Sendungsüberblick

Blind für Populismus: Wenn Maschinen Wahlprogramme lesen

55:10 Minuten
23.09.2017
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In der letzten Sendung vor der Bundestagswahl 2017 wollen wir es uns nicht entgehen lassen, noch ein paar Hintergründe auszuleuchten: die Grenzen des maschinellen Lernens bei der Politik-Analyse und die Möglichkeiten offener Wahlsoftware.
In der letzten Sendung vor der Bundestagswahl 2017 wollen wir es uns nicht entgehen lassen, noch ein paar Hintergründe auszuleuchten: die Grenzen des maschinellen Lernens bei der Politik-Analyse und die Möglichkeiten offener Wahlsoftware.
Auf links und rechts programmiert
[Audio: Grenzen der maschinellen Politik- und Parteianalyse , mp3, 08:39 Min.]
Die Kollegen vom Bayerischen Rundfunk haben ein Experiment gewagt: Um die Standpunkte der Parteien zu vergleichen, ließen sie einen lernenden Algorithmus auf die Wahlprogramme los. Etwas Ähnliches machte ein Team der Datenanalyse-Agentur idalab. Die Ergebnisse waren besonders in Bezug auf die AfD überraschend. Beispielsweise erkannte die Software des BR-Teams nicht, dass die AfD das Wort »Integration« in einen negativen Kontext setzt und ordnete die Partei in diesem Politikfeld fälschlicherweise als links ein.
Seit 1979 versuchen Wissenschaftler mit dem «Manifesto Project» anhand politischer Texte, die Einstellungen von Parteien herauszufinden. Nach einem bestimmten Schema werden dabei Aussagen als eher links oder rechts eingeordnet. Was früher noch »per Hand« erfolgte, wird heute von komplett eigenständigen Algorithmen erledigt. Die Programme lesen, sortieren und lernen dabei sogar weiter.
Doch kann ein Algorithmus so komplexe Texte wie Wahlprogramme überhaupt auswerten? Über Möglichkeiten und Grenzen des maschinellen Lernens bei der Analyse von politischen Texten sprechen wir mit der Sozialforscherin Pola Lehmann vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.
PC-Wahl: erneuter Hack und CCC-Update
[Audio: Das "PC Wahl"-Debakel und der Ruf nach offenen Standards für öffentliche Daten , mp3, 13:45 Min.]
Peinlich wäre ein Begriff, den man hier durchaus verwenden kann: Die Software PC-Wahl, die zur Bundestagswahl in einigen Teilen Deutschlands beim Zusammenzählen der Stimmen eingesetzt werden soll, ist unsicher. Und das, obwohl der Chaos Computer Club (CCC) bereits vor zwei Wochen eine Analyse der Sicherheitslücken vorgelegt hat.
Der Hersteller von PC-Wahl hat offenbar nicht die Kenntnisse, die Probleme zu lösen. Denn der Sicherheits-Patch kommt jetzt ebenfalls vom CCC. Jan Rähm fasst das Ganze noch einmal zusammen.
Offene Software für öffentliche Daten und Gelder
Das Debakel um die Software PC-Wahl wirft Fragen auf: Sollte von öffentlicher Hand bezahlte Software auch öffentlich einsehbar und überprüfbar sein? Könnten so in Zukunft Sicherheitslücken vermieden oder zumindest schneller entdeckt werden?
Das fordern 31 Organisationen mit ihrer Aktion »Public Money? Public Code«: Mit Steuergeldern finanzierte Programme sollen künftig als freie Software beziehungsweise Open Source veröffentlicht werden. Wir sprechen darüber mit dem Präsidenten der Free Software Foundation Europe (FSFE) Matthias Kirschner.
Umstrittener Kopierschutz als Standard abgesegnet
[Audio: Der neue Kopierschutzstandard EME und die Kritik der Bürgerrechtsorganisationen , mp3, 08:30 Min.]
Streaming von Filmen, Serien und Musik ist inzwischen so normal geworden wie das Frühstücksei. Dass wir rechtlich-geschütztes Material kurzzeitig als Kopie auf unsere Geräte holen dürfen, verdanken wir digitalen Rechtemanagement-Systemen (DRM) wie Microsoft Silverlight.
Vorige Woche wurde vom World Wide Web Consortium nun ein plattformübergreifender Standard abgesegnet, die Encrypted Media Extension (EME). Gegen diese feste Implementierung eines Kopierschutzes in alle Browser gibt es allerdings Widerstand. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hat protestiert und ist nach der Verabschiedung demonstrativ aus dem Gremium ausgetreten. Der Autor Cory Doctorow warnt seit langem davor und veröffentlichte einen offenen Brief an die Direktoren.
Es ist ein kompliziertes und sehr technisches Thema, das aber direkten Einfluss auf alle Menschen hat, die einen Browser nutzen. Von dem Journalisten Peter Welchering lassen wir uns erklären, was EME genau tut und welche Gefahren die Kritiker sehen.
Deutsches Internet-Institut eröffnet, Studie zu Piraterie und Transparenz bei Facebook
[Audio: Die Medien und Meinungen vom 23.09.2017 , mp3, 06:42 Min.]
Die Meldungen dieser Woche hat Vera Linß dabei: Am Donnerstag wurde das Deutsche Internet-Institut eröffnet. Was sind die Aufgaben dieses Instituts und kann es die Digitalisierung in Deutschland beschleunigen? Wir haben darüber mit Jeanette Hofmann aus dem Konsortium des Internet-Instituts gesprochen.
Das gesamte Interview mit Jeanette Hofmann:
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EU-Kommission hielt Studie zu Piratie zurück
Der Konsum von illegal kopierten Inhalten hat kaum Wirkung auf den Erwerb der Inhalte, stellt eine Studie (PDF) fest. Diese wurde 2013 ausgeschrieben und untersuchte, ob Produktpiraterie zu wirtschaftlichen Einbußen führt, weil dadurch weniger Produkte gekauft werden. 2015 war die Studie fertig, aber erst jetzt gelangte sie an die Öffentlichkeit.
Mehr Transparenz bei Facebook
Pünktlich zur Bundestagswahl hat Mark Zuckerberg mehr Transparenz bei digitaler Wahlwerbung angekündigt und versprach das soziale Netzwerk besser vor Manipulationsversuchen zu schützen.
Das Team
Moderation: Katja Bigalke
Redaktion: Jochen Dreier und Jana Wuttke
Netzmusik: Teresa Sickert
Webredaktion: Nora Gohlke
Foto: Two directions sign von Pablo Garcia Saldaña auf Unsplash