt und Psychiater Jakob Bösch litt unter Depressionen und versöhnt heute Schulmedizin und komplementäre Heilmethoden. Die 77-jährige Gesundheitsprofessorin Annelie Keil hat einen Herzinfarkt und drei Krebserkrankungen überlebt.
Eine Lange Nacht über die Kunst, achtsam mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen.
Erfolg und Misserfolg von Heilung
Jakob Bösch: "Was wir wissen bezüglich Erfolg oder Misserfolg von Heilung ist, dass es eben sehr individuell ist, dass es keine allgemeingültigen Regeln gibt. Auch in der Schulmedizin können wir im einzelnen Fall nicht sagen, wann eine Heilung stattfinden kann und wann nicht. Wir haben zwar statistische Daten, wo man sagen kann, bei dieser Krankheit haben wir 30 Prozent Erfolg, bei der anderen 90 Prozent, aber beim einzelnen Menschen lässt sich das weder beim spirituellen Heilen noch in der Schulmedizin voraussagen.

Der Schweizer Arzt Jakob Bösch hat lange Jahre die Klinik der Psychiatrie Basel Land geleitet. Der Psychiater und Sohn eines Bergbauern ist Grenzgänger zwischen Schulmedizin und dem, was früher "alternative Heilmethoden" genannt wurde. "Komplementär" nennt der Jakob Bösch Heilverfahren, welche die klassische Medizin ergänzen. Sein Einwand gegen die Schulmedizin: ein zu enges Bild von Krankheit und Gesundheit.
Weltweit nimmt die Zahl der therapieresistenten chronischen Krankheiten zu. Nur zwanzig Prozent der schulmedizinischen Therapien sind erfolgreich. Psychische Störungen wie Ängste und Depressionen expandieren. Stärke der Schulmedizin: Sicherung der Körperfunktion bei Unfällen und akuten Notfällen wie Herzinfarkt, Darmverschluss oder Lungenembolie. Schwäche der Schulmedizin: Heilung von chronischen Krankheiten mit seelischen Anteilen. Heute die Mehrzahl aller Erkrankungen. Die Schulmedizin sieht in der Materie die Ursache aller Vorgänge, in der Krankheit eine Störung auf der Ebene der Substanzen. Die Therapie: Vernichtung von Viren, Bakterien, defekten Zellen. Krankheit als Schlachtfeld.
Jakob Bösch: "Wir können die Krankheiten nicht zum Verschwinden bringen, wir versuchen das aber ständig. Es ist eine uralte Weisheit, dass das, was wir bekämpfen, sich uns entgegen stellten. Je mehr wir die Krankheiten bekämpfen, umso mehr nehmen sie überhand. Das ist ein ganz anderes Denken, dass die Krankheiten zufällige Fehler sind, wenn man davon ausgeht, dann kann man natürlich sagen: Okay, wir können auf körperlicher Basis, aber auch auf sozialer die Bedingungen verbessern, indem wir diese Fehler ausmerzen, ausrotten. Das war durchaus mal ein sinnvolles Ziel, aber es ist zu einem Un-Ziel geworden. In der Medizin hat man das noch nicht erkannt."

Jakob Bösch
Spirituelles Heilen und Schulmedizin
Lokwort Verlag Bern 2002
Parallel zu den täglichen Meldungen über wissenschaftliche Fortschritte verabschiedet sich ein wachsender Teil unserer Bevölkerung von einer einseitig schulmedizinischen Behandlung. Die "moderne" Medizin liegt auf der Notfallstation, weil den Menschen andere Methoden oft besser helfen. Und doch geht es im vorliegenden Buch nicht so sehr um besser oder schlechter, sondern um das Verbinden von zwei scheinbar gegensätzlichen Auffassungen, die letztendlich beide an ihren direkten Erfolgen, Nebenwirkungen und Kosten gemessen werden.
In dieser Hinsicht vergrössert sich die Akzeptanz gegenüber den geistigen, spirituellen Heilbehandlungen - gerade wegen den erzielten Resultaten und dem Umstand, dass die zahlreichen Therapien auch wissenschaftlich begleitet wurden. Spirituelles Heilen und Schulmedizin werden immer mehr zu gleichwertigen Grössen, befruchten sich gegenseitig und führen zum zweiten Erwachen der medizinischen Wissenschaft. Und sie dienen damit dem Heil suchenden Menschen, der zugleich an sein inneres, stets vorhandenes Wissen zurückgeführt wird.

