Die Spendierhosen anhaben …

Von Rolf-Bernhard Essig · 12.12.2008
Diesmal geht es um die Redensarten: Die Spendierhosen anhaben, unchristliche Uhrzeit, Trübsal blasen, In Bausch und Bogen, Auf den letzten Drücker u.a.
Die Spendierhosen anhaben

Wenn jemand in Geberlaune ist, dann freut sich alle Welt, jedenfalls die Eingeladenen. Weil das nicht so häufig vorkommt, jedenfalls nicht so häufig, wie man es sich wünscht, suchte man – scherzhaft – nach Erklärungen für die Freigebigkeit und fand sie nicht im Charakter, sondern in den besonderen Beinkleidern, die den Spendierer in die entsprechende Laune versetzten.

Unchristliche Uhrzeit

Eine Erklärung für den Ausdruck unangenehmer Frühe geht vom Gebetsruf des Muezzins aus, der noch vor den christlichen Glocken ertöne. Das klingt gut, doch gab es natürlich durchgehend schlagende Kirchenglocken, die jede Viertelstunde anzeigen, dazu Frühmessen, die nicht nach dem Muezzin, sondern noch vor ihm stattfanden. Denkt man dann noch an den Begriff "in aller Herrgottsfrühe", wird er islamische Bezug höchst unwahrscheinlich.
Es stimmt schon, dass "unchristlich" grundsätzlich "heidnisch" heißt, doch beide Wort entwickelten sich im Lauf der Zeit zu Bekräftigungen, so dass man außer von einer "Heidenfrühe" auch von der "Heidenangst" oder dem "Heidengeld" sprechen kann. Bei "unchristlich" ist es genauso, ja sogar früher zu beobachten. Schon in der frühen Neuzeit bedeutete es auch "unmenschlich, hart, grausam", dann "übermäßig, gewaltig", wurde also zu einem Steigerungswort ohne religiösen Bezug. Da gab es denn auch die "unchristliche Zumutung". Als solche wird das frühe Aufstehenmüssen verstanden.

Trübsal blasen

Die Sprichwortforschung stochert hier ein wenig im Nebel. Es könnte mit der Trauermusik zu tun haben, die bei Todesfällen vom Turme geblasen wurde, vielleicht auch mit dem Volkslied "Ich schell mein Horn im Jammerton", doch fehlt es an Beweisen. Interessant ist, dass man in der Schweiz das Gegenteil kann, nämlich "Freud blasen", was dafür spricht, es gehe bei der Wendung um die wichtige Rolle der Blasmusik bei allen Wechselfällen des Lebens.

In Bausch und Bogen

Die Redensart gehört zu den Reimformeln, also paarigen Ausdrücken, an denen das Deutsche sehr reich ist. Man denke nur an "durch dick und dünn", "über Stock und Stein", "Land und Leute", "Haus und Hof". Gar nicht selten haben diese Formeln mit Rechtsgeschäften oder Rechtsauffassungen zu tun.
Die Brüder Grimm leiten denn auch "in Bausch und Bogen" von einem Brauch bei Grundstückskäufen in alter Zeit her. Damals gab es sehr selten gerade Grenzverläufe, vielmehr passten sich Grundstücke oft den Naturgegebenheiten an, hatten also Ein- und Ausbuchtungen. "Bausch" nannte man die Ausbuchtung einer solchen Grenze, "Boge" die Einbuchtung. Verkaufte man Land "in Bausch und Bogen", so hieß das, ohne auf genaue Verrechnung dieser Teile zu achten. Übrigens entstand auch unser Wort "pauschal" daraus. Aus "Bausch" wurde im Amtsdeutsch "Pausch", daraus das latinisierende Adjektiv "pauschalis" und das wiederum zu "pauschal".
Eine andere Erklärung hat viel Reiz, weil sie mit dem "Bogen" ganz direkt zu tun hat. Papier wurde früher in Ballen verkauft, wobei jeweils die einzelnen Bögen mit dünnem Tuch voneinander getrennt und trockengehalten wurden. 181 Bögen Papier zwischen 182 dünnen Tüchern ergab den Ballen, den man "Pauscht" oder auch "Bausch" nannte. Da es sich um einen Fachbegriff handelt, dem zudem das Ungefähre, Summarische fehlt, überzeugt diese Herleitung nicht.

