"Die Kunst zu lieben"

16.05.2012
Alle reden in diesem Film unablässig über Liebesdinge oder der Möglichkeit von wildem Sex: Zoe will ihrer Singlefreundin Isabelle einen Sexpartner verschaffen, doch die hilft lieber einer Freundin aus der Klemme. Achille hingegen versucht ziemlich tollpatschig, die sich freizügig gebende Nachbarin herumzukriegen.
Die "Liebeskunst" von Ovid ist für den Filmtitel aufgenommen worden und in der Tat stehen uralte Lebens-und Liebesweisheiten über den einzelnen Kapiteln dieses episodisch konstruierten Liebesreigens. Dass sich die verschiedenen Protagonisten in Liebesdingen daran überhaupt nicht halten, ist ein Spaß, der den Film leicht und ein bisschen ironisch macht, den Zuschauer aber auch provoziert, das Gesehene an diesen als Zwischentitel eingeblendeten Ratschlägen zu messen.

Wir sehen vier Paare, die sich erst finden oder fast dabei sind, sich zu trennen, ihre Liebeshändel sind nur lose miteinander verknüpft und basieren auf einer Ideensammlung, die der französische Regiespezialist für subtile Liebesfilme schon lange mit sich herumträgt. Bei ihnen allen geht es weniger um die große dramatische Liebe, als darum, emotionale Bindungen und Verlangen, Moral, Gewissen und Leidenschaft miteinander in Einklang zu bringen. Der Zuschauer kann diese Entscheidungen entspannt verfolgen, denn die flüchtige, lebendige Struktur und die allesamt gut situierten Pariser Großstadtbürger fordern keine tiefere emotionale Bindung an das Geschehen.

Ein bisschen ungläubig, aber mit viel Identifikationspotenzial und durchaus amüsiert beobachten wir den gut gemeinten Freundschaftsdienst von Zoe (Pascale Arbillot), die ihrer Singlefreundin Isabelle (Julie Depardieu) partout einen Sexpartner verschaffen will und ihr dafür sogar den eigenen Ehemann anbietet. Das Angebot nimmt Isabelle nicht an, dafür hilft sie einer anderen Freundin aus der Patsche, indem sie sich inkognito im dunklen Hotelzimmer zum Sex mit deren langjährigem Kumpel trifft, der unerwartet ein Liebesgeständnis gemacht hatte.

Urkomisch sind die Verführungsversuche von Achille (Francois Cluzet) an seiner bildschönen und sich freizügig gebenden Nachbarin (Frédérique Bel), doch Anziehung und Abwehr passieren hier beiderseits stets zur Unzeit.

Ernsthafter ist die neu entflammte Leidenschaft von Emmanuelle (Ariane Ascaride) für alle anderen Männer, nur nicht ihren eigenen, der sich nun entscheiden muss, ob er die neue Lebenssituation akzeptieren kann.

Das in den letzten Jahrzehnten neu definierte Recht auf Selbstbestimmung kollidiert auch bei dem jüngsten Paar mit Moral und Gewissen, denn William (Gaspard Ulliel) und Vanessa (Èlodie Navarre) haben beschlossen, ihre Liebe durch eine Zeit sexueller Freizügigkeit auf die Probe zu stellen. Der Erfolg all dieser Experimente ist offen, die "Liebeskunst" wird nicht in ehernen Lettern neu geschrieben, aber Vergnügen hat man beim Zusehen allemal.

Frankreich 2011. Regie: Emmanuel Mouret. Darsteller: François Cluzet, Frédérique Bel, Julie Depardieu, Emmanuel Mouret, Ariane Ascaride, Pascale Arbillot, Judith Godrèche. Länge: 88 Minuten

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