Psychiatrische Klinik Basel Land. Vierter Stock. Ein langer Flur. Die Türschilder weisen die Funktionen des Personals aus: Oberarzt, Stationsschwester, Chefarzt Dr. Jakob Bösch. Dann ein Zimmer mit dem Türschild "Heilerin".
Anouk Claes: "Man nennt mich so. Ich selber benutze das Wort nicht. Ich gehe davon aus, dass ich dem Menschen, in dem Moment, das er bei mir ist, das Richtige mitgebe. Es kommt natürlich vor, dass ich Menschen nicht helfen kann. Zum Beispiel: Ich hatte eine ältere Frau, die war am Erblinden, Ich kann da nichts machen. Aber ich hab ihr geholfen, schlussendlich das zu akzeptieren."
Anouk Claes hat den Psychiater Jakob Bösch bei vielen Erst-Anamnesen eines Patienten begleitet:
Jakob Bösch: "Es ist schon so, dass die Zusammenarbeit mit einer Heilerin Vorteile bringt in fachlicher Hinsicht, indem ich weit tiefer die Zusammenhänge erkennen kann. Bei manchen Patienten ergibt sich erst aus dieser Zusammenarbeit eine Heilungschance. Bei vielen Patienten, beispielsweise bei den chronischen Depressionen, bei den chronischen Schmerzen kommen wir fast nicht voran. Das ist selten so im Zusammenarbeit mit der Heilerin."

Energetisches Heilen provoziert, weil es auf jede materielle Einwirkung verzichtet und dadurch das Weltbild der Schulmedizin auf den Kopf stellt. Die Naturwissenschaft geht davon aus, dass Menschen rein materielle Wesen sind und deswegen materieller Eingriffe bedürfen, um Krankheiten zu heilen. Materiell sind alle chemischen Medikamente, aber auch Naturheilmittel, Bestrahlungen oder Operationen. Ein geistig spirituelles Menschenbild führt zu anderen Behandlungsmethoden. Energetische Heiler spritzen nicht, verordnen keine Salben oder Pillen. Vordergründig tun sie nichts, was Menschen von einer hilfreichen Behandlung erwarten. Die Bandbreite der Heilmethoden reicht von Beten, Handauflegen bis zu Tranceheilungen. Manche Menschen scheinen die Gabe zu haben, Krankheiten ohne Medikamente und physische Hilfsmittel positiv beeinflussen zu können.
Heiler versuchen, die Selbstheilungskräfte des Patienten zu stärken. Einige verstehen sich als Kanal für eine hilfreiche göttliche Energie, andere sprechen von einem stärkenden Strom der Liebe, den sie in Körper und Seele der Patienten leiten. Sie vermuten, dass chronisch kranke Menschen in seelischen Verletzungen feststecken. Diese Kränkungen führen zu negativen Gedanken- und Handlungsmustern. Werden diese chronisch, entstehen oft körperliche Symptome.
Jakob Bösch: "Wir haben eine Fülle von experimentellen Daten, die belegen, dass wir geistig seelisch oder man kann auch sagen mental auf andere Organismen einwirken können, auf Menschen, auf Tiere, auf Pflanzen. Wir wissen zwar vieles über die Lichtkommunikation zwischen den Zellen, über elektromagnetische Felder, die wir in uns und um uns haben, aber diese Dinge in einzelnen zu beschreiben, das bedeutet noch einiges an Arbeit.
Jakob Bösch, Psychiater und emeritierter Privatdozent an der Baseler Universität, war und ist ein leidenschaftlicher Anhänger der klassischen Medizin. Heute sagt er: Die Schulmedizin hat in einigen Bereichen den erfahrungswissenschaftlichen Weg verlassen. Wenn es um geistige Heilmethoden geht, ist die vorurteilsfreie Bestandsaufnahme einer glaubensähnlichen Abwehrhaltung gewichen.
Jakob Bösch: "Man ist a priori dafür oder dagegen und man kann die Menschen auch nicht mit wissenschaftlichen Studien von etwas anderem überzeugen. Die Wandlung geht über das persönliche Leben. Sei es, dass man selber erkrankt, dass ein Kind erkrankt, dass man vielleicht Patienten hat, die durch eine beispielsweise komplementärmedizinische Behandlung oder durch Geistheilen eindrückliche Besserung erfahren – so geschehen die Veränderungen, aber nicht durch Studienresultate. Da ist eine Struktur in uns, die ist in der Regel zu starr."
Anders als in England gibt es in der Schweiz und in Deutschland bislang kaum eine Zusammenarbeit von Schulmedizinern und Heilern. Seit 1985 trägt der britische Gesundheitsdienst die Kosten für energetisches Heilen, wenn ein Arzt sie verordnet. Auf 22.000 niedergelassene Ärzte kommen in Großbritannien 14.000 registrierte Heiler. In Deutschland wendet sich jeder Zweite, in den USA über 80 Prozent der Patienten der Komplementärmedizin zu.
Dass geistiges Heilen in vielen Fällen positiv wirkt, ist belegt. Warum es wirkt, ist noch nicht ausreichend erforscht. Die Therapieziele geistigen Heilens sind weiter gefasst als die reine Symptombeseitigung der Schulmedizin. Steigerung der Lebensqualität, Momente von Glück und Zufriedenheit, Einverstanden sein mit dem, was ist, lassen sich statistisch nur schwer messen.
Warum bin ich krank geworden?
Ein unauffälliges Haus in der Kleinstadt Siegburg bei Bonn. Hier arbeiten der ehemalige Orthopäde Wolfgang Bittscheidt und die Heilerin Teresa Schul in ihrer Praxis für energetische Medizin.
Wolfgang Bittscheidt: "Im Vergleich zu meiner Arbeit als Orthopäde – ich hab die Arbeit begeistert ausgeführt – muss ich heute sagen: ich komme viel näher und viel tiefer mit dem Patienten in Kontakt. Wenn heute ein Patient zu mir kommt, der hat eine Odyssee hinter sich an Ärzten. Und dann frag ich ihn: Warum kommen Sie denn jetzt zum Heiler? Und versuchen Sie es nicht mit dem elften oder zwölften Arztbesuch. Und dann sagt er: Ich habe nicht das bekommen, was ich gesucht habe. Meinen Sie, dass Ihre Schmerzen nicht weg sind? Nein, das ist noch etwas viel grundlegenderes. - Ein solches Gespräch hab ich als Orthopäde nie geführt. Als Orthopäde habe ich einen Kampf gegen Symptome geführt.
Teresa Schuhl: "Es ist das Verständnis, was der Patient von dem Arzt oder Therapeuten sucht, das Verständnis, warum bin ich krank geworden? Was ist passiert mit mir, dass ich aus der Bahn geworfen bin, dass ich leide, dass ich mein Leben so nicht weiter leben kann? 11 Für mich als Heilerin ist es wichtig, dass ein Mensch berührt wird an einem tiefen Punkt in sich, der ihn daran erinnert, wer er ist, der ihn daran erinnert, wach zu werden, anzukommen in sich selbst. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass wenn man diesen Punkt in sich erreicht, Heilung geschieht, weiß auch, dass die Heilung immer so geschieht, wie wir uns das nie vorstellen.
Wolfgang Bittscheidt: "Ich gebe dem Patienten Optimismus. Wenn er ankommt und sagt, ich habe bisher eine Chemotherapie bekommen und eine Bestrahlungsserie und jetzt hat mir der Onkologe gesagt, er kann leider nichts mehr für mich tun. Dann sage ich: Nun setzen sie sich mal dahin, wir reden mal über alles und in kürzester Zeit, nachdem der Patient seine akute Not mir dargelegt hat aufgrund der Krankheit, spricht er oft über Dinge, die ihn sein ganzes Leben bedrückt, belastet haben, bei denen er aber nicht das Gefühl hatte, es mit irgendeinem teilen zu können, um seine Seele zu erleichtern. Wir wissen ja von der Psychoneuroimmunologie, dass diese Dinge so sehr ineinander greifen, das Seelische, das Körperliche, mein Gewissen."
Wolfgang Bittscheidt erzählt, dass er als Schulmediziner anfänglich auch Vorurteile gegenüber dem energetischen Heilen hatte. Erst die kaum mehr möglich gehaltene Gesundung von einer lebensbedrohlichen Krankheit öffnete ihn für neue Wege der Heilung.
Wolfgang Bittscheidt: "Ich habe mich lange gegen den Begriff Geistiges Heilen gewehrt. Man sagt vielleicht besser statt geistigem Heilen besser energetisches Heilen. Es geht um meine inneren Kräfte. Die Griechen haben gesagt: erkenne dich selbst, geh in dein tiefstes Inneres. Dort findest du Heilung."
Um Schulmedizin und energetisches Heilen zu verbinden, haben der Arzt und die Heilerin die "Ärzteakademie für geistiges Heilen" gegründet.

