Deutsche Geschichte

Preußen und Sachsen

Brandenburg und Sachsen: Die Bürger beider Länder waren sich lange nicht grün.
Brandenburg und Sachsen: Die Bürger beider Länder waren sich lange nicht grün. © dpa / picture alliance / Patrick Pleul
Von Axel Flemming · 02.06.2014
Es ist die erste brandenburgische Landesausstellung und sie trägt das Thema "Preußen und Sachsen. Szenen einer Nachbarschaft". Anzusehen ist sie in Schloss Doberlug, die Schirmherren sind Dietmar Woidke und Stanislaw Tillich, die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen. Sie demonstrieren Einheit - doch das ist zwischen den Ländern nicht immer so gewesen.
Schloss Doberlug im Landkreis Elbe-Elster strahlt wieder, es wird auch "sächsische Perle Brandenburgs" genannt. Diese Perle lag lange Zeit – wie das bei Perlen so vorkommt – verborgen.
Stadtführerin: "Es war auch ganz unscheinbar hinter Mauern versteckt und auch der Durchfahrende hat es nicht wirklich wahrgenommen. Es war halt Armeegelände."
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs hatte die Rote Armee der Sowjetunion das Renaissance-Schloss besetzt, ab 1950 die kasernierte Volkspolizei, ab 1959 das Eisenbahnpionierausbildungsregiment der Nationalen Volksarmee der DDR.
Erst der so genannte "Mauerfall von Doberlug" 1989 lies das Kleinod erneut zum Vorschein kommen, als die Stadt wieder Zugriff auf das Gelände um das Kloster bekam. Die Stadtführerin kommt aus dem Schraderland, nicht weit von Doberlug entfernt.
"Wir haben da so einen schönen Sprach-Mischmasch: ein bisschen was vom Wendischen, ein bisschen Sächsisches, ein bisschen Flämisch ist irgendwann dazugekommen, ein bisschen Osterländchen - ein Wirrwarr. Manchmal schlägt's durch. Ich geb mir Mühe, dass es Hochdeutsch bleibt. Es ist aber in unserer Region so, gerade Elsterwerda, Plessa: durch die Industrialisierung und viele Wanderarbeiter, die ist zu der Zeit auch schon gegeben hat, sind die typischen Sprachen in den Dörfern sehr schnell verloren gegangen."
Über Jahre und Jahrzehnte wurde das Schloss Doberlug saniert, nun wird es die erste Brandenburger Landesausstellung zeigen. 800 Quadratmeter, 16 Räume, es geht um die oft konfliktträchtigen Beziehungen zwischen Preußen und Sachsen, die auch das Gebäude spiegelt: vom sächsischen Residenzschloss zum preußischen Verwaltungsgebäude.
Ein Airbrushmaler sprüht das Porträt von Friedrich II.
Ein Airbrushmaler sprüht das Porträt von Friedrich II.© picture alliance / dpa / Patrick Pleul
Anne-Katrin Ziesak, die Kuratorin: "Die Ausstellung funktioniert nach dem Prinzip Perlenkette. Sie sehen: Es geht ein Raum in den anderen über. Wenn man einmal drin ist, hat man die Laufrichtung ganz automatisch. Hier gibt es einen durch das Gebäude vorgegebenen Ausstellungs-Rundgang. Auf dem zeigen wir diese 'Szenen einer Nachbarschaft.'"
Die Ausstellung zeigt über 300 kostbare Objekte: barocke Kunstschätze, wertvolle Dokumente, Gemälde, aber auch Alltagsgegenstände; aus Russland, England und der Schweiz, natürlich aber auch aus Brandenburg und Sachsen.
Studierende nahmen das Motto wörtlich: "Wo Preußen Sachsen küsst"
"Es sind alles Leihgaben. Es gibt kein Inventar in diesem Schloss. Also Sie dürfen sich nicht vorstellen, man hätte Ihr etwas ausgeräumt, eingelagert was jetzt wieder reinkommt. Dieses Gebäude ist leer. Auch wenn es fertig ist, ist es ein leeres Gebäude."
Studierende der HFF, der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" in Potsdam-Babelsberg nahmen das Motto der Ausstellung 'Wo Preußen Sachsen küsst' wörtlich.
