E-Book-Initiative in den USA

Per App Bücher lieben lernen

Ein iPad mit Apps auf dem Bildschirm liegt auf einem aufgeschlagenen Buch.
Ein iPad mit Apps auf dem Bildschirm liegt auf einem aufgeschlagenen Buch. © picture alliance / Marc Tiri
Von Wolfgang Stuflesser · 21.03.2016
Kinder zum Lesen bringen, das ist für viele Eltern eine Herausforderung - vor allem, wenn sie wenig Geld für Bücher haben. Die Open-eBooks-Initiative in den USA stellt Kindern aus ärmeren Familien Bücher kostenlos zur Verfügung: per App. Bücher aus Papier sollen die Kinder aber auch lieben lernen.
Auch wenn es anders klingt: Wir sind in Kalifornien, in der städtischen Bibliothek von Santa Monica. Der Anteil an Einwandererfamilien in dieser Gegend ist allerdings so groß, dass sich die Bibliothek entschlossen hat, "Story Times", also Vorlesestunden für die ganz Kleinen, auch auf Spanisch anzubieten. Cecilia Tovar arbeitet in der Verwaltung der Bibliothek - sie hat selbst mexikanische Wurzeln:
"Diese Gegend hier, nahe an West Los Angeles, ist ein typisches Arbeiterviertel, es gibt viele Einwandererfamilien mit niedrigem Einkommen. Doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele von ihnen es hier im Land zu etwas bringen wollen - deshalb ist es für uns nicht schwer, sie mit unserem Bücherangebot und unseren Kursen zu erreichen."
Mitgliedschaft und Ausleihe sind komplett gebührenfrei - und die Bibliothek tut auch sonst viel, um den besonderen Bedürfnissen ihrer "Kunden" nachzukommen: Zum Beispiel ist der Lesesaal bis abends um neun geöffnet, die Zentralbibliothek hat sogar am Sonntag auf, es gibt kostenlosen Internetzugang und das Personal spricht Englisch und Spanisch. Auch der Rückgabeautomat für Bücher lässt sich in zwei Sprachen bedienen:

Tausende Bücher kostenlos

An Familien mit niedrigem Einkommen, wie es sie natürlich überall in den Vereinigten Staaten gibt, richtet sich auch die Open-eBook-Initiative. Unter der Schirmherrschaft des Päsidentenpaares haben sich zehn große Verlagshäuser verpflichtet, tausende Bücher bedürftigen jungen Lesern kostenlos zur Verfügung zu stellen - als E-Books. Es geht um sonst sehr teure Schulbücher und um hochwertige literarische Titel. Dazu laden die Nutzer eine App herunter - den Zugriff auf die eigentlichen Bücher geben dann Bibliothekare frei und Lehrer an sogenannten "Title 1"-Schulen in besonders armen Gegenden. First Lady Michelle Obama wirbt für das Ende Februar gestartete Projekt in einem YouTube-Video:
"Bücher eröffneten eine Welt der Möglichkeiten, erklärt sie - doch Millionen Kinder in den USA hätten keinen Zugang zu Büchern, mit denen sie lernen und träumen könnten. Das werde die Open eBooks App ändern und tausende Titel kostenlos verfügbar machen."
Cecilia Tovar sieht die Open eBooks positiv - auch von den Bibliotheksnutzern hier hätten viele ein Smartphone oder ein Tablet, sagt sie - und wer einen Zwölf-Stunden-Arbeitstag habe, für den sei es schwer, noch persönlich in die Bibliothek zu kommen und für seine Kinder ein Buch auszuleihen.

Ergänzung zum Bücherangebot auf Papier

Und was sagen die Eltern aus der Vorlesestunde zu den Open Ebooks? Carina Hernandez ist mit ihrem vierjährigen Sohn Giovanni hier - er liebe Bücher, sagt sie, aber auch das iPad - und sie fände es gut, wenn sie ihm noch mehr Bücher zu Hause vorlesen könnte.
Carlos Aguilar hat seine zweijährige Tochter Ellie dabei.
"Wir achten darauf, dass sie nicht zu viel Zeit am Bildschirm verbringt - aber wenn man mit dieser App Bücher lesen kann und Ellie etwas lernt, dann werden wir das Angebot sicher nutzen."
Bibliothekarin Cecilia Tovar sieht die kostenlosen Ebooks als Ergänzung zum Bücherangebot auf Papier. Durch elektronische Bücher ersetzt würden diese wohl nie.
"Wir wollen, dass gerade unsere jungen Nutzer Zugriff auf E-Books haben, aber wir wollen auch, dass sie den Umgang mit Büchern aus Papier lernen. Sie sollen lernen, wie man eine Seite umblättert, wie aus den gedruckten Wörtern in der Fantasie eine Geschichte wird - wie man ein Buch liebt!"
Mehr zum Thema