Ein iPad zum Abendessen

Von Franz Michael Rohm · 19.06.2013
Der Inhaber des la Mano Verde ist überzeugt von seiner Idee: Bei ihm kommt die Speisekarte auf dem iPad, das ist modern und immer topaktuell. Doch iPads sind teuer - und deshalb hat seine Idee auch Nachteile.
Kellner: "Schönen guten Abend, willkommen im Restaurant la Mano Verde. Darf ich Ihnen schon mal die Karte reichen? Wir haben jetzt umgestellt auf iPads. Sie können hier einfach gucken und runterscrollen. Wenn ich noch behilflich sein kann, komme ich gerne noch mal zu Ihnen."

Das edel eingerichtete Restaurant La Mano Verde im Berliner Bezirk Charlottenburg gilt nicht nur kulinarisch wegen seiner rein veganen Küche und besonderer Gartechniken als Trendsetter. Seit neuestem schwört Patron Jean-Christian Jury auf smarte Digitalgeräte. Statt einer Speisekarte aus Papier bringt der Kellner den Gästen ein iPad an den Tisch. Mit geübten Wischbewegungen zeigt Jean Christian Jury das Angebot des Restaurants.

"Hier finden wir Dinnerzeit. Und das hast du alles: Suppen, Vorspeisen, Salat, Hauptgänge. Schön erklärt, und die Desserts. Dann alle Weine mit allen Kategorien, und schöne Beschreibung. Und du hast immer die Flaschen daneben. Voilà."

14 Tablets sind bereits im La Mano Verde im Einsatz, mehr als 30 sollen es werden. Jean Christian Jury ist aus verschiedenen Gründen von den Vorteilen der digitalen Speisekarten überzeugt.

"Wir sparen beim Drucken. Die Leute heute, die die iPad kriegen, haben zuerst ein kleiner Schreck. Und dann nehmen sie das im Hand und verstehen sehr schnell, dass es sauber ist und schön. Viele Farben, einfach zu lesen. Man kann es vergrößern, braucht keine Brille mehr, das ist auch super.

Und ich kann jeden Satz ändern mit einem Klick auf allen Menüs. Das ist für uns ein Weg, schnell zu arbeiten können. Einen neuen Wein reinzunehmen, das schaffe ich in 30 Sekunden."

Doch nicht nur Flexibilität bieten die Speisekarten-Tablets. Mit ihnen lassen sich auch Informationen weiter vertiefen, etwa bei den Weinen.

Weiblicher Gast: "Gibt es zu dem Manetu-Salent von Philippe Gilbert auch noch mehr Informationen?"

Jury: "Ja, wenn Sie jetzt einfach auf diesen Link jetzt draufdrücken, öffnet sich eine zweite Seite, und haben Sie alle Infos über die Winzer, wie die arbeiten, ein paar Bilder auch von die zwei Brüder Gilbert, die den Wein produzieren. Sie haben auch noch ein paar Bilder vom Wein selbst, die Produktion.

Ich wollte das haben, weil ich glaube, es ist wichtig, wenn jemand eine Info will, dass er eine genaue Info bekommt."

Am Anfang dachte der Restaurant-Betreiber auch daran, kleine Filme über Winzer oder Nahrungsmittel auf den Tablets zu zeigen. Doch davon ist er mittlerweile abgekommen.

"Ich habe davon geträumt, so ein System zu haben. Aber stellen Sie sich vor, wenn Sie jetzt 50 Leute am Tisch haben, und auf jedem iPad läuft ein Movie mit Sound, das wird zu laut. Und einen Kopfhörer dazugeben, ist vielleicht zu viel. Also interaktiv: ja, Bilder und Text: ja. Aber Movies, das geht zu weit."

Die meisten Gäste stehen den digitalen Speisekarten durchaus positiv gegenüber:

"Das mit dem I-Pad finde ich zeitgemäß, einfach. Ich glaube, das wird in Zukunft mehr kommen. Wäre zumindest sinnvoll."

"Ich finde es reicht völlig, es ist aussagekräftig und es ist vor allem hygienischer. Immer aktuell. Wir waren ganz verblüfft. Das wird kommen, das wird sich durchsetzen. Bin ich fest der Meinung, dass diese klebrigen Plastikkarten eines Tages verschwinden werden."

"Ich habe mich so gefühlt: Ich bin nicht in 2013, sondern in 2018 oder 19. So oder so, wird so was kommen."

Andere Wirte zögern noch, die neue Technik und Software einzusetzen, sehen aber durchaus den Nutzen. Wie Anjou Haufe, der am Kurfürstendamm das französisch inspirierte Restaurant Eiffel betreibt.

"Es ist einfach im Augenblick noch zu teuer. Ein Betrieb wie unserer, der über 120 Außenplätze und 120 Innenplätze verfügt, da ist das noch verhältnismäßig kompliziert. Wir müssten 20-30 iPads anschaffen. Und die müssten natürlich auch ein bisschen im Auge behalten werden. Denn die werden gerne mal mitgenommen, da findet sich schnell ein Liebhaber. Das ist auch mal beim Personal so. Außerdem sind sie natürlich noch sehr anfällig. Die fallen runter, gehen kaputt. Sie sind anfällig gegen Flüssigkeiten. Ich würde mal sagen, augenblicklich ist es eher ein Gimmick, also mehr ein Verkaufs- und Marketing-Instrument. Aber die Zukunft liegt ganz klar bei solchen elektronischen Eingabegeräten."

Die Gefahr des Diebstahls der Speisekarten-Tablets ist auch den Betreibern des Restaurants La Mano Verde bewusst:

"Wir tun alle aufpassen. Wir wissen genau, wo die iPads sind, auf welchem Tisch. Bis jetzt hatten wir kaum Probleme. Es gibt Gäste, die noch immer eine Witz machen und sagen: Vielen Dank für den Geschenk, aber jeder weiß ja, dass iPad teuer ist und wir passen echt auf."

Jean-Christian Jury wird die digitalen-Speisekarten Schritt für Schritt um neue Features erweitern. Als nächstes können Gäste spezielle Küchengeräte für die Zubereitung veganer Speisen online über die Tablet-Speisekarte bestellen. Auf ihr finden Gäste künftig auch Weine und Lebensmittel, die im geplanten Geschäft über dem Restaurant verkauft werden. Und schließlich wird der Gastronom die Tablets über das Kassensystem mit einem Statistik-Feature verbinden. Dann verfügt er über eine Art "Gläsernes Restaurant".

"Ich kann alles kontrollieren, die Produkte die wir verkaufen, die%e, die Mengen. Wir können auch sehen die Zeitzone, wann wir am besten verkaufen, was für Produkte. Alles."