Sie zeigen in einem kurzen Kinospot, wie Sachsen und Preußen militärisch aufeinander treffen, und am Ende küssen sich zwei Soldaten, hoch zu Ross.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke: "Ja, ich bin noch etwas sprachlos. Ich habe den Trailer das erste Mal gesehen, freue mich aber sehr auf die Landesausstellung. Ich bin auch aus vollster Überzeugung Schirmherr, weil diese Landesausstellung Gelegenheit gibt, auf ein Stück Geschichte unseres Landes zurück zu blicken, das gar nicht mehr so im öffentlichen Bewusstsein ist, obwohl es natürlich das damalige Preußen und das heutige Brandenburg schon stark geprägt hat."
Der SPD-Politiker ist sozusagen selbst Betroffener: "Wenn sie sich überlegen: Ich bin in der Nähe der Stadt Forst groß geworden, in einem kleinen Bauerndorf. In Forst liegt in einer Gruft - das hat mich schon immer gewundert, bis ich dann in späteren Jahren dahinter gekommen bin, womit das zusammenhängt – liegt der Herr Graf Brühl, bekanntermaßen der Schatzkanzler von August dem Starken. Das wundert einen dann schon, wenn man sagt: Mensch was macht denn der Brühl in der Forster Stadtkirche?"
Für eine Antwort muss man tief in die Historie einsteigen, 200 Jahre zurück. 1814 beginnt der Wiener Kongress, der Europa neu gliedert. Er beschließt: Die Lausitz wird geteilt, das bedeutet einen heftigen Landesverlust für Sachsen und einen Zugewinn für Preußen, das zwar ursprünglich ganz Sachsen haben wollte, nun aber zusätzlich die Rheinprovinz und Westfalen bekommt, Posen und Danzig, dazu Rügen und Schwedisch-Pommern von den Dänen im Tausch gegen das Herzogtum Lauenburg.
Frank Göse vom Historischen Institut der Universität Potsdam: "Preußen war ja zu dem Zeitpunkt doch schon ein sehr, sehr territorial ausgedehnter Staat gewesen. Dieser Ausdehnungsprozess, der ja seit dem frühen 17. Jahrhundert schon anhielt, über mehrere Etappen und Stationen gelaufen ist, vor allen Dingen auch im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts durch die Dreiteilung Polens noch einmal einen enormen Gebietszuwachs gebracht hat. Also von daher war das eigentlich nur ein weiterer Mosaikstein in einem Gemälde, das sich ja eigentlich schon seit längerem schon gezeigt hat."
So bekam Preußen mit der Oberlausitz ein Territorium, das bis dahin zu seinem wichtigsten Nachbarn gehörte; einem Partner mit dem man bis ein Jahrhundert zuvor durchaus noch auf Augenhöhe gestanden hat.
"Wes Brot ich ess, des Lied ich sing"
"Und wo man sich das 100 Jahre zuvor noch kaum hätte vorstellen können, dass es der preußische König vermocht hätte, Kursachsen um die Hälfte seines Territoriums zu erleichtern."
Göse ist Sprecher vom wissenschaftlichen Beirat der Landesausstellung, genau wie sein sächsischer Kollege Winfried Müller, Direktor des Instituts für Geschichte und Volkskunde in Dresden. Er sagt, dass der Schritt von Sachsen nach Preußen für die meisten Untertanen gar keine große Bedeutung hatte:
"Es war zunächst einmal ein Landeswechsel. Und man hat sich sozusagen unter fremder Herrschaft befunden. Systemwechsel; würde ich jetzt gar nicht so gravierend sehen. Für die Menschen vor Ort hat sich, glaube ich, in der Alltagswelt, in der Arbeitswelt zunächst einmal nicht so wahnsinnig viel geändert. Für manche ist es sicherlich sehr schmerzlich gewesen, wenn man es aus der patriotischen Sicht sieht, dass man den Landesherrn gewechselt hat. Auf der anderen Seite wissen wir, wenn man näher hinschaut, dass es den Menschen in den Bürokratien, in der Arbeitswelt zum Teil erstaunlich leicht gefallen ist, die Loyalitäten zu wechseln und vom sächsischen zum preußischen Untertanen zu werden."