Wolfgang Bittscheidt
Vom Geist des Heilens – die Rückkehr der Ganzheit
Scorpio Verlag München 2016
Dieses Buch wendet sich an Ärzte, Therapeuten und Menschen, die ernsthaft nach ihren Wurzeln suchen. Der Autor erzählt von seinen Erfahrungen, die ihn vom Schulmediziner zum Heiler, vom Suchenden zum Lehrenden, vom Patienten auf einer Intensivstation zum einem Geheilten werden ließen. Dabei zeigt Bittscheidt, basierend auf seinem fundiertem Wissen als Schulmediziner und seinen persönlichen Erfahrungen als Heiler, wie tiefe Spiritualität und neueste Naturwissenschaft zu einer Einheit werden können. Bodenständig offenbart er dem Leser authentisch seinen persönlichen Weg, der ihn schließlich dahin geführt hat, das Wesen der Ganzheit in der Medizin zu erfahren, selbst anzuwenden und heute in der von ihm gegründeten Akademie zu lehren. Seine vergleichende Betrachtung des Wissens alter Heilkunst und moderner westlicher Medizin und Quantenphysik gewährten ihm tiefe Einblicke in die ursprüngliche Kraft antiker Kulturen und ermöglichten ihm, eine für die heutige Zeit entsprechende Ausdrucksform zu finden und in diesem Buch weiterzugeben.

