Die "Off-Universität"

Eine Online-Uni für entlassene türkische Akademiker

Hände tippen an einem Notebook.
Türkische Wissenschaftler, die nach dem Putsch entlassen wurden, können nun online Seminare geben. © dpa / Hans-Jürgen Wiedl
Christoph Neumann im Gespräch mit Katrin Heise · 07.10.2017
Seit dem Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 sind dort Tausende Akademiker entlassen worden. Sie sollen jetzt online lehren können - an der sogenannten "Off-Universität". Was es damit auf sich hat, erklärt der Turkologe Christoph Neumann.
"Off" steht nicht für "offline", sondern für "Organisation für den Frieden": Dieser Verein sei angetreten, um verfolgten türkischen Wissenschaftlern - im Exil oder in der Türkei - die Möglichkeit zu geben, "per distant learning interaktiv Unterricht zu geben, der anerkannt wird innerhalb des Bologna-Systems", sagt der Professor für Türkische Studien an der Universität München. Für die Kurse solle es "Kreditpunkte" geben, die sich die Studierenden an ihren Heimatuniversitäten anerkennen lassen könnten.
Dabei solle es keineswegs nur um Türkei-bezogene Themen gehen, so Neumann. Vielmehr würden die Wissenschaftler ihre Fachgebiete lehren - von Betriebswirtschaft bis Veterinärmedizin. Ein zusätzliches Risiko für die Verfolgten sieht Neumann nicht:

Türkische Wissenschaftler erleben einen sozialen Tod

"Ich glaube, da kann man wenig verderben heutzutage. Es ist ja so, dass diese Leute, vor allem diejenigen, die in der Türkei geblieben sind, so etwas wie einen sozialen Tod erleben. Sie sind nicht nur ihren Job losgeworden, sondern niemand kann sie eigentlich direkt einstellen. Häufig gibt es da jetzt so eine Art Schattenökonomie: Juristische Professoren, die als Konzipienten arbeiten, für irgendwelche Anwälte zum Beispiel. Insofern gibt es da schon auch ein ganz massives Interesse."
Das Ganze liege "zentral im Interesse des deutschen und auch des europäischen Bildungswesens", ist Neumann überzeugt. Positive Resonanz habe es bereits an Universitäten in Deutschland und der Schweiz gegeben. Finanziert werde das Projekt bisher über Crowdfunding und Stiftungen. Allerdings: "Auf die Dauer wird es ohne öffentliches Geld nicht gehen."

Am Samstag, den 7. Oktober, stellt sich die "Off-University" ab 16:00 an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin vor.

Mehr zum Thema