Ein völlig marodes und altes Fachwerkhaus ist neben dem schmucken Schloss Doberlug in Doberlug-Kirchhain (Brandenburg) zu sehen.
Ein völlig marodes und altes Fachwerkhaus ist neben dem schmucken Schloss Doberlug in Doberlug-Kirchhain zu sehen.© picture alliance / dpa / Patrick Pleul
Einige handelten nach dem schlichten Motto: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing:
"Man muss einfach auch so sehen, dass die Karrierechancen für manche im preußischen Dienst durchaus gut gewesen sind. Und das hat man dann auch durchaus bereitwillig ergriffen."
Aber wie objektiv können die beiden Historiker sein? Müller ist seit 15 Jahren in Dresden tätig, er kommt gar nicht in Verdacht, er sei zu Sachsen-affin, die Sprachfärbung verrät ihn deutlich als Bayern. Er fürchtet zwar die Reproduktion von Klischees, aber:
"Wenn ich von meiner Arbeit an der Universität ausgehe, merke ich auch bei den jüngeren Studierenden sehr viel Regional- und Lokal-Stolz. Aber da würde ich vielleicht weniger von sächsischer Identität sprechen, sondern das splittert sich auf: also die Lausitzer, das Vogtland, das Erzgebirge; das heißt also, ich würde eher von einer differenzierten Identität sprechen. Und das kommt einem auch bei Studenten, gerade wenn man sächsische Landesgeschichte lehrt und vermittelt, fällt einem das sehr häufig auf, dass diese lokalen und regionalen Bezüge und die sächsischen Landschaften sehr lebendig sind."
Müllers Kollege Göse stammt dagegen aus Jüterbog, also Preußische Wesensart?
"Ja, das möchte ich für meine Person nicht bestreiten. Aber das hängt natürlich zusammen – ich will das auf keinen Fall verallgemeinern, vielleicht noch auf andere Jüterboger, wie da in dieser Landschaft leben – das hängt bei mir ganz einfach damit zusammen, dass ich mich ja nun schon vorn Kindheit an praktisch mit Geschichte beschäftigt habe. Und dann natürlich vor allem auch eine besondere Affinität gegenüber dem Brandenburg-Preußischen entwickelte. Also von daher wäre das nicht ganz objektiv, wenn ich sagen würde, so wie ich das sehe und fühle, dass es jetzt typisch wäre für diese Landschaft."
Ein merkwürdiger Grenzverlauf
Die erste Landesschau soll etwa 2,6 Millionen Euro kosten, das Land Brandenburg kommt für den allergrößten Teil, für 1,6 Millionen Euro, auf. Der Rest des Geldes soll selbst erwirtschaftet werden, die Ausstellungsmacher erwarten mehr als 300.000 Besucher bis Anfang November in dem Renaissance-Schloss und bei den über 250 Veranstaltungen und Partnerausstellungen unter der Dachmarke "Kulturland Brandenburg". Kurt Winkler, Direktor vom Haus der brandenburgisch-preußischen Geschichte und Geschäftsführer der Landesausstellung:
"Es heißt zwar Landesausstellung. Aber eigentlich ist es eine Ausstellung mit einem Kranz weiterer Ausstellungen. Es wird unter diesem Motto die Region gefeiert und Kultursommer wird ein fünfmonatiges Festival hier vor Ort in Doberlug stattfinden und auch in der Region."
Die Region reicht von Doberlug-Kirchhain bis nach Mühlberg. Fährt man dort über die Elbe, dann ist man in Sachsen – eigentlich - aber so ganz stimmt das nicht:
"Nein das ist Brandenburg, das Stück Land hier."
Und schaut man auf der Karte genau hin, dann sieht man den merkwürdigen Grenzverlauf: ein ganz kleines Stück Land gehört – obwohl linkselbisch – noch zu Brandenburg, es stülpt sich wie ein Sack ins sächsische Gebiet.