Teresa Schuhl: "Ich habe gelernt in diesen vierzehn Jahren als Heilerin, dass es drei Säulen der Krankheit gibt. Wir werden krank und wenn wir dann etwas verändern in unserem Leben, dann verlässt uns auch die Krankheit. Durch das Kranksein waren wir aufgefordert, etwas zu ändern. Die zweite Art der Krankheit ist, dass wir manchmal eine Krankheit durch das ganze Leben tragen. Und durch das Tragen der Krankheit eine Art Demut erleben, eine Art inneres Wachstum, eine tiefe Erkenntnis erfahren können. Leider bleiben Menschen oft in der Verbitterung stecken, weil sie das als Strafe sehen, aber da steckt etwas wunderbares dahinter. Das hab ich selbst erlebt. Ich bin nicht immer gesund gewesen, daher weiß ich, dass uns ein großer innerer Prozess begleitet, damit wir erkennen, was Mensch sein bedeutet. Und die dritte Art der Krankheit ist das Loslassen: dass wir krank werden, weil unser Leben langsam zur Neige geht."
Teresa Schuhl glaubt, dass sie die Kraft, die sie kranken Menschen gibt, einer göttlichen Quelle verdankt. Damit sei nichts typisch Religiöses gemeint, sondern etwas Universelles.
Oft beobachte ich, wenn Menschen in unsere Praxis kommen, dass sie schon bei zwanzig Ärzten waren, bei zwanzig Heilpraktikern und bei dreißig Heilern, immer auf der Suche. Und da merke ich, wie gehetzt dieser Mensch ist. Und ich merke auch, was sie suchen. Sie suchen jemand, der auf den Knopf drückt und alles ist wieder so wie es war, damit sie genauso wieder schnell weiter machen können. Und dann bin ich auch ganz konkret und sage: Wenn Sie so weiter rennen, rennen sie den Abhang runter. Das ist manchmal meine Pflicht als Heilerin. Krank sein ist ein Prozess des Langsam Werdens, des innerlich werden. Wenn wir krank sind, befassen wir uns mit dem Wesentlichen. Wenn wir gesund sind, befassen wir uns oft mit dem unwesentlichen. Oft ist es so, dass wir durch das Kranksein Dinge nicht mehr können. Wir können nicht mehr laufen, wir können nicht mehr sehen, weil die Augen schlecht werden, wir können vielleicht nicht mehr hören. Aber immer dann, wenn in uns gewisse Sinne nicht mehr funktionieren, erwacht etwas anderes. Und wenn wir es schaffen, genau in diesem Prozess das, was wir verloren haben, loszulassen, gewinnen wir eine andere Intensität des Lebens, wir gewinnen eine andere Wahrnehmung für das, was ist, wir gewinnen einen anderen Blick für das Wesentliche.
Der Arzt als Impulsgeber für die Selbstheilungskräfte des Patienten
Für ein zehnminütiges Gespräch erhält ein Arzt einen Bruchteil des Honorars einer Computertomografie des Kniegelenks. Die geltende Gebührenordnung fördert die Distanz zwischen Arzt und Patient. Für Paracelsus von Hohenheim war das wichtigste Heilmittel die Beziehung zwischen Arzt und Patient. Der Arzt als Impulsgeber für die Selbstheilungskräfte des Patienten: Beziehungsmedizin.
"Die beste Arznei ist der Mensch. Der höchste Grund der Arznei ist die Liebe!" (Paracelsus)
Was Paracelsus von Hohenheim vor 500 Jahren schrieb, beginnt heute – wenn auch noch sehr langsam – in die Ausbildung junger Mediziner einzufließen. Auf einer Ringvorlesung der Frankfurter Universität mit dem Titel "Was hilft Heilen" wandte sich der Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen 2014 in einer Vorlesung an die künftigen Mediziner.
"Ihr seid das Medikament! Die Wirkung von jedem Schmerzmittel hängt zu 35% davon ab, mit welchen Worten, welcher Haltung und welcher Zuwendung ihr es verabreicht.
Am besten schreibt ihr einmal auf, warum ihr Medizin studieren wollt und was ihr anders machen wollt. Schaut in jedem Semester auf den Zettel und checkt, ob ihr auf der richtigen Spur seid.
Begegnet und berührt Menschen so, wie es ihnen gut tut. Und pflegt euren Humor! Humor beginnt da, wo der Spaß aufhört. Humor ist nichts Oberflächliches, sondern das tiefe Verständnis davon, dass Dinge manchmal nicht zu ändern sind, dass das Leben gleichzeitig schön und schrecklich ist, und dass wir aus Staub kommen und zu Staub werden und dazwischen viel Staub aufzuwirbeln.
Verschenkt, wo ihr könnt, ein Lächeln, und eine Berührung. Steckt andere an!
Die Stiftung HUMOR HILFT HEILEN von Dr. Eckart von Hirschhausen

