Deutsche Wissenschaftler sprechen zu schlecht Englisch

20.02.2008
Jeder vierte deutsche Wissenschaftler meidet internationale Konferenzen, und zwar weil er zu schlecht Englisch spricht. So deutlich sagte es der Germanist Ulrich Ammon im Deutschlandradio Kultur. Bei einer Stichprobe von 70 Wissenschaftlern gab zudem jeder Dritte an, gar nicht erst zu publizieren, wenn Englisch die Bedingung sei.
Selbst diejenigen, die von ihrer Profession her mit dem Englischen bestens vertraut sein sollten, meiden englischsprachige Publikationen, so Ammon:

"Ich habe z.B. 20 Anglistik-Professoren angerufen und sie gefragt, ob sie druckfrei fertiges Englisch schreiben können, und alle, außer einem, haben gesagt, sie können es nicht, sie brauchen noch einen Muttersprachler für die Korrektur. Wenn das bei Anglistik-Professoren so aussieht, dann kann man sich vorstellen, wie es bei anderen aussieht."

Allerdings fügte Ammon hinzu, dass die Angelsachsen auch "überzogene Sprachrichtigkeitsvorstellungen" hätten, sie würden ein idiomatisches Englisch verlangen, was von Nicht-Muttersprachlern schwer erreicht werden könne.

Andere nicht-englischsprachige Länder kämpfen mit dem gleichen Problem, so Ammon. Dies sei eine unfaire Situation im wissenschaftlichen Wettbewerb. Doch zugleich betont der Sprachwissenschaftler:

"Eine Alternative zu Englisch gibt es nicht, Englisch wurde durchgesetzt durch die ökonomische Überlegenheit der englischsprachigen Länder, die auch eine wissenschaftliche Überlegenheit mit sich gebracht hat, dass man das Englische nicht durch eine andere Sprache ersetzen kann."

Allerdings wäre eine Möglichkeit, so Ammon, dass man auf internationalen Konferenzen mehr Geld für Übersetzer und Dolmetscher ausgibt. Denkbar wäre dabei, dass angelsächsische Wissenschaftler höhere Gebühren zahlen, da sie einen sprachlichen Vorteil genießen. So könnten die Übersetzungen finanziert werden. Vorstellbar wäre auch, dass man Wissenschaftlern, die von sich aus sagen, dass ihr Englisch zu schwer verständlich sei aufgrund von Ausspracheschwierigkeiten, Stellvertreter für den Vortrag zur Verfügung stellt.

Wichtig sei es zunächst aber, das Problem überhaupt im Bewusstsein der angelsächsischen Wissenschaftskollegen zu verankern. Ein Anfang ist gemacht: Nach einem Vortrag in den USA zum Thema wurde Ammon von einem Vorstandsmitglied der "American Association for the Advancement of Science" gebeten, doch einmal einen Artikel zum Thema in dem renommierten Wissenschaftsmagazin "Science" zu veröffentlichen.

Sie können das vollständige Gespräch mit Ulrich Ammon mindestens bis zum 20.7.2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören. MP3-Audio