Die begehrteste Filmtrophäe der Welt

Von Bernd Sobolla · 24.02.2008
Die Oscar-Organisatoren hatten sich wegen des Autorenstreiks schon auf eine Ersatzshow eingestellt. Nach der gütlichen Beilegung des Konflikts konnte das glamouröseste Ereignis der Filmwelt doch noch stattfinden. Bisher musste es noch kein einziges Mal ausfallen. Aber Absagen und überraschende Statements von Stars gab es genug in der Geschichte des Oscars.
" And the Oscar / goes to! / my whole live / could you double check the envelope? / Thank you, thank you, thank you! "

Heute Nacht ist es wieder soweit: Strahlende Gesichter, Arme, die sich in die Höhe strecken und Lobeshymen aller Art. Dabei begann alles ganz anders: Als das US-Kino Ende der 20er Jahre in der Krise ist, will der Leiter der MGM-Studios, Louis B. Mayer, mit Freunden eine Akademie aufbauen. Diese soll die Kunst des Filmemachens fördern, nach außen darstellen und zugleich die Interessen der Filmschaffenden stärken.

Am 11. Januar 1927 wird die "Academy of Motion, Pictures Arts and Sciences" gegründet. Von einer Ehrung für herausragende Leistungen ist in den Gründungsstatuten nur in einem Nebensatz die Rede. Aber zwei Jahre später ist es soweit. 1929 wird der Akademiepreis zum ersten Mal vergeben und ein Jahr später die Zeremonie erstmals im Radio übertragen. Das Interesse steigt, und der Durchbruch gelingt, als sich die Akademie 1941 entschließt, die Preisträger erst bei der Verleihung bekannt zu geben. Auch die Tatsache, dass nicht mehr eine Handvoll Erlesener die Gewinner bestimmt, sondern alle Mitglieder ein Stimmrecht haben, macht den Oscar bedeutender.

1953 wird die Verleihung zum ersten Mal im Fernsehen übertragen und mutiert zur großen Show. Aber der Oscar ist auch immer von Skandalen und Enttäuschungen begleitet. Orson Welles erhielt zwar 1941 den Oscar für das Drehbuch von "Citizen Kane", nicht aber für die Regie. 1970 wird er mit dem Ehren-Oscar für sein Lebenswerk geehrt - eine Art Trostpflaster:

Orson Welles: " Diese Ehrung kann ich nur im Namen aller Einzelgänger annehmen. Wir gehen unsere eigenen Wege, aber ohne zu glauben, dass diese die einzigen oder besten wären. Es ist nur so, dass sich meine Zwänge von euren unterscheiden. Meine Regiearbeiten z.B. subventioniere ich mit dem Geld, das ich als Schauspieler verdiene. Mit anderen Worten: Ich bin verrückt! "

Ähnlich ergeht es Alfred Hitchcock. Sechsmal wird er nominiert für den Oscar, bekommt ihn aber nie. Charlie Chaplin erhält zwar den Ehrenoscar und einen Oscar für die Beste Filmmusik, aber nie für die Regie oder als Schauspieler. 1961 lehnt George C. Scott als erster Schauspieler den Oscar ab, weil er die Verleihung als Fleischbeschau ansieht. Als erster Schwarzer erhält Sidney Poitier 1964 für "Lilien auf dem Feld" den Oscar als Bester Hauptdarsteller und 2002 den Preis für sein Lebenswerk.

Sidney Poitier: " Als ich 22 war, kam ich nach Hollywood. Es war eine völlig andere Zeit als heute. Eine Zeit, in der die Würfel, hier 53 Jahre später zu stehen, nicht zu meinen Gunsten gefallen wären. "

Jane Fonda wiederum gewinnt 1971 für ihre Rolle in "Klute" den Oscar als Beste Schauspielerin, wird aber nicht zur Verleihung eingeladen, weil man fürchtet, sie könnte eine Rede gegen den Vietnamkrieg halten. Marlon Brando lässt zwei Jahre später seinen Oscar für "Der Pate" aus Protest gegen die schlechte Behandlung der Indianer vom Häuptling Sacheen Littlefeather abholen. Und Woody Allen gewinnt gleich drei Oscars, erscheint aber nie zur Preisverleihung. Er spielt lieber Klarinette in seinem New Yorker Jazz Club.

Als erfolgreichste Filme aller Zeiten gelten "Ben Hur", "Titanic" und "Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs". Sie erhalten jeweils elf Auszeichnungen. Als Beste Schauspielerin wird Katharine Hepburn insgesamt zwölf Mal nominiert und erhält vier Oscars. Sie ist damit die am häufigsten ausgezeichnete Darstellerin. Und der am häufigsten nominierte Schauspieler ist Jack Nicholson. Er hat bisher zwölf Nominierungen erhalten und drei Oscars gewonnen. Geschichte schreibt auch Michael Moore. 2003 wird sein Film "Bowling for Columbine” als Bester Dokumentarfilm gekürt. Moore nutzt die Gelegenheit und greift in seiner Rede US-Präsident Bush an.

Michael Moore: " Wir leben in einer Zeit, in der falsche Wahlergebnisse zu einem falschen Präsidenten führen. In der wir einen Mann haben, der uns aus falschen Gründen in einen Krieg schickt. Ob es falsche Bilder für die Tränendrüse sind oder gefälschte Alarmsignale, wir sind gegen diesen Krieg, Mr. Bush. Schämen Sie sich, Mr. Bush, schämen Sie sich!"

Seither wird die Oscarverleihung nicht mehr live, sondern 10 Sekunden zeitversetzt übertragen.

In der Kategorie Bester fremdsprachiger Film konnten bisher drei deutsche Filmemacher den Oscar gewinnen. Volker Schlöndorff 1980 für "Die Blechtrommel", Caroline Link 2003 für "Nirgendwo in Afrika" und im letzten Jahr war es Florian Henckel von Donnersmarck, der den Oscar für "Das Leben der anderen" erhielt. Diesmal aber geht kein deutsches Werk ins Oscar-Rennen, denn der Film "Auf der anderen Seite" von Fatih Akin wurde nicht nominiert.

Zwei Filme mit jeweils acht Nominierungen gelten heute Abend als Favoriten: Zum einen der lakonische Western "No Country for Old Men" von den Regie-Brüdern Joel und Ethan Coen. Zum anderen das epische Ölbohrdrama "There Will Be Blood" von Paul Thomas Anderson. In diesem spielt Daniel Day-Lewis einen verhärmten Ölbaron so überzeugend, dass ihn schon vorab viele auch als Besten Schauspieler sehen. Und Cate Blanchett hat große Chancen, den Oscar als Beste Darstellerin für ihre Rolle in dem Bob-Dylan-Film "I am not there" zu erhalten.