Diesel-Skandal

Wie Hardware-Nachrüstungen realisierbar wären

Abgase strömen aus dem Auspuff eines Fahrzeuges mit Dieselmotor, aufgenommen bei Saarbrücken (Saarland) am 03.08.2017.
Hamburg greift durch und sperrt Diesel-Fahrzeug von bestimmten Straßen aus, um die Abgas-Belastung zu verringern. Doch es geht auch anders © dpa/Daniel Karmann
Von Klaus Deuse  · 31.05.2018
Hamburg führt ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge ein, um die Luftbelastung in der Hansestadt zu mindern. Die Wirksamkeit ist umstritten. Sinnvoller scheint eine Hardwarelösung, wie sie der Hersteller Twintec schon heute anbietet.
Twintec, ein mittelständisches Unternehmen aus Witten, verfügt nach den Worten von Firmenchef Marcus Hausser bereits über langjährige Erfahrung bei der Abgasreduzierung im Nutzfahrzeugebereich: "Also die großen Motoren, große Kaliber. Baumaschinen, Landmaschinen, Stadtbusse, Überlandbusse, Lkw. Aber auch große Generatoren. Bis hin zu Schiffen."
Und warum sollte das, was in Großfahrzeugen funktioniert, nicht auch für Pkw mit Dieselantrieb geeignet sein. Die Ingenieure entwickelten für die Umrüstung mit dem BNox-System einen speziellen Generator, um Ammoniak schon in der Kaltstartphase zur Reinigung nutzen zu können, erklärt Marcus Hausser. "Das ist im Grunde ein sogenanntes SCR-System, eine selektive katalytische Reduktion, die da herbeigeführt wird. Also ein Katalysator im Auto. Der unglücklicherweise Ammoniak braucht. Das ist also technisch bedingt, um die Stickoxide in Stickstoff und eben ungefährliche Gase zu verwandeln."
Eingebaut hat man für Testfahrten das BNox-System in einen nach der Euro-5-Norm eingestuften VW Passat. An einem Pkw auf der Hebebühne in der Werkhalle demonstriert Firmenchef Hausser, dass die Umrüstarbeiten auf jeden Fahrzeugtyp passgenau zugeschnitten werden.

Nur 49 Milligramm Stickstoff anstatt 430 ausgestoßen

"Der Kollege kürzt jetzt gerade Rohre, die für den Einbau vorbereitet werden. Wir sind gerade dabei, ein neues Fahrzeug umzurüsten. Schauen uns jetzt den Bauraum an..." Das Kernstück des Systems, der Generator, ist im Getriebetunnel verbaut und das im Motorraum untergebrachte Steuergerät zur Dosierung fällt nicht größer aus als ein kleiner Taschenrechner. Mit diesem BNox-System beginnt die Abgasreinigung schon bei Strecken unter einem Kilometer. Unabhängig von den Außentemperaturen beim Kaltstart des Dieselmotors.
Die vom ADAC durchgeführten Messungen bei Testfahrten über Stadt- und Landstraßen sowie über Autobahnstrecken ergaben einen Stickoxid-Ausstoß von 49 Milligramm pro Kilometer , also sogar deutlich unter der Euro-6-Norm von 80 Milligramm. Zum Vergleich: Der Serien-Passat mit Euro-5-Norm blies auch nach einem Software-Update über 430 Milligramm in die Umwelt. Im Prinzip ist das System reif für die Serienproduktion und schon jetzt einbaufähig. Nach den Worten von Marcus Hausser zum Preis von etwa 3.000 Euro, einschließlich Einbaukosten.

An potenziellen Kunden mangelt es nicht

"Wir haben bei der Entwicklung immer darauf geachtet, dass wir Großserienkomponenten verwenden. Zum einen wegen der Dauerhaltbarkeit, zum anderen aber auch natürlich wegen der Verfügbarkeit. Und nicht zuletzt auch wegen des Preises." Ein Gutachten, dessen Ergebnis auch rund 3.000 Euro ergab, lagerte bereits in den Schubladen des Bundesverkehrsministeriums. Ein zweites schätzt nun die Nachrüstungskosten für eine Hardware auf 5.000 bis 9.000 Euro, je nach Fahrzeugtyp. An potenziellen Kunden für das Twintec- Nachrüstsystem für 3.000 Euro mangelt jedenfalls nicht. Schon mehrere Dieselbesitzer steuerten das Werksgelände von Twintec an, um ihre Fahrzeuge auf den neuesten Stand der Technik umrüsten zu lassen.
Doch da bisher eine Typgenehmigung für das Nachrüstsystem durch das Kraftfahrzeugbundesamt fehlt, musste man die Interessenten wegschicken. Gefragt ist das funktionstüchtige System des deutschen Unternehmens gleichwohl. Zum Beispiel in England: Dort rüstet man einen Großteil der roten Doppeldecker-Busse in London mit dem BNox-System zur Entlastung der Umwelt aus.
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