Die schlechtesten Filme aller Zeiten

"Suchen uns richtig schön bescheuerte Filme"

Oliver Kalkofe posiert am 03.02.2014 bei der Premiere des Animationsfilms "free bird" in der Kulturbrauerei in Berlin für die Fotografen.
Oliver Kalkofe © picture alliance / dpa / Foto: Oliver Mehlis
Oliver Kalkofe im Gespräch mit Dieter Kassel · 07.02.2014
Wenn sich in "Sharknado" ein Held mit einer Kettensäge aus dem Maul eines Hais sägt, dann ist das ein "SchleFaZ" – einer der schlechtesten Filme aller Zeiten und ein Fall für Oliver Kalkofe und Peter Rütten. Auf Tele5 kommentieren sie regelmäßig das ganze Grauen auf der Matscheibe.
Dieter Kassel: Sharktopus, Frogs – Killer aus dem Sumpf -, Sumuru, Sharknado oder auch Blacula. Was ist das, fragt sich mancher, und die Antwort ist simpel. Das sind Filmtitel, aber nicht irgendwelche. Es sind die Titel einiger der schlechtesten Filme aller Zeiten. Das ist amtlich, denn die schlechtesten Filme aller Zeiten haben eine Heimat. Sie laufen einmal im Monat bei Tele5, und das ist Absicht, denn Peter Rütten und Oliver Kalkofe präsentieren diese Filme unter dem Titel „SchleFaZ“, immer am ersten Freitag im Monat so irgendwann kurz nach zehn, und die Serie ist inzwischen so erfolgreich, dass das ganze nicht nur im Fernsehen läuft, sondern parallel auch im Kino. Das passiert heute Abend das zweite Mal. Grund genug, mit einem der Schlechtfilm-Experten zu reden: mit Oliver Kalkofe nämlich. Guten Tag, Herr Kalkofe.
Oliver Kalkofe: Hallo!
Kassel: Täuscht mich mein Eindruck, oder merkt man eigentlich schon am Titel, wenn man einen SchleFaZ vor sich hat?
Kalkofe: Die meisten SchleFaZe sind zum Glück so, dass sie uns schon mit dem Titel vor sich selber warnen. Aber es ist ja so: Wenn wir mal in unserer Vergangenheit kramen, dann haben wir, jedenfalls alle die, die schon ein bisschen älter, sage ich mal, als 30 sind, solche Filme auch gesehen. Ich habe viele von den Filmen jedenfalls der älteren Art damals im Kino in den Kinder- und Jugendvorstellungen gesehen und wusste gar nicht, dass das Scheißfilme sind. Ich dachte, es sind gute Filme. Wenn ich daran denke: ich habe alle Godzilla-Filme rauf und runtergeguckt.
Godzilla war mein Lieblingsschauspieler viele Jahre lang und ich fand den ganz toll. Und später denkt man, oh Gott, im Vergleich war das ziemlich bescheuert. Aber ich habe auch Spaß daran gehabt, und das ist der Sinn unserer Reihe hier zu sagen, wir suchen uns richtig schön bescheuerte Filme, die im besten Falle jetzt nicht nur langweilig sind oder einfach nur mies gemacht, sondern wenn es geht noch mit so einem etwas verqueren, bekloppten Dreh auch darin, dass man sich darüber amüsieren kann und Freude haben darf.
Kassel: Da sind wir schon fast bei der zweiten Frage: Was macht denn, so wie Sie es für diese Reihe definieren, was macht denne einen wirklich schlechten Film aus?
"Hut ab dafür, dass ihr euch das getraut habt"
Kalkofe: Sagen wir mal so: Es gibt natürlich ganz viele. Man kann ja auf so vielen Wegen scheitern. Es kann das Buch sein, es kann sein, dass der Regisseur keine Ahnung hat, der Schnitt, die Schauspieler können furchtbar sein. Wenn das alles zusammenkommt, dann hat man auf jeden Fall so einen Kandidaten für uns. Aber schön ist es schon, wenn man sieht, dass da vielleicht noch jemand ist, der was wollte, und das ist dann irgendwie gegen die Wand gefahren, und es ist vielleicht so absurd, dass man bestenfalls noch sagen kann, okay, das ist zwar echt bekloppt, aber Hut ab dafür, dass ihr euch das getraut habt zu machen, das hätte sich nämlich ein richtiger, ein guter Film nicht getraut.
