Die weinende Witwe von Ceylon

Von Gerhard Klas · 21.07.2010
Als Frau vertrat sie eine harte Linie. Die Buddhistin Sirimavo Bandaranaike, Premierministerin vom Sri Lanka, sorgte für eine weitere Unterdrückung der tamilischen Minderheit des Landes - was zu einem blutigen Bürgerkrieg führte.
"Es ist richtig, eine Frau ist Premierministerin meines Landes und bekleidet damit das höchste Amt. Elf erfahrene Männer stehen ihr jedoch als Minister in ihrem Kabinett zur Seite."

Die Weltpremiere am 21.Juli 1960 - eine Frau - Sirimavo Bandaranaike - wurde in Ceylon zur Staatschefin gewählt - konnte das Weltbild ihres damaligen Bonner Botschafters Benjamin Perera nicht erschüttern. Niemand hätte seinerzeit geglaubt, dass sie dieses Amt des südasiatischen Inselstaates noch zwei weitere Male bekleiden sollte. Auch Perera war skeptisch und erinnerte sich an die Einführung des Frauenwahlrechts in Ceylon.

"Vor 1931 genossen die Frauen kein Wahlrecht und ihr Bildungsgrad war natürlich wesentlich niedriger als der der Männer. Seit 1931 nahmen sie jedoch die Gelegenheit wahr, Schulen zu besuchen und als Ärztinnen, Krankenschwestern und Stenotypistinnen zu arbeiten. Wir sind allerdings der Ansicht, dass die Hauptaufgabe der Frauen die Sorge für Familie und Heim ist."

Bandaranaike war politisch unerfahren gewesen. Ihr Mann, der 1951 die Sri Lanka Freedom Party gegründet hatte, war 1959 vor ihren Augen von einem buddhistischen Mönch erschossen worden. Die Witwe trat die Nachfolge ihres Mannes an. Als ihre Partei wenig später die Parlamentswahlen gewann, wurde sie Premierministerin. Weil Bandaranaike bei öffentlichen Auftritten regelmäßig in Tränen ausbrach, nannte man sie auch

"die weinende Witwe"."

Bandaranaike setzte die Politik ihres Mannes fort, die auf eine Bevorzugung der singhalesischen Mehrheit Ceylons setzte. Der größte Teil der tamilischen Minderheit war im Rahmen der britischen Kolonialpolitik als Plantagenarbeiter von Indien nach Ceylon umgesiedelt worden. Bandaranaike hielt daran fest, die frühere Amtssprache Englisch ausschließlich durch Singhalesisch zu ersetzen, und weigerte sich, dem Tamilischen den gleichen Rang einzuräumen. Sie unterzeichnete sogar ein Abkommen mit dem indischen Premierminister, das die Abschiebung von 600.000 Tamilen vorsah. Nach Versorgungsengpässen und sozialen Unruhen kam es zu einem Misstrauensantrag von Mitgliedern ihrer eigenen Regierung. 1965 verlor sie die Neuwahlen. Aber schon fünf Jahre später konnte sie das Amt der Premierministerin zurückerobern.

""Nun es stimmt, wir haben viele Aufgaben. Das Hauptproblem ist, die Lebenshaltungskosten der Bevölkerung zu senken. Den Mangel an wichtigen Nahrungsmitteln zu beseitigen und die Arbeitslosenziffer zu senken. Wozu ich sagen muss, dass unsere ökonomische Lage äußerst schlecht ist und es uns sicher nicht leicht fallen wird, die Erwartungen unseres Volkes in vollem Maße zu erfüllen. Wir werden jedoch unser Bestes tun, denn wir sind uns des großen Vertrauens bewusst, dass unser Volk in uns setzt."

Die Versorgungsprobleme bekam Bandaranaike auch diesmal nicht in den Griff. Stattdessen setzte sie wieder auf die nationalistische Karte. Ihre Regierung verabschiedete 1972 eine neue Verfassung: Der Inselstaat erhielt den Namen Sri Lanka und die Minderheitenrechte der Tamilen wurden weiter eingeschränkt. Bandaranaike untersagte den Import tamilischer Filme, Zeitungen und Bücher aus dem benachbarten Indien und verbot mehrere Organisationen der Tamilen. Das radikalisierte die tamilische Minderheit und führte noch während ihrer zweiten Amtszeit zur Gründung der militanten "Tamilischen Befreiungstiger".

Außenpolitisch orientierte sich Bandaranaike an der Bewegung der blockfreien Staaten und wurde 1976 zur Vorsitzenden des internationalen Staatenbundes gewählt.

Doch Korruptionsvorwürfe in Sri Lanka warfen Schatten auf ihre Popularität im Ausland. 1977 verlor ihre Partei die Wahlen, drei Jahre später verurteilte sie ein Gericht wegen Machtmissbrauchs und untersagte ihr jegliche politische Betätigung. Erst 1994 sollte die 78-jährige ein letztes Mal in ihr Amt zurückkehren. Im August 2000 trat Sirimavo Bandaranaike aus gesundheitlichen Gründen zurück. Zwei Monate später erlitt die erste weibliche Premierministerin, deren Minderheitenpolitik zu einem blutigen Bürgerkrieg geführt hatte, einen tödlichen Herzinfarkt – auf dem Rückweg von einem Wahllokal, wo sie zuvor noch der Sri Lanka Freedom Party ihre Stimme gegeben hatte.