Die goldene Epoche der Malerei

Von Nikolaus Schauerhuber · 03.03.2009
Mit der Ausstellung "Das Zeitalter Rembrandts" kann die Wiener Albertina eine ihrer zentralen Stärke ausspielen, stammen doch rund 150 der gezeigten Werke von 60 Künstlern aus der eigenen graphischen Sammlung. Anders als bei der monographischen Rembrandt-Schau vor fünf Jahren verdeutlicht die neue Ausstellung eindrucksvoll das volle Spektrum der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts, das als "goldenes Zeitalter" der Malerei bezeichnet wird.
Wer wichtige Ölgemälde Rembrandts oder auch anderer großer alter Meister des niederländischen 17. Jahrhunderts sucht, wird diesmal nur am Rande fündig. Aber das macht gar nichts. Im Gegenteil: Angesichts des breiten Bogens, den die neue Ausstellung spannt, wird einem die enorme thematische Vielfalt, von der Landschaft, dem Genrebild, über die Marineszene bis hin zu Porträt und Stillleben, ebenso wie die stilistische Vielfalt jener so fruchtbaren künstlerischen Epoche erst richtig bewusst. Wesentlicher Motor für die Innovationskraft war nicht zuletzt auch ein Kunstmarktboom – durchaus mit dem heutigen vergleichbar – auf dem freien, von Angebot und Nachfrage bestimmten Markt der damaligen bürgerlichen Gesellschaft in den nördlichen Niederlanden. Abseits der feudalen Auftragskunst, erklärt der Albertinadirektor Klaus Albrecht Schröder.

"In den Niederlanden malen Jacob und Salomon van Ruisdael, Adriaen van Ostade ihre Spezialthemen und bieten sie an. Wozu zwingt das? Das zwingt unmittelbar dazu, dass der Künstler in diesem anonymen Markt sofort eindeutig identifiziert werden will. Er ist ein Spezialist nicht nur für eine Landschaft, sondern vielleicht für die Dünenlandschaft, oder für die Topographie, für die Stadtansicht. Oder für das Marinebild. Wenn für das Marinebild, vielleicht für das mit der stillen See, in der Flaute herrscht oder auch für das Stürmische."

Rembrandt van Rijn, in der ansonsten mehr nach Themen geordneten Schau mit rund 35 Graphiken aus der Albertina in einem eigenen Saal vertreten – ragt dabei als Universalgenie in allen Themen und Techniken noch spürbarer als sonst heraus. Faszinierend auch der Überblick darüber, wie breit im Vergleich zur Ölmalerei das technische Spektrum in jener Zeit bei den Arbeiten auf Papier ist, die als absolut gleichwertige eigenständige Kunstwerke sonst oft untergehen.

"Wir haben uns in dieser Ausstellung ja entschieden, Druckgraphik nur von Rembrandt zu zeigen, weil die den Olymp repräsentiert. Nur bei Rembrandt sind auch einige Zustände, einige Radierungen, große Platten, wie etwa mehrere Fassungen der Kaltnadelradierung Die drei Kreuze dabei. Von allen anderen werden fertige Bilder gezeigt - von der weichen, schwarzen Kreide, bis zum Rötel, von der Gouache über Aquarell bis zur Federzeichnung. Denn man versucht ja auch von der Technik her sich zu unterscheiden."

Nicht zuletzt beweist die Ausstellung zum Goldenen Zeitalter Rembrandts auch das besondere Sammlerauge des Gründers der Albertina, wurde doch der Großteil der präsentierten Blätter von Herzog Albert von Sachsen-Teschen selbst während der Jahre seiner Generalstatthalterschaft in Brüssel Ende des 18. Jahrhunderts erworben. Die für die Sammlung der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts zuständige Kuratorin Marian Bisanz-Prakken konnte also beim Zusammenstellen der Schau auch abseits ihrer großen Rembrandt-Kollektion aus dem Vollen schöpfen. Die wenigen Ölgemälde der verschiedenen Leihgeber haben hier tatsächlich nur als anschauliche Ergänzung ihren Platz.

"Manchmal ergänzt ein Gemälde zum Beispiel von einem Salomon von Ruisdael, von dem man keine einzige Zeichnung kennt, wunderbar die Gruppe 'Van Goyen und sein Kreis'. Andererseits gibt es Gemälde, wie etwa von Jan Brueghel die spätmanieristische Landschaft aus dem Liechtensteinmuseum eine Zeichnung, die eng damit zusammenhängt. Es gibt also sowohl vergleichbare Motive als auch die Absicht, die Zeichnungen sinnvoll zu ergänzen durch Beispiele der Malerei. Und zwar durch solche, in denen auch das Graphische besonders zur Geltung kommt."

Ob die in der niederländischen Feinmalerei perfektionierte Darstellung etwa vom Glanz von Metall, Glas oder Samt wie bei Frans van Mieris oder die bewegt expressiven Meerestücke eines Allart van Everdingen oder auch die italianisiernden, in südliches Licht getauchten Landschaften zum Beispiel eines Nicolaes Berchem – all diese Exponate beweisen vor allem eines eindrucksvoll: Allein in ihrer Vielfalt unterscheiden sich die Künstler der nördlichen Niederlande in jener Zeit ganz deutlich von ihren südlichen Nachbarn, erklärt Klaus Albrecht Schröder:

"Dem gegenüber wäre das flämische 17. Jahrhundert sehr viel homogener – ich möchte nicht langweiliger sage, das wäre bösartig – aber zwischen Rubens und seinen Schülern ist nicht annähernd dieser Unterschied, wie etwa zwischen einem Leidener Feinmaler, der eine Liebeskranke malt, deren Urin geprüft werden muss, um auf die Ursache zu kommen, einem drastischen, liederlichen Leben der Bauern, wie sie Adriaen van Ostade interpretiert, oder einem brillanten Blumenstillleben eines Jan van Huysum. Das sind Welten dazwischen und doch eint sie alle zusammen das gleiche Weltbild, der gleiche gesellschaftliche und historische Hintergrund im Zeitalter Rembrandts."

Eben gerade durch die kontrastreich-dichte Zusammenstellung der ganzen künstlerischen Bandbreite werden die kunsthistorischen Zusammenhänge und die enorme Entwicklung in der Malerei für den Besucher gut nachvollziehbar. Und das vor allem anhand von so mancher Meisterzeichnung, der allzu oft - in anderen Zusammenhängen präsentiert -neben den großen Ölgemälden ganz zu Unrecht viel zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Service: Die Ausstellung "Das Zeitalter Rembrandts"
ist vom 4. März 2009 bis zum 21. Juni 2009 in der
Albertina Wien zu sehen.