Die Erfinder des Gartenkults

Von Rolf Wiggershaus · 10.05.2012
Es gibt nicht viele Gesellschaften, die auf eine Tradition von mehr als 100 Jahren blicken können und noch so lebendig sind. Die "Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur" kämpft weiterhin für die Erhaltung und Verschönerung von öffentlichen Grünflächen.
"Wenn ich früher in der Baumschule für 50 Mark eine serbische Fichte verkauft habe, dann hat der Kunde gedacht, er hat unseren Betrieb aufgekauft. Man hat auch nur das Allernotwendigste gepflanzt, und wenn man gesagt hat: ‚Da ist ein System drin, und ein Garten ist etwas Schönes’, haben die Leute gesagt: ‚Brauch ich nicht!’ Dann etablierten sich immer mehr hochwertige Gartenzeitschriften. Sie können die edelsten Geräte heute kaufen bis hin zu einem Gartenladyoutfit können Sie diesen Gartenkult betreiben. Manche mögen das, manche machen es ein bisschen einfacher. Aber es zeigt einfach, wie groß das Interesse ist und dass viele begriffen haben, dass diese Gartenkultur eine Lebensphilosophie ist."

Petra Hirsch ist Gartenplanerin und Vorsitzende des Landesverbandes Hessen der "Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur". Die von ihr begrüßte neue Wertschätzung aufwendiger Gärten und damit auch der Tätigkeit von Garten- und Landschaftsarchitekten macht es leicht, eine Brücke zu schlagen zwischen der heutigen DGGL und ihrer Gründung am 10. Mai 1887 in Dresden während der Ersten Internationalen Gartenbau-Ausstellung in Deutschland. Dem "Verein deutscher Gartenkünstler" - so der anfängliche Name - ging es um die Abgrenzung von Laien einerseits, nicht-künstlerischen grünen Berufen wie Obstbauern oder Handelsgärtnern andererseits.

Für mehr als ein Jahrzehnt war er eine berufsständische Interessenvertretung. Doch dann kam um die Jahrhundertwende in Reaktion auf industriegesellschaftliche Umbrüche eine Zeit vielfältiger Reformbewegungen, die auch die Gartenkünstler erfasste. 1905 mahnte der Frankfurter Gartendirektor Carl Heicke auf einer Hauptversammlung des Vereins:

"Es regen sich heute weite Kreise, die jahrelang sich für Gartenkunst nicht interessiert haben, zu reger Mitarbeit. Wenn wir unter diesen veränderten Zeitverhältnissen die Führung auf unserem eigenen Gebiete nicht verlieren wollen, ist es nötig, daß wir uns aus der Enge des Fachvereins herausbegeben in die breiteste Öffentlichkeit."

Der Verein gab sich den neuen Namen "Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst"; sein Organ, die Zeitschrift "Die Gartenkunst", wurde zum Forum fachlicher Auseinandersetzungen. In einer bis in die späten 1920er Jahre reichenden glanzvollen Phase kommunaler Gartenplanung und -gestaltung entstanden Volksparks und Sportanlagen, Grünzüge und Siedlungsgrün. Die "Gleichschaltung" des Vereins während des nationalsozialistischen Regimes wurde dadurch erleichtert, dass für eine bodenständige Garten- und Landschaftsgestaltung eintretende Mitglieder ihre Ansichten ideologisch aufgewertet sahen.

Heute hat die "Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur" über 2000 Mitglieder; Bundesverband, Landesverbände und Arbeitskreise bieten eine breite Palette von Veranstaltungen und Publikationen. Als wichtiges Element hebt Petra Hirsch die Tradition ehrenamtlicher Tätigkeit hervor:

"Uns macht es einfach Spaß, an einer Sache zu wirken, wo wir nicht pausenlos geschäftstüchtig denken müssen. Ich habe den Eindruck, wenn man so als Gärtner strukturiert ist, dann ist man kein knallharter Geschäftsmann. Das ist eigentlich die Grundlage für die ehrenamtliche Tätigkeit."

Für die berufsständischen Interessen ist der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten zuständig. Die DGGL hingegen nutzt die Chance, Fachkompetenz und deren Förderung in den Dienst allgemeiner Interessen zu stellen.

"Wir mischen uns aber auch in die öffentlichen Belange ein. Wenn man z.B. jetzt an Wiesbaden denkt und dass da Ideen existieren, die ganze Reisinger-Herbert-Anlage mehr oder weniger platt zu machen und eine große Messehalle hinzubauen, damit es Messebesucher möglichst schnell ins Luxusrestaurant schaffen, und keine Rücksicht genommen wird auf die Lebensqualität der Wiesbadener selbst und der aus dem Umland. Das ist natürlich ein harter Kampf gegen Politik oder Geldinteressen. Da ist man in unserer Gesellschaft ein Mahner. Wir mahnen immer wieder an oder wir klären auf, wie wichtig diese Güter für das Funktionieren einer gesunden Gesellschaft sind."