Drohnenkrieg der USA

"Deutschland ist eine Art Telefonzentrale des Todes"

Eine Drohne am Boden vor dem schneebedeckten Bergen des Hindukusch.
Eine US-Drohne des Typs "Predator" auf der Bagram-Luftbasis in Afghanistan. © AFP / Bonny Schoonak
Von Philipp Banse · 18.10.2016
Faisal Bin Ali Jaber und zwei seiner Angehörigen haben Deutschland verklagt. Denn die Drohne, die drei Menschen im Jemen tötete, wurde vermutlich über die US-Militärbasis Ramstein gesteuert. Ein amerikanischer Journalist hat die Aktion rekonstruiert.
"Es war ein Mittwoch im August 2012, wir feierten die Hochzeit meines Sohnes, als vier Raketen von einer Drohne abgefeuert wurden. Sie trafen unser Dorf im Jemen und töteten meinen Schwiegersohn und meinen Neffen."
Faisal Bin Ali Jaber hat den US-Drohnenangriff auf sein Heimatdorf im Jemen überlebt. Er arbeitet als Umwelttechniker für die Regierung und ist immer noch den Tränen nahe, wenn er von diesem August 2012 erzählt. Seine Familie habe keinerlei Verbindungen zu al-Qaida im Jemen – im Gegenteil. Sein von den Drohnen getöteter Schwiegersohn habe sich gegen al-Qaida engagiert:
"Mein Schwiegersohn hatte eine Freitags-Predigt gehalten in der Moschee des Dorfes. Er predigte gegen al-Qaida und forderte die al-Qaida-Führer heraus, er wollte öffentlich mit ihnen diskutieren darüber, warum es in Ordnung sein soll Unschuldige zu töten. Danach hatte das Dorf Angst, weil alle mit einer Rache von al-Qaida rechneten. Am Tag der Hochzeit dann fuhr ein Auto durchs Dorf und fragte nach meinem Schwiegersohn. Wir nehmen an, dass das al-Qaida-Leute waren, die von der Drohne getötet werden sollten."
Faisal Bin Ali Jaber und zwei seiner Familienmitglieder haben Deutschland verklagt. Denn die Drohne, die drei seiner Angehörigen tötete, wurde nach allem, was man weiß, über Ramstein gesteuert, eine US-Militär-Basis in Rheinland-Pfalz.
Es ist schwer, die Bedeutung zu übertreiben, die US-Militärbasen auf deutschem Boden haben für diverse Kriege der USA in Afrika und dem Mittleren Osten, sagt der Journalist Jeremy Scahill vom Magazin The Intercept. Deutschland beherbergt die Relay-Station in Ramstein, die praktisch jeden Drohnenangriff ermöglicht, der in Afghanistan, Pakistan, dem Jemen oder sonstwo stattfindet.

Töten ohne Anklage und Verfahren

Die USA behalten sich vor, in ihrem Kampf gegen den Terrorismus Terror-Verdächtige einfach zu töten. Ohne Anklage, ohne Verfahren. Bei diesen gezielten Tötungen kommen in der Regel Drohnen zum Einsatz. Journalist Scahill hat mittels geheimer Dokumente rekonstruieren können, wie Drohnen über dem Jemen durch Ramstein gesteuert werden:
"Diese Dokumente zeigen, dass die Drohnenpiloten in den USA mit Unterwasserkabeln direkt mit Deutschland verbunden sind. Von Deutschland wird die Kommunikation per Satellit dann zu Drohnen geleitet. Deutschland ist eine Art Telefonzentrale des Todes. Die Piloten in den USA machen die Anrufe, das Signal geht durch Deutschland zu einer Drohne, die dann jemanden tötet. Die USA könnte einen anderen Standort finden, sicher, aber das wäre sehr, sehr aufwändig und teuer. Ohne die Verstärker-Station in Ramstein gäbe es keinen Drohnenkrieg."
Deswegen klagt der Jemeniter Faisal Bin Ali Jaber gegen die Bundesregierung.
"Es geht uns darum, dass Deutschland seine Beteiligung anerkennt und Verantwortung übernimmt."
Was das genau heißt, erklärt sein Anwalt Wolfgang Kaleck, der auch Edward Snowden vertritt:
"Wir verlangen, dass die Bundesregierung die Erlaubnis für diese Art von Angriffen versucht, den USA zu entziehen."

Bundesregierung will die Amerikaner "ermahnen"

Das Verwaltungsgericht Köln ließ die Klage zwar zu, erkannte auch die wichtige Rolle Ramsteins, dennoch sei die Bundesregierung nicht verpflichtet, den USA die Nutzung Ramsteins für Drohnenangriffe zu verbieten. Deswegen haben die Jemeniter um Faisal Bin Ali Jaber Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt. Das Verfahren läuft noch. Die Bundesregierung argumentiert, sie würde die USA stets ermahnen, Ramstein nur so zu nutzen, dass es mit dem Völkerrecht vereinbar ist.
"Dazu muss man aber wissen, dass die eine andere Auffassung vom Völkerrecht haben."
... sagt der Berliner Anwalt der Jemeniter Wolfang Kaleck.
"Das heißt, ich muss in die Details gehen. Ich muss mit denen darüber reden, dass nach weit herrschender Meinung im Völkerrecht diese gezielten Tötungen außerhalb bewaffneter Konflikte nicht erlaubt sind. Und dann muss ich sie darauf verpflichten, dass sie diese Art von Tötungen nicht von Ramstein aus durchführen. Und dann kann ich nicht mit so einem wagen Hinweis auf die Völkerrechtsmäßigkeit, die aber von Deutschland anders verstanden wird als von den USA mich aus der Affäre ziehen. Und da hoffen wir halt, dass das Gericht dem einen Riegel vorschiebt."
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