Ein NADA-Urteil und seine Folgen

Der Fall Karus: Doping ja oder nein?

Eine Spritze ist vor dem Wort "Doping" zu sehen. Illustration
Einer von Deutschlands besten Hindernisläufern wird des Dopings überführt. Benedikt Karus bezweifelt das Urteil an. Dagegen kämpfen kann er aber nicht - es ist zu teuer. © dpa picture alliance / Patrick Seeger
Von Heinz Schindler · 02.04.2017
Benedikt Karus war einer der besten deutschen Hindernisläufer. Dann wurde er wegen Dopings gesperrt. Sein Kampf gegen das Urteil – bisher aussichtslos. Nun geht es auch um seine berufliche Zukunft.
Für die Nationale Anti-Doping-Agentur, die NADA, ist der Fall Benedikt Karus erledigt. Eine Interviewanfrage wurde schriftlich abgelehnt, Zitat:
"Der Fall ist abgeschlossen und der Verstoß gegen Anti- Doping- Bestimmungen rechtskräftig. Sämtliche Fakten und Tatsachen zum Sachverhalt ergeben sich aus dem Schiedsspruch."
Dem zufolge habe Benedikt Karus gedopt. Nach dem bei der NADA angewandten Verfahren wurden - wenngleich geringe - Spuren von Darbepoetin gefunden, die - das sagt der Sportler selbst - nur per Nadel in seinen Körper hätten gelangen können. Und streitet genau dies ab. Auf eigene Kosten ließ er beim international anerkannten Labor in Tokio eine weitere Analyse erstellen, erzählt Karus' langjähriger Vereinskollege in der LG Nordschwarzwald, Christian Lenk.
"Eigentlich war's ja so, dass das Kölner Dopinglabor davon ausging, dass die das bestätigen. Aber es kam halt in Tokio 'ne negative Probe raus. Also der Benedikt hat da schon einen Haufen Geld investieren müssen, dass der Test überhaupt gemacht wird. Wenn man sich jetzt überlegt, er hat im Sport eigentlich nie Geld verdient. So einen Test zu machen, auf eigene Kosten, macht ja keinen Sinn, wenn er was genommen hätte. Es wäre ja hirnrissig, von vorn herein zu wissen, da kommt auch wieder positiv raus und so viel Geld zu investieren. Das macht ja kein Mensch!"
Dieser Logik folgte das Schiedsgericht nicht - und sperrte Benedikt Karus, obwohl mutmaßlicher Ersttäter, für vier statt wie üblich zwei Jahre:
"Ein Athlet, der nicht einsichtig ist, wird eben vier Jahre gesperrt. Man hat ihm die Alternative geboten: Entweder er ist geständig, kriegt zwei Jahre oder er ist nicht geständig: Höchststrafe. Aber was soll ein Athlet gestehen, der nichts getan hat?"

Für Benedikt Karus geht es bald um seine Zulassung als Arzt

Und der seine Nominierung für die Cross- Europameisterschaft aufgab zugunsten einer Knochenmarkspende, die einem Kind das Leben rettete. Benedikt Karus studiert Medizin - hätte also im Dopingfall zwei Karrieren riskiert. Professor Karsten Scholz, Geschäftsführer der Ärztekammer Niedersachsen gibt zu bedenken:
"Es ist in der Tat so, dass man natürlich sich die Frage stellt: Hätte es nicht andere Mittel gegeben, wenn man Mediziner ist und wenn man eine Freundin hat, die Apothekerin ist. Ich finde es aber schwierig, das zu bewerten, weil es natürlich auch so sein kann, dass man sagt: wir sind vielleicht ein bisschen unauffälliger, wenn man das macht, was andere halt eben auch gemacht haben. Also dieses Argument können Sie in die eine oder andere Richtung drehen."
Für Benedikt Karus geht es bald schon um seine Zulassung als Arzt. Dabei gilt für die Approbationsbehörde abzuwägen, dass er strafrechtlich nicht verfolgt wurde, gleichwohl aber der Schiedsspruch als Dopingsünder besteht:
"Würde ich Vertrauen zu einem solchen Arzt haben? Das muss hinterher die Behörde beurteilen und muss sich sozusagen in die Lage des normalen Patienten hinein versetzen und sagen: Kann man jemandem vertrauen, der seine eigene Gesundheit möglicherweise schädigt, um eben halt sportliche Vorteile zu haben oder einfach auch nur weiter machen zu können?"
Benedikt Karus will mit NADA und Leichtathletikverband nichts mehr zu tun haben. Für den Gang zum Internationalen Sportgerichtshof CAS fehlen Kraft und Geld. Würde man sich dort auf seine Seite schlagen? Das Labor in Köln in Frage stellen? Für seinen Vereinskollegen Christian Lenk ist der 27-Jährige nicht Dopingtäter, sondern Systemopfer:
"Sie haben da 'ne Probe gemacht, wo die Analyse schon sehr sehr sehr fragwürdig ist. Und dann hat man jemand, der irgendwann mal auf olympischer Distanz 'nen Deutschen Meistertitel geholt hat. Also, er war ja jemand, der wertvoll war für den DLV. Allerdings hat er zwischen 2012 und 2015 nichts mehr gebracht auf der Bahn. Dann war das für den DLV oder für die NADA halt jemand, den kann man ja auch mal dann entbehren. Wenn man da schon was gefunden hat endlich."
Zum Thema ein Interview mit dem Sportmediziner Perikles Simon:
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