Dieter Jandt im DREIERPACK

Konkrete Abstraktheiten

Dieter Jandt
Der Feature-Autor Dieter Jandt © Thomas Kuske
Von Klaus Pilger · 01.05.2020
Glück, Neid, Ekel, Ferne, Lärm – mit all diesen scheinbar eher abstrakten Dingen hat sich der Feature-Autor Dieter Jandt in seinen Radiosendungen beschäftigt: Höchst lebendig und sehr konkret! Und oft mit einer großen Prise Humor und reichlich Lebensweisheit.
Dieter Jandt wurde 1954 in Remscheid geboren und hat dort vieles nicht geschafft. Erich Ribbeck verleidete ihm Mitte der 1960er Jahre als Sportlehrer am Gymnasium den Fußball, wie es dem Mann auch später als Trainer gelang, viele andere begnadete Spieler zu demotivieren. Überhaupt lief es in der Schule bei Dieter Jandt keinesfalls rund. Das Schreiben schien ihm zunächst eher wesensfremd, und die Mutter verfasste in der Regel die Schul-Aufsätze.
Dann folgten Jobs: Taxi- und Getränkefahrer, LKW-Planen-Aufleger, Bezirksleiter (immerhin!) für Zeitungsboten, was ihn schon mal in die Nähe der schreibenden Zunft brachte.
Erste Schreibversuche und staubtrockene Themen
Und immer, wenn Geld da war, rief die Ferne. Das Verdiente musste ja unter die Leute, in der Türkei, auf Sumatra, in Indien, Pakistan und Laos.
Dann aber doch erste Schreibversuche. Und als Seiteneinsteiger gelangte Dieter Jandt zum Hörfunk, Sparte Feature. Und dann sogleich mit scheinbar höchst trockenen Themen wie "Selbstgespräche" und "Staub – Das verfolgte Faszinosum" (nicht von der Mutter geschrieben!).
Der Reiz bestand für ihn darin, den Hörern - und dem Redakteur - den Staub schmackhaft zu machen, und das gelang! Es folgten bald ein Stück über Vegetarier und eines über "Strange drinks", die dann auch mal aus Blut, Harn oder Spucke bestehen konnten. Und immer stand bei Jandt die Frage im Raum: Inwieweit ist der Hörer bereit, diverse Sprünge und Späße mitzumachen? Der Autor drückt es so aus:
"Ich vertraue sehr auf die Urteilsfähigkeit der Hörer, und hoffe auf ihre Bereitschaft, bei gewagten Gedankenspielen mitzugehen. Das heißt, harte Schnitte mit abrupten Wechseln im Thema sind oft ein Gewinn, wenn man dann später doch noch die Fäden aufnimmt."
Dem Volk aufs Maul schauen
Wenn man Features macht, lernt man bisweilen spannende und ungewöhnliche Menschen kennen. Über seine Interviewerfahrungen berichtet Dieter Jandt Folgendes: "Gewöhnliche Interviews mit der klassischen Situation, hier der Journalist mit Mikrofon, gegenüber der Gesprächspartner, waren ja nie ein Problem, außer die Interviewten bockten oder der Journalist hatte einen schlechten Tag. Was aber anfangs eine Herausforderung war: mit gezücktem Mikrofon spontan unter Menschen zu gehen und gewissermaßen dem Volk aufs Maul zu schauen. Bald aber entwickelten sich daraus skurrile Szenen: ein Betrunkener, der in einer Kölner Kneipe anstatt Kölsch aus einer Ampulle Gold trank, oder eine junge Frau, die auf einer Beauty-Messe den kompletten Inhalt ihrer Handtasche auf den Tisch schüttete, obwohl sie doch kurz zuvor versichert hatte, nicht mal ihr Freund habe in der Tasche etwas zu suchen, aber auch gar nichts."
Später aber zielte Dieter Jandt mit seinen Themen mehr ins Politische, in Zeiten, da , wie er es ausdrückt "man sich als halbwegs rational denkender Mensch gelegentlich an den Kopf fasst und um Verständnis ringt." Da halfen Abarbeitungen wie "Opium fürs Volk" oder "Stecker raus - Menschen ohne Strom". Und sein Feature (zusammen mit Ulrich Land) "Hängen am Beutel – Das lange Sterben der Plastiktüte" war im Jahr 2010 geradezu prophetisch.
Am Ende wird alles zu Staub
Nun lebt Dieter Jandt, wenn er nicht in Wuppertal ist, immer wieder mal in Thailand, in einem schmucken Haus am Goldenen Dreieck, ohne Opium, aber mit Pagoden, Palmen und Bergen im Blick und nach wie vor voller Ideen und Gedanken. Und der Erkenntnis: "Am Schluss wird ohnehin offenbar, dass alle Schlösser und Pagoden und auch Gedankengebäude nur auf Lügen gebaut sind und schließlich auch zu Staub werden."
Drei von Dieter Jandts schönsten Features werden als DREIERPACK an drei Maisonntagen jeweils um 20.05 Uhr bei "Freistil" ausgestrahlt. Am 10. Mai geht es um "Staub – Das verfolgte Faszinosum", eine Sendung aus dem Jahr 2004, die auch heute noch frisch, aktuell, heiter und keineswegs staubtrocken daherkommt. Und mit der Erkenntnis: Die Luft ist niemals rein. In "Sitzen ohne Ende – Segen und Fluch einer Untätigkeit" aus dem Jahr 2013, ausgestrahlt am 17. Mai, geht es geistreich um die Haupttätigkeit des homo sapiens im 21. Jahrhundert, um Aussitzer, Einsitzer, Meditierende und Rückenkranke. Den Falschheiten des Frohsinns widmet sich Dieter Jandt in "Lach doch mal! Gespielte Heiterkeit in ernsten Zeiten", ein Feature aus dem Jahr 2017, am 24. Mai im Programm.