Deutsche Oper

"Liebe macht jung"

Jürgen Liebing · 17.11.2013
In der Deutschen Oper siedelt Regisseur Christof Loy die Falstaff-Oper im Musiker-Altenheim "Casa Verdi" an. Keine neue Idee, aber Loy tappt nicht in die Falle eines übertriebenen Naturalismus und schafft eine witzige Inszenierung.
Ach, wie wäre es schön, wenn man, wie in dieser sehr witzigen und spritzigen Inszenierung sich einfach die überflüssigen Pfunde vom Leibe reißen und damit wieder jung werden könnte. „Liebe macht jung“, wird da gesungen und eben auch schlank.
Christof Loy spielt von vornherein mit dem Spiel. Es beginnt mit einem Pseudo-Dokumentarfilm aus dem Jahr 1902 über die „Casa Verdi“. Dort auch ist dieser „Falstaff“ angesiedelt, denn als Verdi diese Oper komponierte, da beschäftigte er sich gerade mit den Plänen für ein Altersheim für Sängerinnen und Musiker.
Diese Idee ist nicht neu, ist in letzter Zeit des Öfteren bemüht worden, in Dustin Hoffmans Film „Quartett“, bei Kresniks „Verdi“-Stück in der Berliner Volksbühne und beim „Falstaff“ bei den Salzburger Festspielen diesen Sommer. Aber Loy tappt nicht in die Falle eines übertriebenen Naturalismus. Einige Versatzstücke reichen ihm bzw. seinem Bühnenbildner Johannes Lelacker aus. Die drei Wände bestehen aus einem roten Samtvorhang. Eine Tür mit Rahmen reicht aus, um drinnen und draußen voneinander zu trennen. Alles ist Theater im und auf dem Theater.
„Bereiten wir die Bühne vor“, singen die Damen, als sie Falstaff in die Falle locken, dann in den Wäschekorb stecken und als der düpierte Ehemann Ford noch dazukommt, schmeißen sie Falstaff in die Themse, was hier bedeutet auf die Vorbühne. Im dritten Akt dann nach der Pause, liegt Falstaff am Themse-Ufer, und die feine Gesellschaft schaut aus großen Fenstern indigniert nach draußen. Falstaff der Außenseiter. Der Wald, in den Falstaff gelockt wird, ist eine große Tapete, allerdings auf der sind keine Eichen zu sehen, sondern Tannen – übrigens waagerecht. Alles ist aus dem Lot.
"Doch besser fürwahr lacht Keiner
Als wer am Ende lacht.“
Kein routinierter Falstaff
Da wird es mal richtig laut, zumal zu den Solisten noch der Chor dazu kommt, der in den ersten zweieinhalb Akten nichts zu tun hat. Ansonsten hätte es ruhig ab und an mal lauter sein können, aber Donald Runnicles, der nicht nur Wagner-Spezialist ist, sondern auch seinen Verdi kann, dimmte manchmal, selbst im Tutti so weit runter, dass die Lüftung zum Bass-Bordun wurde. Ein Grund für das Herunterdimmen war die Besetzung der Titelpartie. Markus Brück ist leider während der Proben erkrankt, und so musste der junge Noel Bouley einspringen, nicht einmal 30 Jahre alt, denn man wollte ja gerade nicht einen routinierten Falstaff einfliegen lassen. Seine Stimme ist einfach zu jung und zu klein für dieses große Haus. Nicht, dass er nicht eine schöne Stimme hätte, aber sie braucht einfach noch Zeit.
Das war schade und trübte die Freude ein wenig. Man hatte beinahe Mitleid mit dem armen Falstaff nicht wegen seines großen Bauches, auf den er so stolz ist, sondern wegen seiner kleinen Stimme. Toll dagegen die Mrs.Quickly von Dana Beth Miller, ein fulminanter Mezzo. Toll auch der eifersüchtige Ehemann, gesungen von Michael Nagy, und seine Gattin Alice Ford, gesungen und gespielt von Barbara Haveman. Anrührend das junge Liebespaar von Elena Tsallagova und Joel Prieto.
„Die Alten haben ihr Spiel, wir unser eigenes“, singen sie, und da kann man als Älterer durchaus neidisch werden, weil sie so unschuldig sind und singen – noch. Alle Beteiligten hatten ihre Freude am Spiel, und am Ende gab es nicht ein einziges Buh.