Die Künstlerin Karin Sander

"Gebrauchskunst" mit Konzept

31:33 Minuten
Die Berliner Künstlerin Karin Sander präsentiert 2014 ihre "Papierarbeiten mit Aktenreitern" in der Galerie Schipper.
Die Berlinerin Künstlerin Karin Sander erschafft ungewöhnliche Kunsterlebnisse. © dpa / picture-alliance/ Tagesspiegel
Moderation: Ulrike Timm · 22.02.2019
Audio herunterladen
Mango, Brokkoli, Zwetschge: Die Künstlerin Karin Sander hat bei einer Ausstellung bereits Obst und Gemüse an die Wand genagelt. Wie sie dieses und andere ungewöhnlichen Kunsterlebnisse erschaffen hat - darüber spricht sie in der Sendung "Im Gespräch"
Die mehr als 20 blütenweißen Leinwände in unterschiedlichen Formaten sind nach den Räumen benannt, die die Villa "Haus am Waldsee" in den 1920er-Jahren hatte und verfremden in diesen Tagen die frisch renovierte Fassade der Villa "Haus am Waldsee".
Dort sind sie Wind und Wetter ausgesetzt - und den Spuren, die Tiere und Besucher auf ihnen hinterlassen, erklärt Karin Sander. "Sie nehmen diesen Zeitraum auf und bilden ihn ab. Aus dem Inneren des Hauses sind dann die Titel der Bilder zu lesen, die auf der Rückseite der Leinwände aufgebracht sind. Sie heißen "Musikzimmer, Billardraum, Schlafzimmer, Badezimmer". In ihren Bildern fänden "Zeitverschiebungen ihre Patina", sagt die Künstlerin.
Der Ursprung ihres Konzepts der "Gebrauchsbilder" liege in New York, erzählt Karin Sander: "1990 bezog ich dort eine Wohnung, die so verdreckt war, so etwas habe ich noch nie gesehen. Ich hatte eine kleine weiße Leinwand dabei und habe diese kleine Leinwand in diese Wohnung gehängt. So strahlte dieses Weiß in dem ganzen Schmutz. Dann wurde die Wohnung renoviert, selbst die Kakerlaken waren nachher weiß und verschwanden irgendwann.
Das Haus am Waldsee zeigt die Ausstellung "Karin Sander. Von A bis Z".
Das Haus am Waldsee zeigt bis 3. März die Ausstellung "Karin Sander. Von A bis Z".© dpa / picture alliance / Kay Nietfeld
Und dann hat dieses Bild seinen Platz immer wieder gewechselt und hat so langsam diese ganze Wohnung abgebildet. Dann war das Bild irgendwann schmutzig und die Wände weiß. Es drehte sich dann in dem Prozess über zehn Jahre, die diese Wohnung bewohnt wurde und auch Gästen immer wieder zur Verfügung stand, um. So hat dieses Bild diese Geschichte dann abgebildet."

Ausstellung mit Künstlern, bei der kein Kunstwerk zu sehen war

Karin Sander erinnert sich an einen Moment in ihrer Kindheit, in dem sie so konzentriert war, wie sie es heute ist, wenn sie mitten in einem künstlerischen Schaffensprozess steckt. Dieser Moment, in dem sie als fünfjähriges Mädchen mit zwei Gefäßen "Wasser gezählt" habe und den ihre Mutter auf einem Schwarz-Weiß-Foto festhielt, sei der Beginn ihrer Existenz als Künstlerin gewesen.
"Dieses Gesicht, das dieses Mädchen hat, das ist eigentlich sehr spezifisch für das, wenn ich konzentriert an etwas arbeite. Meine Mutter hat damals angefangen zu fotografieren und hat mit diesem Foto auch einen Preis gewonnen. Ich könnte sagen, das war der Startschuss."
Karin Sander erschafft ungewöhnliche Kunsterlebnisse. So war von ihr nicht nur eine Schau zu sehen, bei der Obst und Gemüse an die Wand genagelt war.
Einmal organisierte sie eine Ausstellung mit 566 Künstlern, in der kein einziges Kunstwerk zu sehen, dafür aber umso mehr zu hören war. Sie hat einen "Transzendenzaufzug" erschaffen, Leinwände offiziell zur Verwitterung frei gegeben, massenweise Museumsbesucher im Kleinformat hergestellt und die Garderobe der Kunstinteressierten zum eigenen Ausstellungsstück gemacht. International gefeiert und mit Preisen geehrt, pendelt die Kunstprofessorin von der ETH Zürich zwischen der Schweiz und Berlin hin und her.
Mehr zum Thema