Die neue DSGVO

"Kein Schreckensmonster"

Zeigerfinger, der auf einen Bildschirm tippt
Nach der neuen EU-Verordnung dürfen Daten nur gespeichert oder weitergegeben werden, wenn die Nutzer aktiv zustimmen. © timothy muza auf Unsplash
Arne Semsrott im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 28.06.2018
Die Schreckenszenarien rund um die neue EU-Datenschutzregelung sind ausgeblieben, sagt unser Studiogast, der Journalist und Netzexperte Arne Semsrott. Er bedauert, dass damit der Datenschutz an sich in ein schlechtes Licht gerückt wurde.
Als die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25. Mai in der ganzen EU in Kraft trat, war die Aufregung groß. Die neuen einheitlichen Datenschutzregeln wurden als Bürokratie-Monster aus Brüssel gescholten, kleinere Unternehmen schienen wenig vorbereitet zu sein und waren verunsichert. Viele fürchteten, dass eine regelrechte Abmahnwelle durch findige Anwälte drohen könnte oder sogar ein Blogsterben im Internet.
Arne Semsrott im Deutschlandfunk Kultur Studio 9.
Der Journalist Arne Semsrott zu Gast bei Deutschlandfunk Kultur Studio 9.© Deutschlandradio
"Es ist gut, dass sie da ist und vor allem sind die ganzen Schreckensszenarien, die dann gerade in den letzten Monaten aufgebaut wurden, nicht eingetreten", sagte unser Studiogast, der Journalist und Netzexperte Arne Semsrott im Deutschlandfunk Kultur. Allmählich werde man sich mit der neuen Regelung anfreunden und feststellen, welche Vorteile die DSGVO habe. Die Gefahren sei relativ theoretisch, sagte Semsrott.

Datenschutz in schlechtem Licht

Viele kleine Vereine seien zunächst zu stark auf sich allein gestellt gewesen, und es habe lange keine Unterstützung gegen das vermeintliche "Schreckensmonster" gegeben. Inzwischen gebe es viele Ratgeber, beispielsweise von den Landesdatenschutzbeauftragten, die Vereinen und Bloggern geholfen hätten. "Wenn die dann datenschutzkonformer werden, dann haben wir, glaube ich, alle gewonnen."
Die große Diskussion über die Probleme der DSGVO sei schädlich gewesen, bedauerte Semsrott. "Das ist doch sehr groß geworden und hat den Datenschutz an sich so ein bisschen in schlechtes Licht gerückt." Er hoffe, dass sich das bald wieder ändern werde.

Mehr Vorsicht gegenüber Datensammlern

In seinem Alltag sei er erstaunt gewesen, festzustellen, wer alles noch Daten gespeichert habe und ihn angeschrieben habe, sagte Semsrott. Er habe im Mai und Juni viele E-Mails bekommen von Newslettern oder obskuren Unternehmen. "Da war ich teilweise selbst schon erschrocken darüber." Es habe sich teilweise um Unternehmen gehandelt, denen er vor zehn Jahren mal seine E-Mail gegeben habe. Er begrüßte, dass vielen das nun bewusster geworden sei.
(gem)

Der Journalist Arne Semsrott, Jahrgang 1988, ist Experte für Netz-Themen. Er schreibt für die Plattform für digitale Freiheitsrechte netzpolitik.org , zudem arbeitet er als Projektleiter für FragDenStaat.de bei der Open Knowledge Foundation Deutschland. Sein älterer Bruder ist der Kabarettist Nico Semsrott.

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