Dicke Bretter bohren

Von Christel Blanke · 17.05.2013
Egal wie man dazu steht: In Deutschland wurde und wird Atomenergie produziert und deshalb ist es auch deutsche Verantwortung, den dabei entstehenden Müll zu entsorgen.
Dass sich Bund und Länder, sowie die Bundestagsfraktionen mit Ausnahme der Linkspartei auf einen Neustart für die Suche nach einem Endlager für den strahlenden Abfall verständigt haben, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Doch die Debatten der vergangenen Tage zeigen, dass noch lange nicht alles in trockenen Tüchern ist. Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen hat mit heftigsten Bauchschmerzen der viel beschworenen weißen Landkarte zugestimmt. Damit ist eine bundesweite Suche gemeint, die den Standort Gorleben einschließt. Im Gegenzug gab es Versprechungen: keine Castorbehälter mehr nach Gorleben, keine Enteignungen, um die Erkundung des Salzstocks weiter möglich zu machen.

Es mag viele geben, die die Aufregung darum nicht verstehen. Aber worum es bei diesem Neustart zuallererst geht ist, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen. Jahrzehntelang ist bei der Endlagersuche getrickst worden. Kriterien wurden erstellt und später angepasst, damit immer wieder der Salzstock Gorleben als geeignet erschien. Die Bevölkerung im Wendland muss erleben, dass die Politik es diesmal ernst meint. Deshalb dürfen nicht noch mehr Castoren ins dortige Zwischenlager, denn dann könnte es schnell mal heißen: Ach, nun sind sie doch schon mal dort, dann können wir sie doch auch dort verbuddeln.

Vertrauen ist aber nicht nur für die Niedersachsen wichtig. Auch in anderen Regionen muss klar sein, dass nicht in kleinen Runden ausgekungelt wird, ob dort ein Standort geeignet wäre oder nicht. Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung sind die obersten Gebote, um Akzeptanz zu schaffen. Dabei sind auch die Politiker landauf, landab gefragt. Es darf nicht sein, dass die Bereitschaft für die ergebnisoffene Endlagersuche oder die Zwischenlagerung von Atommüll immer dort endet, wo der eigene Wahlkreis beginnt.

SPD und Grüne in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein sind bereit, Castoren zwischenzulagern. Verlangen aber, dass ein weiteres Land einen Standort anbietet. Bundesumweltminister Peter Altmaier ist sicher, dass er eines finden wird. Doch dabei muss er harte Bretter bohren. Denn nicht nur eine weitere Landesregierung muss mitmachen. Letztendlich entscheiden die Abfallverursacher, also die Atomkraftwerksbetreiber, über die Frage, wohin mit dem Müll. Und die sind nicht gerade begeistert von der Idee, Zwischenlager für Castorbehälter umzurüsten und auch noch die Kosten für eine neue Endlagersuche zu übernehmen.

Das sind keine leichten Verhandlungen. Aber der Umweltminister ist zum Erfolg verdammt. Bis zur endgültigen Verabschiedung des Gesetzes muss er liefern – wie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagt. Sonst wird es den Neustart im Konsens wohl nicht geben.
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