Deutsche Sinfonieorchester Berlin

Blechbläser im Rampenlicht

Verschiedene Blech- und Holzblasinstrumente auf der Messe My Music in Friedrichshafen am Bodensee zu sehen. Foto: Patrick Seeger dpa/lsw +++(c) dpa - Report+++
Unter Klassikfans zunehmend beliebt ist die Musik von Blechbläserquintetten. © picture-alliance/ dpa / Patrick Seeger
Claus Fischer im Gespräch mit Olga Hochweis · 03.11.2015
Seit einigen Jahren gewinnen Blechbläserquintette an Popularität, auch beim Deutschen Sinfonieorchester Berlin hat sich eine solche Formation gegründet. Was den Reiz dieser Art von Kammermusik ausmacht, erklärt Musikredakteur Claus Fischer.
Olga Hochweis: Blechbläserquintette gibt es ja einige in Deutschland, oder?
Claus Fischer: Ja, durchaus, zum Beispiel bei den Berliner Philharmonikern oder dem Leipziger Gewandhausorchester. Die Besetzung finde ich sehr reizvoll, in der Regel zwei Trompeten, dann je ein Horn, Posaune und Tuba. Der Brite Philip Jones hat diese Besetzung seit den 1970er-Jahren wieder populär gemacht durch sein Philip Jones Brass Ensemble. Das hat die Blechbläser in den Orchestern hierzulande inspiriert, ähnliche Vereinigungen zu gründen.
Hochweis: Das Blechbläserquintett des Deutschen Sinfonieorchesters Berlin ist dementsprechend auch noch nicht so alt?
Fischer: Nein, im Jahr 2007 hat es sich gegründet. Da gab es den ersten Auftritt in Berlin in den Nordischen Botschaften, sehr romantisch zur Mittsommernacht und das hat auf die fünf Musiker so einen Eindruck gemacht, dass sie in dieser Besetzung weitermachen wollten. Und jetzt macht man in jeder Spielzeit mehrere Konzerte, die inzwischen ein großes Fanpublikum haben. Ich habe Ensemblemitglied Raphael Mentzen gefragt, was denn den Reiz der Besetzung ausmacht...
"Ich bin zweiter Trompeter im Deutschen Sinfonieorchester, und die Anforderungen, die man im Quintett hat, technischer Art, lyrischer Art, melodiöser Art, die sind natürlich viel höher als bei dem, was man als zweiter Trompeter normalerweise im Orchester zu spielen hat. Und deshalb ist das für uns alle, aber besonders für den Tubisten, der in Beethoven-Sinfonien, in Brahms-Sinfonien nicht besetzt ist, eine Herausforderung. Man steht ein bisschen mehr im Rampenlicht, man muss nicht so viele Töne zählen und das macht einfach viel mehr Spaß."
Hochweis: Das Konzert am nächsten Sonntag in Berlin-Neukölln hat den Titel "Maestro". Es bringt Musik von komponierenden Dirigenten. Claus Fischer, gibt es denn da so viele?
Fischer: Mehr als man denkt. Also bis in die 1940er-Jahre war das eigentlich noch üblich an den großen Häusern, Wilhelm Furtwängler zum Beispiel hat komponiert, auch Arturo Toscanini. Dann kam aber mehr und mehr die Spezialisierung, auch durch die immer bessere Ausbildung an den Musikhochschulen. Und heute bekommen die Studierenden dann oft gesagt: lieber ein Ding und das dann richtig machen.
Originalkompositionen für Blechbläserquintette
Hochweis: Schuster, bleib bei deinen Leisten.
Fischer: Genau. Aber manche machen es trotzdem noch mit dem Komponieren. Aber oft erst später, wenn sie als Dirigenten einen Namen haben. Und so hat das Blechbläserquintett des Deutschen Sinfonieorchesters auch sechs namhafte Dirigenten ausgewählt, die Originalkompositionen für Blechbläserquintett geschrieben haben. Einige von ihnen haben sie auch am Pult des DSO selbst erlebt. Zum Beispiel André Previn, der war unter anderem Chef des London Symphony Orchestras oder des Pittsburgh Symphony Orchestras. So vielschichtig seine musikalische Begabung ist, so bewegt war auch sein privates Leben, fünfmal war Andre Prévin verheiratet, unter anderem mit der Schauspielerin Mia Farrow und Anne Sophie Mutter. "Four Outings" für Blechbläserquintett heißt sein Stück und da wird auch die Nähe von André Previn zum Jazz sichtbar.
Hochweis: Ein weiterer dirigierender Komponist ist der Amerikaner Michael Tilson Thomas...
Fischer: Ja, seit zwanzig Jahren ist er Chefdirigent des San Francisco Symphony Orchestra. Das was Philip Jones in England mit seinem Ensemble gemacht hat, Blechbläserkammermusik wieder in das Bewusstsein namhafter Komponisten zu bringen, das versuchte Michael Tilson Thomas in den USA mit dem "Empire Brass Quintet". Außerdem werden in dem Programm Werke von Witold Lutoslawski, Eugene Bozza, Sylvain Cambreling und Leonard Bernstein zu erleben sein. Das hat mir der zweite Trompeter des Blechbläserquintetts des DSO, Raphael Mentzen, verraten.
"Lutoslawski hat die Mini-Ouvertüre der Frau von Philip Jones, Ursula, gewidmet. Eugene Bozza hat sehr viel für Bläser geschrieben, für Holzbläser und Blechbläser. Und da lag es nahe, vielleicht auch mal ein Kammermusikstück zu schreiben. Dann haben wir noch Sylvain Cambreling. Es ist eine der wenigen Kompositionen, die wir von ihm gefunden haben. Er war früher Soloposaunist, ich glaube in Lyon, wenn ich richtig informiert bin, und hat in dieser Zeit das Stück geschrieben, wahrscheinlich selber dann uraufgeführt. Leonard Bernstein war sehr gut befreundet mit dem Solotrompeter vom Empire Brass Quintet und die haben eben dieses Stück wiederum uraufgeführt. Also es waren sehr oft persönliche Beziehungen oder Freundschaften, die dazu geführt haben."