Eindrücke aus dem Kriegsalltag

Von Kerstin Zilm · 02.07.2010
Der amerikanische Militärposten "Restrepo" liegt in einem unwirtlichen afghanischen Landstrich, einer Hochburg der Taliban. Die Filmemacher Tim Hetherington und Sebastian Junger haben die Soldaten, die dort ihren Dienst tun, begleitet - und eine beeindruckende Kriegsdoku geschaffen.
"Restrepo" nimmt die Zuschauer mitten hinein in die Schlachten über dem grünen Korangal Tal in Afghanistan, nahe der Grenze zu Pakistan. Die oft wackelige Kamera zeichnet auf, wie sich die Soldaten unter täglichem Beschuss ducken, sich sammeln, zurückschießen und die Angreifer auf den Nachbarbergen ins Visier nehmen. Filmemacher Sebastian Junger und Tim Hetherington zeigen auch die Langeweile zwischen den Schlachten, die harte Arbeit des Bunkerbauens mit bloßen Händen, Schaufel und Pickel, die Rangeleien, die Angst, die Zweifel und die Kameraderie. Alles aus dem Blickwinkel der Soldaten. Keine hochrangigen Militärs, keine Politiker, keine Historiker kommen zu Wort.

"Es geht nur um die Soldaten, nicht um Politik oder den Krieg allgemein, nur darum, was es bedeutet, Soldat in der Schlacht zu sein."

"Es interessierte uns nicht, mit Generälen zu sprechen. Der Film beschränkt sich ganz auf die Situation im Tal, auf das Leben der Soldaten."

Der Vorposten "Restrepo" liegt auf einem Bergrücken mitten in einer Taliban-Hochburg. Es gibt kein fließendes Wasser, keinen Strom, keine Internetverbindung. Die dort positionierten 15 Soldaten haben den Posten nach einem gefallenen Kameraden benannt. Unter Anleitung ihres 29-jährigen Platoonführers quälen sie sich durch Geröllfelder und über unübersichtliche Berghänge, inspizieren - beobachtet von misstrauischen Afghanen - Steinhütten und treffen sich mit Dorfältesten. Sie müssen gerade stehen für Angriffe auf Taliban in der Nähe ihres Postens, bei denen Zivilisten getötet werden. Bei einem Vorstoß des Platoons wird einer der US-Soldaten tödlich getroffen.

Noch Monate nach der Rückkehr aus Afghanistan leiden die Soldaten unter den Eindrücken aus diesem Einsatz.

"Ich hab vier, fünf verschiedene Schlaftabletten versucht, so schlimm sind die Albträume, aber sie helfen nicht. Ich bleibe lieber wach, damit ich nicht diese Bilder sehen muss."

"Ich weiß noch nicht, wie ich innerlich damit umgehen soll. Ich will es nicht vergessen. Es war einer der wichtigsten Momente meines Lebens. Er macht mir klar, wie wertvoll alles ist, was ich habe."

Tim Hetherington, der die tödliche Schlacht mit der Kamera aufzeichnete, ist von Gefühlen überwältigt, als er zwei Jahre später in einem Radiointerview davon erzählt:

"Das sind traumatische Momente für mich. Man versucht, sie zu verarbeiten, aber das dauert eine Weile. Ich war in einem Schockzustand. Ich filme automatisch. Das ist mein Job."

Die Filmemacher verdienten sich mit ihrer Arbeit den Respekt der Soldaten des Vorpostens "Restrepo". Doch es gibt auch scharfe Kritik an ihrer Dokumentation. Afghanistan-Veteran Lewis Manalo beschreibt sie in einem Online-Artikel als "oberflächlich, primitiv, ignorant und voller schlimmer Klischees". Er kritisiert besonders, dass die Soldaten als politisch uninteressiert dargestellt werden. Hetherington erklärt: Er hofft, dass die Bilder für sich sprechen und eine Diskussion auslösen.

"Man sieht in dem Film, was die Männer durchmachen, und muss es verarbeiten. Wir hoffen, es ist wie der Blick durch ein Schlüsselloch, der hilft zu verstehen, was da draußen passiert."

Im April 2010 zog das US-Militär aus dem Korongal Tal ab. Nachdem fast 50 Soldaten dort im Kampf gestorben waren. Dank der Dokumentation "Restrepo" war ihr Einsatz nicht komplett sinnlos.

Zum Thema: Filmhomepage Restrepo