Wir hatten jetzt im Januar Sharknado, ein Wirbelsturm voller Haie, und dann fliegt ein Hai, ein riesiger Hai zum Beispiel am Ende aus dem Wirbelsturm raus und der Held springt gestreckt mit einer Kettensäge in dessen Maul und sägt sich dann aus dem Hai wieder raus und findet da noch eine Bekannte drin, die gerade kurz vorher gefressen wurde, und holt die auch noch mit. Das sind Momente, die sind so grandios furchtbar bescheuert, dass man sagt, okay, Hut ab, dass ihr so bekloppt wart, das zu machen, es ist ganz furchtbar geworden, aber für den Mut muss man auch wieder ein bisschen Respekt zollen.
Kassel: Passiert halt, so was. – Ich muss es jetzt erzählen: Das lief wie immer an einem Freitag im Januar bei Tele5 und das war auch das erste, was auch im Kino lief, und ich sage den Sender nicht, es war nicht Tele5. Am Samstagabend habe ich durchs Fernsehen gezappt und da lief ohne entsprechende Ankündigung Sharknado.
Kalkofe: Ja. Das ist dann natürlich schlimm, wenn es ohne unsere Begleitung geschieht. Wir haben ja hier dann den Vorteil, dass wir sozusagen betreutes Fernsehen mit den Zuschauern machen. Das heißt, wir sind ein bisschen wie Netzer und Delling, wir kommen dann zwischen den Teilen. Immer wenn es aus der Werbung zurückgeht, kommen wir beide rein, Peter Rütten und ich, und erzählen, was bisher geschah, zeigen noch mal in Zeitlupe die schönsten Momente, erklären noch mal das ganze Grauen und machen uns dann darüber lustig, und so macht es dann auch Spaß. So ein Film ganz ohne Begleitung, vor allem nüchtern, das ist hart.
Kassel: Das ist auch nicht ungefährlich?
Kalkofe: Nein.
Kassel: Aber was mir aufgefallen ist: Wenn ich diese Grundeinführung und das zwischendurch, was Peter Rütten und Sie machen, vergleiche mit Kalkofes Mattscheibe, wie Sie da Fernsehsendungen kommentieren, dann glaube ich, einen Unterschied zu erkennen. Ich finde – und dafür sind Sie seit über 20 Jahren berühmt -, bei der Mattscheibe ist es oft neben lustig auch wirklich böse und man merkt manchmal, einiges, da fällt Ihnen kaum noch ein, lustig zu sein, ist einfach nur schlimm. Und bei diesen Filmkritiken, wie ich sie mal nenne – sind es eigentlich ja nicht -, Einführungen, habe ich immer das Gefühl, das ist auch eher so ein liebevoller Humor. Ist also für Sie ein schlechter Film was ganz anderes als eine schlechte Fernsehsendung?
"Was heute uns zum Teil geboten wird, ist schon boshaft"
Kalkofe: Ja, es kommt wirklich darauf an. Bei den Filmen muss man ja auch immer sehen: da haben meistens ja doch viele Menschen dran gearbeitet und haben sich auch Mühe gegeben. Inzwischen ist es im Fernsehen so, dass wir zum Teil Sachen geboten bekommen, da macht sich wirklich ganz ehrlich keiner mehr groß Mühe. Da soll dann einfach nur noch Sendeplatz gefüllt werden. Was heute uns zum Teil geboten wird, ist schon boshaft. Ich kann ein Beispiel nennen: Wenn man Nachmittags ganz normal Fernsehen anmacht, laufen mehrere Stunden fast in einer Endlosschleife nur Scripted Realitys. Da gibt es einen Leitfaden und der wird von Laiendarstellern irgendwo zuhause nachgespielt und da sind keine Kameraleute, keine richtigen, keine Regisseure, und da kommen Geschichten, wie ich sie jetzt gerade gesehen habe.