Eckart von Hirschhausen
Wunder wirken Wunder
Wie Medizin und Magie uns heilen
Rowohlt 2016
Die Wissenschaft hat die Magie aus der Medizin vertrieben, aber nicht aus den Menschen. Eckart von Hirschhausen macht sich auf, den Streit zwischen Schul- und Alternativmedizin zu entkrampfen. Spielerisch wechselt er die Perspektiven, von klaren Worten zu wunderbarer Komik, von Hintergrundwissen zu Selbsterfahrung, von Anklage zur Anekdote. Mal als Arzt, mal als Zauberer, mal als Patient – aber immer als Mensch.
Mit viel Humor zeigt er, wie jeder mit geschärftem Blick bessere Entscheidungen für die eigene Gesundheit treffen kann, was jeder für sich tun oder besser auch lassen sollte: Warum wirken Placebos sogar, wenn man nicht an sie glaubt? Warum ist Nicht-Pusten unterlassene Hilfeleistung? Und wirken Klangschalen besser als Kortison? Jetzt mal Buddha bei die Fische! Klartext statt Beipackzettel. Was ist fauler Zauber, was heilsame Selbsttäuschung? Und wenn wir so viele Möglichkeiten haben, mit dem Geist den Körper zu beeinflussen - warum tun wir es so selten gezielt?

Es gibt Krankheiten, die keinerlei Sinn erkennen lassen.
Krankheit ist immer auch Mysterium. Vielleicht Ist es ein Stück geheimer Gewalt, wenn der Gesunde dem Kranken seine Krankheit nicht lassen will. Eine versteckte Selbstsorge, die mehr dem eigenen Wohlbefinden dient als dem des Kranken.
Jakob Bösch: "Ich würde niemals eine Botschaft allgemein für eine Krankheit postulieren. Das funktioniert nicht. Und ich glaube, in dem Sinne müssen wir in der Schulmedizin noch gewaltige Fortschritte machen, dass wir nicht einheitliche Ursachen für einheitlich beschriebene Krankheiten annehmen. Wenn wir wirklich hilfreich sein wollen, dann sollen wir den Menschen helfen, die Botschaft, die darin ist, die damit verbunden ist, genau zu verstehen.
Es gibt keine Krebspersönlichkeit, die ihre Gefühle verdrängt und dafür die Quittung bekommt. Der aggressionsgehemmte Migränetyp, der liebessüchtige Magenkranke sind Verkürzungen. Körper und Seele sind unendlich feiner verwoben als die alten psychosomatischen Konzepte suggerieren. Jeder Gedanke, jedes Gefühl verändert das biochemische Gleichgewicht des Körpers. Und beeinflusst die Funktion jeder einzelnen Zelle. Das hat inzwischen auch die Psychoneuroimmunologie nachgewiesen. Der Körper erzählt die wahrste Geschichte über einen Menschen. Was er aus seinem Leben gemacht hat und was das Leben aus ihm gemacht hat. Alles, was ein Mensch erlebt hat, ist in seinem Körper gespeichert. Jede Zelle erinnert sich.
Allein wenn wir uns vorstellen: Dieses Wunder des Organismus: ein Herz, eine Leber, eine Milz. Die Gefühlslandschaften. Vom ersten Moment der Zeugung bereits haben wir eine Werkstatt auszubilden, die aber nicht garantiert, dass wir gesund bleiben, sondern, dass wir mit dieser Werkstatt, die sieben Sinne, Hände, Füße, einen Organismus ausbilden und der hat vom ersten bis zum letzten Moment keine Minute Pause. Der kann nicht in Urlaub, der kann nicht in Teilzeitarbeit, der wird übrigens schlecht behandelt von uns und wenn er nicht funktioniert, kriegt er eine Ohrfeige. Er wird beschimpft. Wenn wir selber so beschimpft würden, wie wenn wir unseren Körper beschimpfen, wenn wir krank ist, dann würden wir auch nicht mehr gesund werden wollen.
Über die Lebenskunst, Gesundheit und Krankheit heilsam auszubalancieren
Die Bremer Gesundheitsprofessorin Annelie Keil; Jahrgang 1939, kennt sich bestens aus mit Gesundheit und Krankheit. Sie war eine der ersten weiblichen Professorinnen Deutschland und schult heute Ärzte und Pflegepersonal in der Hospizarbeit. Annelie Keil erzählt über die Lebenskunst, Gesundheit und Krankheit heilsam auszubalancieren. Sie weiß genau, wovon sie spricht. Nicht zuletzt durch einen Herzinfarkt und überstandene Krebskrankheiten.

Auf die Frage "Was hilft heilen?" gab Prof. Annelie Keil am 29. Juni in der gleichnamigen Ringvorlesung des Instituts für Allgemeinmedizin eine schlichte Antwort: "Das Leben selbst!"