"Das ist eine ganz besondere Situation, da haben Sie Recht. Eigenartig, ja."
Aber warum ist das so? Historische Gründe?

"Ja, das war früher so, mein Mann weeß da besser Bescheid."
Hier an der Mündung der Dahle ging früher einmal die Fähre über den Fluss, die gibt es nicht mehr, den Fährmann auch nicht, von 2006 bis 2009 wurde die Brücke gebaut. Die beiden wohnen jetzt im alten Fährhaus und halten den kleinen Garten tipptopp in Ordnung.
Schafe weiden auf dem Deich, eine kleine Brücke überspannt das Flüsschen, es geht zu einem Maisfeld.

"Das sind einige Hektar, nicht bloß Quadratmeter. Das geht bis runter, wo die Brücke anfängt, und dann noch mal die ganze Seite dahinten. Und dann bis kurz vor Seidewitz."
Die Wahrheit liegt in der Mitte, glaubt man dem Lexikon: Es verzeichnet eine etwa 0,5 Quadratkilometer große Gemarkung westlich der Elbe samt einem Teilstück der Bundesstraße 182.

"Ja, wie kommt das? Früher hatten die Bauern, die von drüben, die Göttlitzer, die hatten ihr Land da; und deswegen war das wahrscheinlich so."
Die Sprachfärbung verrät die beiden als Sachsen, aber wie ist es um ihre Identität bestellt, da sie ja auf brandenburgischem Boden wohnen, als was empfinden sie sich?

"Ja, wir sind Sachsen, wir sind keene Preußen."
Deswegen orientieren sie sich auch im alltäglichen Leben mehr Richtung Torgau. Dass jetzt die Landesausstellung Brandenburg sich mit dem Verhältnis von Sachsen und Preußen beschäftigt, finden sie nicht so wichtig:

