"Die Karte des Piri Re'is" von Susanne Billig

Kolumbus und das vergessene Wissen der Araber

Buchcover "Die Karte des Piri Re'is" von Susanne Billig, im Hintergrund Wolken über dem Atlantik
Buchcover "Die Karte des Piri Re'is" von Susanne Billig, im Hintergrund Wolken über dem Atlantik © C.H.Beck Verlag / imago
Susanne Billig im Gespräch mit Andrea Gerk · 27.10.2017
Gab es schon vor Kolumbus geografisches Wissen über Amerika? Mit ihrem Buch "Die Karte des Piri Re'is" geht die Lesart-Rezensentin Susanne Billig dieser Frage nach – und verweist auf die Bedeutung des arabisch-islamischen Kulturkreises für die Entwicklung Europas.
Wie kann es sein, dass eine Atlantikkarte um das Jahr 1500 schon die Ostküste Südamerikas bis ins Detail korrekt wiedergab? Damals war es gerade erst ein paar Jahre her, dass Christoph Kolumbus bis zu den mittelamerikanischen Inseln gelangt war. Von wem stammt also das kartografische Wissen, das bereits zuvor existiert haben muss? Diesen Fragen geht die Wissenschaftsjournalistin und Lesart-Rezensentin Susanne Billig in ihrem neuen Sachbuch "Die Karte des Piri Re'is. Das vergessene Wissen der Araber und die Entdeckung Amerikas" nach.
Darin argumentiert sie, dass die Eroberung Amerikas durch die Spanier nur möglich war dank der nautischen, technischen, astronomischen und geografischen Kenntnisse, die das Abendland jahrhundertelang von den Arabern übernommen hat. Susanne Billig stützt sich in ihrem Buch auf die Forschungsarbeiten des türkischen Orientalisten Fuat Sezgin, der seit den 60er-Jahren die Geschichte der Naturwissenschaften im arabisch-islamischen Kulturkreis erforscht. "Das Buch ist mehr sein Buch als meines", betont die Autorin.

Araber schon vor den Europäern in Amerika?

Laut Fuat Sezgin und Susanne Billig benutzten die europäischen Seefahrer und "Entdecker" für ihre Atlantiküberquerungen höchstwahrscheinlich Karten arabisch-islamischen Ursprungs. Das legt nahe, dass sie schon vor den Europäern nach Amerika gesegelt sind. Doch davon will die westliche Geschichtsschreibung wenig wissen, kritisiert Susanne Billig.
Mit ihrem Buch will sie dazu beitragen, dass das Abendland anerkennt, mit seinem Schaffen in den Naturwissenschaften im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit "auf den Schultern seiner arabischen Vorgänger" zu stehen. Sie fragt: "Warum steht nach Jahrhunderten muslimischer Präsenz auf der Iberischen Halbinsel und Sizilien überhaupt in Frage, ob der Islam zu Europa gehört?"

Susanne Billig: Die Karte des Piri Re'is. Das vergessene Wissen der Araber und die Entdeckung Amerikas
Monografie
C.H.Beck Verlag, München 2017
303 Seiten, mit 58 Abbildungen und 4 Karten, 18,95 Euro

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