Die Homepage von Annelie Keil
Annelie Keil: "Wir reduzieren die Komplexität Mensch und das hat sich in unseren Gesundheitsbegriff so eingeschlichen, dass wir auf so dumme Definitionen kommen wie Gesundheit sei die Abwesenheit von Krankheit. Die WHO hat ja in den 80erJahren einen anderen Begriff vorgeschlagen, nämlich den des Wohlbefindens. Da haben wir das Befinden. Befindlichkeits-Störungen nenne ich Suchbewegungen. Der Körper oder die Seele ist an irgendeiner Stelle überfordert. Deshalb hat die WHO damals zu Recht gesagt, Gesundheit ist ein umfassendes, ein integriertes Wohlbefinden, wo Körper, Geist und Seele, aber auch die sozialen und die spirituellen Bedingungen dazu kommen.
Wichtig ist: nicht der Arm oder das Herz wird krank, sondern der ganze Mensch. Wir sahen: In der Lehre der Krankheiten tauchten immer mehr die sozialen Indikatoren auf. Wenn du arm bist, musst du vielleicht früher sterben. Wer kriegt welche Behandlung? Warum tauchen bestimmte Krankheiten in bestimmten Bevölkerungsgruppen unterschiedlich auf?
Bis heute, bei allen großartigen Erfolgen der Medizin: Wir haben keine einzige Krankheit abgeschafft. Die Lebensverlängerung haben wir ja vor allem der Hygiene zu verdanken.
Wir hören heute oft, wenn Leute Kopfschmerzen haben oder einen Reizdarm, da kommt ja oft der Verdacht, 18 das ist nur psychisch. So wie wir oft sagen, das ist nur somatisch. Es sind Energiefelder, es sind Emotionsfelder. In jedem Befund sitzt ein Subjekt. Geist und Seele, die sozialen Bedingungen und meine Lebensgeschichte: alles kommt zusammen. Und jetzt rauszufinden: Was sind die für mich wichtigen Drehpunkte, an denen ich erst mal anfangen kann, mein Leben am Beispiel dieser Krankheit wieder an die Hand zu nehmen."

Annelie Keil
Auf brüchigem Boden Land gewinnen
Biografische Antworten auf Krankheit und Krisen
Kösel Verlag München 2011
Unser Leben ist ein fortwährender Prozess der Wandlung, unvorhersagbar und voller Überraschungen. Zwischen Chaos und Ordnung, Anpassung und Widerstand, Freiheit und Abhängigkeit sind wir ohne Navigator in der Fremde unterwegs und herausgefordert, eine einzigartige biografische Welt zu gestalten, die unseren Namen trägt.
Lust und Lust, Glück und Pech, Angst und Mut, Hoffnung, Abschied, Verzweiflung, Gelingen und Scheitern stehen wie Gesundheit und Krankheit auf der Tagesordnung, die wir nicht ändern, aber begreifen und lernen können. Wer leben will, muss älter werden, Erfahrungen sammeln und Land gewinnen!
Das Buch erzählt von geglückten und gescheiterten Versuchen, inmitten der konkreten Lebenswelt die eigene Person und ihre Biografie zu erfinden. Und wie es gelingen kann, sich trotz Bruchstellen und Krisen immer wieder neu mit dem Leben zu verabreden, sich selbst auf die Spur zu kommen und der eigenen Kraft, Lebenskompetenz und Fantasie zu vertrauen.

Annelie Keil
Wenn die Organe ihr Schweigen brechen und die Seele streikt
Scorpio Verlag München 2014
Wenn wir eine medizinische Diagnose wie Brustkrebs, Demenz oder Depression erhalten, steht das Leben Kopf und wir vor einem persönlichen Aufruhr. Überfallartig fliegen medizinische Begriffe wie giftige Pfeile durch den Alltag, erzeugen Zweifel, Angst oder innere Betäubung. Auf unterschiedlichste Weise ruft das Leben um Hilfe, stellt Fragen und sucht auf allen Ebenen nach Antworten, die die körperliche, seelische, soziale Dimension des Geschehens verstehbar und aushaltbar machen könnten. Aber der Mensch ist mehr als sein Befund! Nicht die Krankheit als medizinischer Sachverhalt, sondern das Kranksein, das Erleben der Krankheit rütteln den betroffenen Menschen wach. Die renommierte Gesundheitswissenschaftlerin Annelie Keil zeigt uns, wie wir trotz Krankheit ein erfülltes Leben in eigener Verantwortung führen können.