"Keine Ahnung. Ob wir nu da rüber oder da rüber gehört, das spielt eigentlich keine Rolle."
"Die kommen hier einkaufen, wir fahren rüber einkaufen. Wir wohnen ja auch nicht immer hier, wir sind ja auch hierher gezogen."
"68, 1968 sind wir hergezogen. Da war noch hier die Fähre. Da war das alles komplizierter. Man ist ja da gar nicht rüber gekommen. Die fuhr schon immer – von Früh Fünfe bis abends Achte."
Ein Funkmast für Westfernsehen im Garten
Sie fühlen sich ein bisschen vergessen, auf der anderen Seite der Elbe wurde der Deich saniert, bei ihnen stand das letzte Hochwasser 30 Zentimeter im Keller. Der Öltank steht deshalb vorsichtshalber ebenerdig im Garten, daneben ein Funkmast:
"Ja, da war früher, damit wir ein bisschen Westfernsehen gucken konnten, da habe ich extra so einen Mast aufgestellt."
"Da gab's keinen Besuch von der Firma Horch & Guck?"
"Die sind schon hier rumgeschlichen, aber die haben uns eigentlich zufrieden gelassen. Wir haben immer gesagt: 'die Elbe ist die Grenze', da hat sich doch keiner drum geschert: Sachsen oder Brandenburg..."
Das war nicht immer so, auch die Geschichtsschreibung hat da eine Wandlung durchgemacht.
Winfried Müller vom Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde.
"Die Sicht des 19. Jahrhunderts hat doch sehr lange nachgewirkt, auch in die Geschichtsschreibung des späten 20. Jahrhunderts: Auf der einen Seite eben die preußische Meister-Erzählung, dass ausgehend von den Befreiungskriegen sozusagen die Geschichte zwangsläufig so verlaufen musste als preußische Erfolgsgeschichte."
Aus ehemaligen Sachsen wurden sogenannte "Muss-Preußen", es galt die Devise, wer nicht für uns ist, ist gegen uns:
"Der Vorwurf an Sachsen, auf der falschen Seite gestanden zu haben und sich mit Frankreich verbündet zu haben und Verrat an Preußen oder der deutschen Sache zu haben - das sieht man heute dann doch entschieden differenziert. Man weiß eben auch aufgrund neuer Quellenstudien, wie gering die Handlungsspielräume der Sachsen eigentlich gewesen sind. Frankreich, Napoleon standen im Land, man hatte eigentlich kaum Handlungsoptionen. Und diese Dinge werden nun doch deutlich differenzierter gesehen."
Sein preußischer - Pardon - brandenburgischer Kollege Frank Göse von der Uni Potsdam sekundiert:
"Man hat eben damals im 19. Jahrhundert Geschichtsschreibung nicht, wie es eigentlich im Vorsatz heißt 'Sine Ira et Studio' betrieben, sondern es war doch sehr parteilich..."
Und das ist nun weder preußisch, noch brandenburgisch oder sächsisch, sondern Latein: sine ira et studio heißt schlicht und einfach: ohne Zorn und Eifer; so sollte Geschichte geschrieben werden. Sollte...
"Und sie wurde geschrieben aus Sicht der Sieger also das heißt des kleinen Deutschen Weges der Reichseinigung. Und da waren natürlich Sachsen und auch viele andere der kleineren Reichsterritorien, die waren da entweder als zögerlich, manchmal als Hemmnisse dort dargestellt worden. Und von daher hatten die natürlich in dieser offiziösen preußischen Geschichtsschreibung, der borussischen Historiographie denkbar schlechte Karten."
Heute ist das aus vielerlei Gründen anders:
"Zum einen ist die Suggestionskraft dieser borussischen Geschichtsschreibung schon lange nicht mehr da, dazu kommen natürlich auch diese enorme Mobilitätsprozesse, die in allen deutschen Landschaften stattgefunden haben. Es ist ja im Zusammenhang der gezielten Zuwanderung, die es im letzten Jahrhundert gegeben hat, natürlich ein traditionell verwurzelter Patriotismus, wie er etwa bei kleinen Gesellschaften vorhanden war, wo der große Teil über Generationen an diesem Ort oder in diesem Kreis gelebt hat, heute gar nicht mehr so denkbar. Das gibt es natürlich immer noch, will ich gar nicht bestreiten, aber es hat bei weitem nicht mehr den Stellenwert, wie vielleicht noch im 19. Jahrhundert."
Nicklichkeiten und Rivalitäten
Also noch einmal zurück zum Schloss Doberlug. Das Wort Doberlug deutet auf wendischen Ursprung und bedeutet so viel wie gute Wiese, gute Aue. Möglich ist aber auch ganz prosaisch: der Ort am Dober, weil der Fluss hier: die 'kleine Elster' auch mal Dober genannt wurde.
Kuratorin Anne-Katrin Ziesak will sich in der Ausstellung nicht nur auf die Zeit um den Wiener Kongress beschränken, sondern auch auf die Vorgeschichte im 17. Jahrhundert eingehen. Sie sagt: Brandenburg-Preußen und Sachsen waren damals sowohl Partner als auch Rivalen:
"Beides Kurfürstentümer, die mehr werden wollen. Die zusammenarbeiten auf Reichsebene, die aber natürlich auch ihre Nicklichkeiten und Rivalitäten austragen miteinander. Nicklichkeiten: Zollprobleme zum Beispiel, dass man gegenseitig versucht sich das Wasser abzugraben. Man kennt immer die Allianz-Gemälde, wo sie sich freundlich die Hand reichen, sich für die Ewigkeit in Öl auf Leinwand bannen lassen mit ihrer Freundschaft und ihrer Partnerschaft. Aber selbstverständlich standen da auch knallharte Interessen dahinter. Und vermutlich hat der eine dem anderen auf den Fuß getreten, während man sich die Hand gereicht hat."
Der Aufstieg gelingt übrigens beiden: der Sachse August II. wird 1697 König von Polen, der Preuße Friedrich III. krönt sich 1701 in Königsberg zum ersten König in Preußen. Rivalität und Partnerschaft, das prägt auch heute noch ein bisschen das Verhältnis von Sachsen und Brandenburg als Bundesländer.
Immerhin: Ministerpräsident Dietmar Woidke hat zusammen mit seinem sächsischen Kollegen Stanislaw Tillich die Schirmherrschaft der Schau übernommen, um die Identität der in der Region lebenden Menschen zu stärken. Das ist auch ein Aspekt, der für den Ausstellungsgeschäftsführer Kurt Winkler wichtig ist:
"Es geht auch darum zu überlegen, wie kann man durch so eine Sache wie eine Landesausstellung auch einfach die Infrastruktur stärken. Und auch eigentlich Impulse geben in der Gegend, die ja insgesamt wirtschaftlich einfach nicht besonders gut aufgestellt ist: Jugendarbeitslosigkeit, demografische Probleme oder so etwas. Und deswegen war's natürlich schon auch ein bewusster Impuls zu sagen: man geht jetzt nicht in so einen Ort, der touristisch absolut schon auf der Landkarte ist, sondern man entdeckt eigentlich eine Region, die sich wandelt, die auch insgesamt mit solchen Fragen wie Industriefolgelandschaften und Braunkohlentagebau auch zu kämpfen hat. Man entdeckt die regionale Geschichte wieder als Quell für Identität und als einen Impuls, diese Region auch von außen entdecken zu lassen. Aber die Region entdeckt sich auch selbst ein Stück weit."
Die Stadtführerin von der Touristinformation Doberlug freut sich darauf einerseits, fürchtet sich andererseits:
"Wir werden mit Gästezahlen zu tun bekommen, die hat das Elbe-Elster-Land einfach noch nicht gehabt. Und es arbeiten alle ganz aktivisch daran, dass alles funktioniert. Und wenn der Gast fährt und sagt, es hat funktioniert, dann wissen wir, dass wir Touristiker wieder improvisieren konnten."

Für alle, die sich gerne ein Bild von beiden Seiten machen wollen: Die sächsische Sicht auf das Verhältnis können Sie hier nachlesen und hier nachhören .