Das ist in der aktuellen Mattscheibe heute Abend übrigens um 20 Uhr zu sehen. Ein Mann, der als Amtsrichter Gassmann fungiert, hat ein Hobby, ist nebenbei nämlich Pimmel-Model und legt seinen Wurm in Hot Dog Brötchen und lässt den dann von frustrierten Hausfrauen in Hotelzimmern fotografieren. Das läuft um 14 Uhr Nachmittags auf SAT.1 im besten Programm. Dagegen ist jeder SchleFaZ-Kandidat, den wir zeigen, ein echter Oscar-Gewinner und deswegen kann man da liebevoller rangehen, und bei solchen Sachen wie mit dem Lümmelmann im Hot Dog Brötchen, da muss man dann wirklich böse werden, weil das ist gemein.
Kassel: Wir reden heute Vormittag hier im Deutschlandradio Kultur mit Oliver Kalkofe, der zusammen mit Peter Rütten bei Tele5 regelmäßig die schlechtesten Filme aller Zeiten präsentiert: SchleFaZ, das nächste Mal heute Abend. – Was hat Tele5 eigentlich gesagt, als Sie beide oder einer von Ihnen damals im letzten Jahr irgendwann ankamen und gesagt haben, wir wollen gerne bei euch nicht zur besten, aber zu einer ziemlich guten Sendezeit die schlechtesten Filme aller Zeiten zeigen und sie auch so nennen?
Kalkofe: Das schöne war: Tele5 hat Sinn für Humor und kann auch über sich selber lachen. Als ich da hinkam und sah, dass die wirklich die ganze Zeit eh schlechte Filme zeigen, da bin ich offene Türen eingerannt, weil es hieß, die Idee, die schlechtesten Filme aller Zeiten zu präsentieren, hatten sie vorher eigentlich auch schon und wollten das gerne mal machen, und dann bitte. Dann haben wir losgelegt und es hat funktioniert und es hat sich ganz schnell durch Mund zu Mund beziehungsweise Handy-, Facebook-, Twitter-Propaganda wirklich zu so einer Kultveranstaltung gebracht, wo die Leute mitkommentieren, zuhause sitzen und diesen Spaß mit haben. Aber da war Tele5 zum Glück sehr cool.
Kassel: Muss man sich eigentlich, wenn man das so macht, das vom Filmverleih oder vom Regisseur oder sonst wem genehmigen lassen, dass man die so nennen darf?
Kalkofe: Man braucht schon die Senderechte. Das heißt, wir haben eine riesige Liste an Wunschfilmen, aber es geht schon darum, was findet man irgendwie im Archiv, oder man muss sonst die Senderechte dazukaufen. Das ist schon immer ein bisschen das Problem. Aber das Geschickte daran ist ja, dass wir nur zwischendurch erscheinen. Wenn man richtig in den Film reingehen würde und im Film etwas machen würde, das wäre wieder was anderes. Das wäre rechtlich so gesehen nicht möglich. Wir kommentieren es deswegen in den Pausen, und das dürfen wir.
Kassel: Haben Sie denn das Gefühl, es ist ja wahr? Es heißt zwar aller Zeiten, aber viele kommen ja aus den 70er-, 80er-Jahren, und Sie haben es am Anfang schon erklärt, das ist auch ein bisschen Jugenderinnerung, die Sie auf die Idee gebracht hat. Aber wenn Sie aktuelle Filme gucken, sind Sie beunruhigt, dass da nichts nachkommt, oder sagen Sie, nein, das kann man in 20 Jahren mit den Filmen auch wieder machen?
