Einblicke ins schwebende Laboratorium

Von Guido Meyer · 04.12.2007
Das europäische Forschungslabor "Columbus" wird demnächst mit dem Space Shuttle "Atlantis" zur Internationalen Raumstation geschickt. Es ist die für Europa bislang wichtigste Mission in der Geschichte der Raumfahrt. Doch wie sieht es auf der ISS eigentlich aus? Die US-Raumfahrtbehörde NASA bietet im Internet einen virtuellen Rundgang durch die einzelnen Elemente der Raumstation. Per Mausklick kann der User sich frei bewegen und jedes Labor betreten.
Wir befinden uns etwa 300 Kilometer über der Erde, die sich im Hintergrund unter der Internationalen Raumstation wegdreht, an die gerade ein Space Shuttle andockt. Der Commander der achtzehnten Stammbesatzung, Mike Fincke, wird "rüber gebeamt".

Fast ein Jahrzehnt nachdem das erste Bauteil in den Orbit gelangt ist, stellt die amerikanische Raumfahrtbehörde nun die ISS im Internet vor. Per Maussteuerung kann jedermann Filme abrufen und virtuell durch die einzelnen Module schweben.

Der wild gestikulierende NASA-Astronaut Mike Fincke macht den Weg und den Bildschirm frei zum Rundgang durch die Raumstation - zum Beispiel, indem wir der Mannschaft beim Essen zuschauen. Und beim Trinken: Die Astronauten saugen ihre Drinks - umherschwebende rote und gelbe Tropfen Flüssigkeit - mit einem Strohhalm auf. Nach dem Nachtmahl geht es dann ab in die Kojen - hier: in die aufgehängten Schlafsäcke.

Zum Video der ruhenden Raumfahrer erklärt uns eine Stimme aus dem Off, dass die Mannschaftsmitglieder in der Schwerelosigkeit besser schlafen als auf der Erde, weil es keine Druckpunkte gibt. Kissen bräuchten sie dennoch, um ihren Kopf davor zu schützen, im schwebenden Schlafzustand irgendwo gegen zu stoßen. Und die Arme stehen ohne Einfluss der Erdgravitation meist vom Körper ab oder zeigen nach oben.

Und noch einmal wird der vorbeischauende Besucher von der Erde auf der Internationalen Raumstation willkommen geheißen. Wir beobachten die Rekord-Astronautin Sunita Williams beim Training für den Boston Marathon, den sie im All mitgelaufen ist. Dazu war sie mit zwei Bungee-Seilen auf einem Laufband festgeschnallt und konnte so joggen. Normalerweise stehen täglich zwei Stunden Fitnesstraining auf dem Dienstplan der ISS-Crew.

Selbst Handanlegen heißt es in der 360 Grad-Grad-Tour durch die ISS, die am hinteren Ende beginnt, im russischen Swesda-Modul. Die amerikanische Astronautin Sandra Magnus war im Oktober 2002 mit der Raumfähre Atlantis zu Besuch auf der ISS und kennt sich daher aus.

"Das hier ist das Service-Module Swesda. Dies ist so eine Art Wohnzimmer für die Astronauten und Kosmonauten. Zwei Mannschaftsmitglieder schlafen hier auch. Dort drüben ist die Toilette. Am Ende eines Arbeitstages versammeln wir uns hier zum gemeinsamen Abendessen."

"Stern" heißt dieses Modul auf deutsch; und "Morgenröte" ist die Übersetzung des nächsten Elements Sarja, in das der virtuelle Besucher per Mausklick hinüber gleiten kann.

"Das hier ist der Functional Cargo Block mit dem Namen Sarja. Es war das erste Element der ISS, das 1998 gestartet wurde. Wir benutzen es als Stauraum. Und glauben Sie mir, im Weltraum brauchen Sie Stauraum, weil sich so viele Dinge ansammeln. Als ich an Bord war, war dieses Modul bis zur Hälfe vollgepackt, und wir sind oben drüber geschwebt."

An die beiden russischen Segmente schließt sich ein Verbindungsmodul an, von wo aus der fernsteuernde User entweder in die Schleuse schweben oder weiter gleiten kann ins amerikanische Labor Destiny, "Schicksal".

"Als nächstes schweben wir durch das US-Labor. Zurzeit schläft einer der drei Astronauten in diesem Teil der Station. Er hat einen eigenen Kleiderschrank, kann Bilder seiner Lieben hier aufhängen und er hat seinen eigenen Laptop, mit dem er sich via E-Mail mit seiner Familie und mit Freunden austauschen kann. Vom Destiny-Modul aus steuern wir auch den Roboterarm draußen. Drei Kameras an der Außenseite der ISS nehmen seine Bewegungen auf. Anhand dieser Bilder müssen wir uns orientieren, weil dieses Labor keine Fenster hat."

Gemäß dem derzeitigen Ausbauzustand der ISS wäre hier Endstation. Die Internet-Animation jedoch hat auch schon einen weiteren Verbindungsknoten sowie die Labore aus Europa und Japan zur Besichtigung freigegeben.
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