Die Malereien des Paris Bordone

Madonnen, Mägde und Mätressen

Eine Frau betrachtet am 23.02.2017 in Hamburg in der Kunsthalle das Bild "Jupiter und Io" von Paris Bordone. Die Ausstellung zeigt unter anderem Werke von Paris Bordone, Palma il Vecchio und Tizian und ist vom 24.02. bis 21.05. 2017 zu sehen.
Ausstellung "Die Poesie der venezianischen Malerei" in der Hamburger Kunsthalle: Eine Frau vor dem Gemälde "Jupiter und Io" von Paris Bordone © picture alliance / dpa / Axel Heimken
Von Andrea Richter · 26.02.2017
Paris Bordone ist bekannt für seine Altar- und Madonnenbilder. Doch nicht alle Frauen malte er so keusch verhüllt wie Maria: Auch mehr oder weniger vollständig entblößte Damen finden sich auf den Gemälden, die zurzeit eine Ausstellung in der Kunsthalle Hamburg zeigt.
Erotische Motive waren zur Zeit der Renaissance überaus beliebt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts schwärmte der venezianische Kunstkritiker Lodovico Dolce von einer Venus Tizians, die die Kraft besitze, "das erkaltete Blut der Alten wieder in Wallung zu versetzen". Auch dem Maler Paris Bordone wurde diese Wirkmacht zugesprochen. Seine Porträts junger Frauen mit entblößten Brüsten, oder seine nackte Venus, in Landschaft liegend, wirken verführerisch, auffordernd und doch irgendwie rätselhaft.

In die Landschaft drapierte Damen

Die Kuratorin der Ausstellung "Die Poesie der venezianischen Malerei" Sandra Pisot zeigt Bordones Venus im Kontext seiner Zeit:
"Die Venezianer waren so begeistert von diesem Bildthema, sodass man es in die großen Palazzi auf die großen Leinwände brachte, denn wir sprechen hier nicht von kleinen Formaten, das sind dann tatsächlich Bildformate von 1,20 Meter mal 1,70 Meter. Also riesige, drapierte Damen in der Landschaft, deren Körperformen sich auch so wunderbar, also deren Rundungen sich auch so wunderbar in diese hügelige Landschaft einpassen und dieses Thema war äußerst beliebt bei Sammlern."
Die Frauen Bordones gelten als Idealbildnisse, als "belle donne". Mit Haut "candido et vermiglio", schneeweiß und blutrot, entsprachen sie dem Schönheitsideal der Renaissance. Bordones Inkarnat, das heißt der Hautton seiner Figuren, ist hell, beinahe elfenbeinfarben. Bei genauerem Hinsehen entdeckt man zarte rote Flecken in Gesicht, auf Hals und Brust.
Der Kunsthistoriker Frank Fehrenbach hat sich mit dem Erröten bei Bordones Motiven, den erotischen und den religiösen, beschäftigt:
"Giorgio Vasari verwendet das Superlativ, dass Bordone in der Lage gewesen sei, einmal eine attraktivste Frau darzustellen, donna laszivissima. Trotzdem hat er aber auch religiöse Gemälde geschaffen. Eine Gemeinsamkeit zwischen beiden Bereichen ist sicherlich darin zu sehen, dass die Figuren besonders belebt erscheinen sollten. Paris Bordones Stilmittel, das zu erreichen, war eine besonders prominente Darstellung der Durchblutung, in der religiösen Malerei etwas reduziert, vorsichtiger, in der profanen Malerei häufig sehr, sehr prominent."

Ikonografie gibt Rätsel auf

Bordones Akte und Halbakte bleiben jedoch namenlos. In der Hamburger Ausstellung finden sich die "Junge Dame mit Spiegel und Magd", "Bildnis einer jungen Frau" oder "Bildnis einer jungen Frau am Putztisch". Wer aber saß Modell für die "belle donne"? Kurtisanen womöglich? Die Hafen- und Handelsmetropole Venedig hatte aufgrund ihrer vergleichsweise toleranten Politik den Ruf als "sittenloseste Stadt der christlichen Welt".
Nicht nur die Identität der Dargestellten, auch die Ikonografie, die Bedeutung bestimmter Gesten, Attribute oder Requisiten in Bordones Werk ist bis heute nicht vollständig geklärt.
Sandra Pisot: "Dann ist oftmals noch ein Spiegel dabei, dann wird es noch mal schwieriger, die sich spiegelnde Halbnackte, der Spiegel, der einmal die Vanitas symbolisiert, die Vergänglichkeit, das die junge Frau sich eingestehen muss, dass ihre Jugend und Schönheit verblassen wird und ihre Schönheit vergänglich ist aber dann auch wieder der Spiegel als Motiv der Prudentia der Klugheit, oder aber auch der Luxuria, der Wollust. Dieses ambivalente Motiv - eigentlich kann man es bis heute nicht richtig entschlüsseln."

In der Werkstatt Tizians gelernt

Der Maler Paris Bordone kam als Sohn eines Sattlers in Treviso zur Welt. Seine Familie schickte ihn im Alter von acht Jahren nach Venedig, wo er in der Werkstatt Tizians das Malerhandwerk lernen sollte. Venedig war für Künstler außerordentlich attraktiv. Die Serenissima, Zentrum der italienischen Renaissance, war eine reiche Stadt. Altehrwürdige Patrizier, die Citadini und nicht zuletzt der Klerus waren wohlhabende Auftraggeber. Bordones Oeuvre zeigt eine entsprechend große Vielfalt an Themen und Motiven.
Sandra Pisot: "Bordone hat den Fokus auf die Figuren gerichtet im Bild und er lässt seine Madonnen eben auch sehr groß und sehr präsent erscheinen, oftmals in eine Sacra Conversazione, ein heiliges Gespräch verwickelt, mit zwei Heiligen rechts und links. Und ähnlich wie in den Mythologien, die man in der Ausstellung sehen kann, setzt er seinen Fokus auf die Figuren und setzt die sehr, sehr groß und dominant in Szene und ähnlich macht er es auch mit seinen Madonnendarstellungen."
Frank Fehrenbach: "Am Anfang des 16.Jahrhunderts war da noch eine große Toleranz vorhanden. Man wird allerdings da auch schon feststellen, dass laszivere Darstellungen auf Altargemälden nicht geduldet waren. Weibliche Heilige wurden zum Teil recht freizügig dargestellt, die Madonna sehr selten, auch bei Bordone nicht. Aber Bordone selbst lebte noch in einer Zeit, bevor es zur sogenannten Gegenreformation kam, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in der die katholische Kirche dann versuchte, sehr stark den Bereich der dichterischen Freiheit und damit auch der anzüglicheren Darstellungen aus Gemälden, Skulpturen im religiösen Kontext heraus zu halten."

Idealbildnisse mit erotischer Ausstrahlung

Bis heute ist es die erotische Ausstrahlungskraft, die die Idealbildnisse der Frauenschönheiten im 16.Jahrhundert so besonders macht. Und auch wenn viele Werke bis heute nicht eindeutig entschlüsselt werden können, vielleicht ist es gerade die Rätselhaftigkeit der Bildmotive, der religiösen wie der profanen, die Bordones Arbeiten Spannung verleiht.

Die Ausstellung "Die Poesie der venezianischen Malerei" ist vom 24.2. bis 21.5.2017 in der Hamburger Kunsthalle zu sehen.

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