Kalkofe: Oh, das kann man mit Sicherheit. Außerdem ist es auch sehr überraschend, dass wir wirklich aus allen Zeiten was haben. Der eben erwähnte Sharknado, der war von letztem Jahr, der ist also ganz frisch.
Kassel: Was? Der sah wirklich nicht so aus!
"Gebt mal was von eurer Fantasie"
Kalkofe: Der ist ganz neu, der ist noch wirklich brandheiß gewesen. Heute Abend Blacula, der ist allerdings von 1972 und war damals richtig ernst gemeint und auch sogar recht erfolgreich und war damals wahrscheinlich auch gruselig. Erst mal ist es so: Wenn man ein bisschen Zeit vergehen lässt, werden einem wohl immer die Filme irgendwie alt und irgendwie albern vorkommen. Und das, was bei diesen älteren Filmen so charmant ist, das war manchmal ja noch so: man konnte noch nicht alles.
Es war noch nicht alles möglich technisch. Heute weiß man, man kann mit CGI und mit Effekten alles irgendwie vorgaukeln, und die Leute früher mussten dann manchmal so ein bisschen Theater spielen und sagen, okay, ihr seht vielleicht, dass jetzt hier kein Schussloch ist und dass der nicht wirklich umfällt, wir haben nicht wirklich andere Kostüme oder Masken, aber wir tun jetzt mal so, gebt mal was von eurer Fantasie mit rein, liebe Zuschauer, ihr müsst euch jetzt vorstellen, dass das so ist. Das ist etwas sehr Lustiges, wenn man das heute sich so anschaut, weil man heute was ganz anderes gewohnt ist.
Kassel: Ich muss zum Schluss zugeben, dass ich mir ein bisschen Sorgen um Sie mache, Herr Kalkofe, weil Sie jetzt seit über 20 Jahren einen wesentlichen Teil Ihres Lebens damit verbringen, schlechtes Fernsehen zu gucken aus beruflicher Veranlassung. Den wenigen Rest verbringen Sie inzwischen damit, schlechte Filme zu gucken. Ist das nicht irgendwie für die Persönlichkeit auch ein bisschen heikel?
Kalkofe: Ja, ich rechne auch mit Folgeschäden, die irgendwann auf mich zukommen, weil das ist schon irgendwie traurig, wenn man merkt, dass man weniger sich mit den guten Dingen auskennt, die jetzt gerade irgendwo laufen, sondern dafür wirklich jeden Schrott kennt, den andere sofort vergessen oder ignorieren dürfen. Ist nicht so toll, aber ich sage auch immer: es ist vielleicht kein schöner Job, aber einer muss ihn ja machen.
Kassel: Ich hätte jetzt fast gesagt, dann gehen Sie doch mal auf die Berlinale. Ich bin mir bloß nicht sicher, ob das ein hilfreicher Hinweis wäre. – Oliver Kalkofe war das, er präsentiert zusammen mit Peter Rütten heute Abend zum Beispiel wieder ein SchleFaZ. Heute ist es Blacula. Ich habe Blacula gesagt; ich finde, beides klingt schön.
Kalkofe: Ich finde beides schön. Ich gebe ja offen zu: so einen schönen Titel wie überhaupt sich so was auszudenken, aus Dracula dann schwarz Blacula zu machen. Es gab übrigens auch noch damals Blackenstein. Man hat damals in dieser Blaxploitation-Welle einfach alles noch mal in Schwarz nachgedreht. Die schwarzen Zombies von Sugar Hill haben wir auch noch im Programm, kommt auch noch demnächst und so. Das gab es alles damals. Das, finde ich, ist einfach sehr kreativ.
Kassel: Muss man sagen. Heute Abend erst mal Blacula um 22:10 Uhr bei Tele5 überall zu sehen und in – es ist nun mal die Zahl, ich habe nachgezählt – 13 Kinos. Oliver Kalkofe, ich wünsche Ihnen viel Spaß und ab und an eine Minute für irgendwas Gutes.
Kalkofe: Danke, das wünsche ich mir auch. Vielen Dank!
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