Auf den letzten Drücker

Ganz sicher ist man sich nicht, aber mit gewisser Wahrscheinlichkeit kommt die Redensart vom Kartenspiel her. Wenn man da mit dem letzten Stich gerade noch gewinnt, dann könnte man das als "auf den letzten Drücker" bezeichnen, da man wichtige Karten mit Nachdruck auf den Tisch legte.

In einem Nu

Das Wort "Nu" ist verwandt mit "nun", das früher und in manchen Dialekten noch "nu" hieß. Es bezeichnet den kurzen Moment, den Augenblick, den Punkt der Gegenwart. Man führt das Hauptwort darauf zurück, dass es genau die Zeit ist, die man benötigt, um "nun" zu sagen, also einfach eine kurze Spanne. Deshalb konnte es in diesem redensartlichen Gebrauch zu der Bedeutung "sehr schnell" kommen.

Auf den Hund kommen

Mindestens drei schöne Geschichten existieren zur Erklärung der beliebten Redewendung. Die erste erzählt von alten Getreidetruhen, auf deren Boden als Schmuck ein Hund eingeschnitzt gewesen. Ging das Korn aus, trat der Hund zutage und man litt offensichtlich unter Armut. Die zweite erzählt von alten Fuhrwerken, die zu transportieren halfen. Wohlhabende und Durchschnittsverdiener spannten Ochsen oder Pferde davor, wer aber wenig Geld besaß, nahm den besten Freund des Menschen und ließ ihn den Karren aus dem Dreck oder überhaupt ziehen. So jemand war vom üblichen Zugvieh auf den Hund gekommen. Die dritte erzählt von der alten Rechtspraxis, dass Verurteilte einen Hund als Zeichen ihrer Strafe zu tragen hatten. Sie zeigte unmissverständlich und für jeden erkennbar, dass dieser Mensch einem Hunde gleich zu behandeln sei, den jedermann verjagen, ja erschlagen dürfe. Und da alle guten Dinge drei sind, stimmt die letzte Erklärung, die von den auch in Sachen der Rechtsgeschichte sehr beschlagenen Brüdern Grimm herausgefunden wurde.
Eine vierte Geschichte ist auf jeden Fall nicht zutreffend, da sie zu jung ist: Goethe war viele Jahre Leiter des Weimarer Theaters. Als dort ein französisches Stück aufgeführt werden sollte, in dem ein Pudel die Hauptrolle spielte, drohte Goethe an, zurückzutreten, falls es auf die Bühne komme. Die Favoritin des Fürsten Karl August von Weimar setzte es durch. Goethe nahm den Hut.

Sein Fett abkriegen

Bei Hausschlachtungen bekamen die Beteiligten bzw. die Familienangehörigen Teile des Tieres. Diese Teilung konnte sehr ungerecht verlaufen. Wer nur sein Fett abkriegte, wurde anderen gegenüber, die schieres Fleisch bekamen, zurückgesetzt, in gewisser Weise sogar gestraft, war das Fett doch weniger beliebt.

Dummheit und Stolz wachsen auf demselben Holz

Natürlich handelt es sich um ein Sprichwort, das häufig genutzt wird, um eine Person damit zu beschimpfen. Der Stolz bzw. Hochmut gehörte ja zu den Todsünden, weshalb ihn kein kultivierter oder gebildeter Mensch zeigen sollte. Das Ungehobelte, Dumme eines Menschen bewies sich also auch in seinem stolzen Verhalten. Dummheit und Stolz werden hier als einer Wurzel entspringend dargestellt.

Perlen vor die Säue werfen

Im Matthäus-Evangelium rät Christus, das Heiligtum nicht vor die Hunde und Perlen nicht vor die Säue zu werfen, die sie nur zerträten. Deutlich ist der harte Kontrast zwischen den reinen Perlen und den – als unrein geltenden – Schweinen, die zudem den schönen Schmuck nicht schätzen können, sondern nur zertreten. Dieses Zitat wurde als Redensart in vielen europäischen Sprachen beliebt.