Die 5. Suite für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach

Seufzer, Tränen, Kummer, Not

Der Cellist Yo-Yo Ma 2016 in der Berliner Philharmonie
Aller guten Dinge sind drei: Der Cellist Yo-Yo Ma hat Bachs Solo-Suiten zum dritten Mal eingespielt. © imago/Future Image
Gast: Harald Eggebrecht, Musikpublizist; Moderation: Ruth Jarre · 23.09.2018
Die Fünfte Suite für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach ist ein frühes Meisterwerk für dieses Instrument. Erhaben und düster im Charakter und eine Herausforderung, der sich alle großen Cellisten gestellt haben. Jeder auf seine Weise.
Johann Sebastian Bachs sechs Suiten für Violoncello solo, komponiert um 1720 in Köthen, gelten als eines der größten Werke für dieses Instrument – ja, als eine der bedeutendsten Kompositionen für unbegleitetes Streichinstrument überhaupt. Jeder Cellist hat sie im Repertoire, und mancher hat sie nicht nur im Konzert, sondern auch im Studio mehrfach gespielt. So legte etwa Yo-Yo Ma jüngst seine dritte Gesamteinspielung der Bach-Suiten vor.

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Keine Etüden

Das war nicht immer so. Erst 1939 spielte Pablo Casals alle Bach-Suiten erstmals ein, und überhaupt war es der katalanische Cellist, der in diesen Werken Bachs Genius erkannte und sie ihrem Dasein als Etüden, die allenfalls hinter verschlossenen Türen geübt wurden, entriss. Seitdem hat sich die Spieltechnik des Instruments ebenso verändert wie der musikalische Geschmack, zudem hat die immer intensivere Auseinandersetzung mit der historischen Aufführungspraxis einige neue Erkenntnisse – und damit Interpretationen – hervorgebracht.

Viele Stimmungen

Inzwischen unterscheiden sich Aufnahmen schon darin fundamental, auf welcher Höhe das Cello gestimmt wird, und ob im Falle der Fünften Suite die von Bach vorgeschriebene Skordatur berücksichtigt wird. Der Komponist verlangte nämlich, dass die höchste Cello-Saite um einen Ton herabgestimmt werde, was dem Instrument einen deutlich dunkleren Klang und verleiht.

Mehrere Stimmen

Gerade die Interpretation der Fünften Suite profitiert von solchen Überlegungen. Das in tragisches c-Moll gehüllte Werk hat eine düstere Aura und ist zugleich ein Virtuosenstück ganz eigenen Zuschnitts, in dessen französischer Ouvertüre sich das Cello gleichsam mehrstimmig auffächern muss. Dem stehen zwei konsequent einstimmige Sätze gegenüber: Von der abschließenden Gigue abgesehen fällt hier vor allem die Sarabande ins Gewicht, ein dissonanter Klagegesang, in dem Bach seiner Kantaten-Arie "Seufzer, Tränen, Kummer, Not" nachzusinnen scheint.
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