Die unerwartete Heilung von Stefanie Gleisings
Die unerwartete Heilung der 52jährigen Psychotherapeutin von einem in Knochen, Gehirn und Rückenmark metastasierten Brustkrebs zeigt, dass Spontanremissionen zwar selten, aber möglich sind.
Im Jahr 2014 wurde Stefanie Gleising zum Sterben in ein Hospiz gebracht. Sechs Wochen später kehrte sie ins Leben zurück. Heute arbeitet sie wieder in ihrer Praxis und lebt mit ihrer Familie einen erfüllten Alltag. Im Herbst 2016 hat Stefanie Gleising ein Buch über den Weg ihrer Heilung veröffentlicht.
"Letztlich war es dann so, dass ich immer schwächer wurde, abnahm, morgens schon am Brechen war, auch die Nieren versagt haben. Ich bin dann erst mal in die onkologische Tagesklinik gekommen vor Schmerzen und dann auf eine onkologische Palliativstation in ein anderes Krankenhaus und da wurde dann beschlossen, dass ich das Hospiz anpeile."
"Und schließlich war es dann soweit. Ich wollte eigentlich zuhause sterben, aber das hat einfach die Umgebung nicht zugelassen. Die Kinder, mein Mann, wir wir waren alle überfordert. Ich hab mir das Hospiz auch angesehen und hatte eigentlich eine positive Einstellung. Schließlich bin ich dann ins Hospiz gekommen und für mich war klar, das ist jetzt die letzte Station, ich werde sterben."
"Ich hab vieles nicht mehr mitgekriegt. Ich bin immer wieder in tiefe Koma-Zustände weg gerutscht, aber habe dann gemerkt wie es mir von Tag zu Tag besser geht. Ganz viele Menschen haben mich besucht. Jeden Tag kam jemand anderes und dann ging's los, dass mit auf die Terrasse gehen konnte mir mir. Ich bin erst mal im Rollstuhl geschoben worden und dann durfte ich schon mal den Rollstuhl schieben. Ich hatte so eine "Rennbahn" vor dem Hospiz, auf der ich dann geübt habe und irgendwann nach ein paar Wochen konnte ich diese Rennbahn alleine gehen. Beeindruckend war die Liebe und die Zuneigung, die ich auch durch die Schwestern erlebt habe. Jeder wusste, ich bin todkrank, jeder wusste, ich werde sterben und die Ansprache war, als ob ich ein ganz normaler Menschen war. Und das hat mir sehr, sehr gut getan. Letztlich weiß keiner, warum es mir plötzlich von Tag zu Tag besser ging. Aber es ist passiert. Ein wichtiger Punkt ist sicherlich dabei, dass die Ärztin erst mal alle Medikamente abgesetzt hat. Ich hatte ein Potpourri von vielen Medikamenten und eins war dabei, was auch wirklich Schäden verursacht hatte, das MCP, was als Nebenwirkung auch Gehirnschäden ausmacht und Gleichgewichtsstörungen. Das hatte ich bekommen, weil ich nicht mehr essen konnte und mir übel war. Das hätte man eigentlich nicht länger als fünf Tage geben dürfen."
Was hat meine Heilung bewirkt?
"Das möchte ich gerne wissen, das möchten alle gerne wissen und leider kann ich den Daumen nicht so drauf halten, was es genau war. Ich hab ein Gefühl dafür und ich versuche, es zu formulieren. Ich glaube, ich hab so ein Puzzle vor meinen Augen. Und das besteht aus vielen kleinen Teilen. Was ganz wesentlich im Hintergrund immer vorhanden war, war, dass ich es geschafft habe, mein Bewusstsein immer wieder auf die positiven Seiten auszurichten. Egal wie schlimm es war, es Momente, kleine Sachen gab, die positiv waren und ich mein Bewusstsein, meine Aufmerksamkeit, meinen Blick darauf richten konnten und das mir wichtiger war als diese Erkrankung, dass ich geschafft habe, mit dieser Erkrankung zu leben und mich natürlich auch einem Bewusstseinsprozess, einer Entwicklung gestellt habe und immer wieder gefragt habe: Was macht dich im Moment traurig? Es heißt ja immer, wenn du eine schwere Krankheit hast, musst du was ändern. Und das spürte ich auch in mir drin. Und ich gelernt habe, meine Muster zu erkennen und die zu überwinden, 46 5 S dass ich gelernt habe anzunehmen und zwar anzunehmen ohne etwas zurück nehmen zu können. Vorher war das für mich immer: ja ich kann annehmen, aber ich kann irgendetwas anderes für diesen Menschen tun. Es ist mir wahnsinnig schwer gefallen etwas anzunehmen ohne es wieder auszugleichen. Und dann war ich in ner Situation durch diesen Krebs, dass ich so ausgeliefert war und ich konnte nichts mehr zurückgeben. Und ich glaube, dass es eine ganz starke Botschaft war, dass Menschen kamen, einfach um mich zu sehen, bei mir zu sein und zu zeigen wie wertvoll ich für diese Menschen bin. Und ich glaube, dass das ein ganz wertvolles Puzzleteil war für diese Heilung."

Stefanie Gleising
Meine wundersame Heilung
Die Geschichte einer Spontanheilung von Krebs
Herder Verlag Freiburg 2016
Tatsächlich habe ich ein Wunder erlebt. Mit einer Lebenserwartung von wenigen Wochen kam ich im September 2014 zum Sterben ins Hospiz. Jeden Tag kamen Menschen, um sich von mir zu verabschieden. Doch anstatt zu sterben – ging es mir jeden Tag besser. Nach etwa sechs Wochen konnte ich aufrecht gehend, mit vollständig zurückerhaltener Sprachfähigkeit, das Hospiz wieder verlassen. Da ich seit Anfang April 2014 keine schulmedizinische Behandlung, wie Chemotherapie oder Bestrahlung, bekommen hatte, kann man wohl mit Recht von einem Wunder sprechen.
So schildert Stefanie Gleising das Wunder ihrer Heilung nach einem vierjährigen Kampf gegen den Brustkrebs, in dem sie alle schul- und alternativmedizinischen Therapieoptionen ausgeschöpft hat. Alles schien vergeblich, sie und ihre Familie machten sich auf das Schreckliche gefasst: Sie würde sterben. Doch es kam anders ...

"Ich werde oft gefragt, warum ich das Buch geschrieben habe. Zum einen wollte ich, dass meine Kinder mich nicht so in Erinnerung behalten, wo ich gedacht habe ich würde sterben, als die Hirnmetastasen diagnostiziert wurden. Deswegen wollte ich schon mal prophylaktisch ein Buch schreiben und letztlich ist mein innigster Wunsch, dass das Buch in die Welt geht und den Menschen Hoffnung macht, Hoffnung, dass alles passieren kann, dass sogar in den schlimmsten Situationen noch Heilung passieren kann, was auch immer wir unter Heilung verstehen. Eine Aufforderung, eine Einladung, sich nicht in dem Krankheitsprozess zu verlieren, sondern trotz Krankheit oder gerade wegen der Krankheit das Leben zu genießen, jeden Moment, jede Minute, jede Sekunde."
"Nach wie vor denke ich, dass fast alle Therapiemethoden, die ich genutzt habe, ihre Berechtigung haben und gute Dienste leisten. Letztlich bin ich überzeugt, dass die Psyche eine überragende Rolle spielt. Ob es nun um ein Trauma geht, das im Bewusstsein umgeschrieben werden möchte oder um eine andere Weise, das Leben zu erleben. So kann ich mich mit solch einer schweren Erkrankung bemitleiden und immer wieder versichern, was für ein Pech ich habe. Damit bin ich in der Opferhaltung, habe wenig Handlungsspielraum und führe ein trauriges Leben. Ich kann aber auch Verantwortung für meine Gefühle übernehmen und die Entscheidung treffen, mich auf all die schöne Dingen zu konzentrieren, die ich finden kann. Mein Leben trotzdem oder gerade deshalb zu einem Fest zu machen. Ich habe erfahren, dass jede Situation, so schlimm sie auch nach außen sein möge, irgendwo einen Grund zur Freude bietet. Meist haben wir die Wahl, wir können uns entscheiden. Das heißt nicht, dass man alle negativen Gefühle verdrängen sollte. Es gibt Zeiten, da soll man Angst und Hilflosigkeit auch spüren dürfen. Aber man muss nicht darin hängen bleiben. Innere Freude und Vertrauen ins Leben machen die Zellen glücklich und es dem Krebs schwer. Davon bin ich überzeugt. Liebe heilt."
Stefanie Gleising: "Im Moment geht’s mir gut. Ich muss akzeptieren, wenn es wieder kommt. Und dann werde ich sehen, was sein wird. Und vielleicht sterbe ich an etwas anderem. An einem Autounfall, einer Thrombose, ich hab schon drei Lungenembolien überlebt. 52 Die einzige Botschaft ist: wir leben jetzt, in diesem Moment. Und das sollten wir in vollsten Zügen genießen. Das Herz offen zu lassen, die Liebe zu spüren zu anderen Menschen und sich selbst gegenüber."

Bernd Hontschik
Körper, Seele, Geist - Versuch über die Kunst des Heilens
Suhrkamp, Frankfurt 2006
Wer über die Medizin im 21. Jahrhundert nachdenkt, hat ein großes Klagen im Ohr: Patienten fühlen sich unverstanden, Ärzte sehen sich von Zwängen umstellt, während Technologie und immer neue alternative Methoden Heilsversprechen machen. Doch wie werden wir wirklich gesünder? Bernd Hontschik, praktizierender Arzt, nimmt sich die Freiheit, über seine tägliche Arbeit – und über sie hinaus – nachzudenken, und plädiert für ein Umdenken in der Medizin. Im ersten Band der neuen Reihe medizinHuman geht es um die Irrwege der hochgerüsteten Medizin und die Wichtigkeit ärztlicher Kreativität. Warum heilen Wunden entgegen aller Logik nicht zu? Warum wirken Medikamente manchmal und manchmal nicht? Seine Antwort: Der Mensch ist weit mehr als eine »triviale Maschine«, und die Kunst des Heilens besteht darin, ihn auch so zu behandeln: als Einheit von Körper und Seele.